Zum Inhalt oder zum Footer

Vom Umgang mit Komplexität: Sozialinfo auf dem Weg zur agilen Dienstleistungsorganisation

07.07.2022 - 5 Min. Lesezeit

Andere
Portrait von Thomas Brunner

Thomas Brunner

Geschäftsführung

Sozialinfo macht sich auf den Weg, Dienstleistungen und Angebote noch besser auf den Bedarf der Organisationen des Sozialbereichs abzustimmen – und gleichzeitig durch Komplexitätsreduktion Ihre und unsere Ressourcen zu schonen. Thomas Brunner, Geschäftsleiter seit Dezember 2020, gibt einen Einblick.

Erfolg in komplexem Umfeld

Bereits sind 16 spannende, herausfordernde und erfolgreiche Monate vergangen, seit ich die Geschäftsführung von Sozialinfo übernommen habe. Herausfordernd waren sie vor allem durch den hohen Komplexitätsgrad der Aufgaben, denen ich mich gemeinsam mit dem Team zu stellen hatte und weiterhin zu stellen habe.

Da ist einerseits die Breite an internen Fachthemen, die wir unter unserem Dach vereinen. Diese reicht von Sozialer Arbeit über Webentwicklung, Marketing und Kommunikation bis hin zu IT-Expertise und Datenmanagement. Gleichzeitig beschäftigt uns die Diversität von Entwicklungsthemen im Sozialbereich, die sich von der Digitalisierung der Gesellschaft über neue Finanzierungsmodelle und Fachkräftemangel bis hin zur Bewältigung globaler Krisen erstreckt.

Wie sind wir als Organisation mit dieser Komplexität umgegangen? Und wie wollen wir unsere Zukunft erfolgreich gestalten? Mit den Begriffen Strategie, Agilität und Komplexitätsreduktion nähern wir uns den Antworten auf diese Fragen.

Meine Erfahrungen der vergangenen Monate sind wohl weder exemplarisch noch weltbewegend. Sie sind aber so wertvoll, dass ich sie gerne mit Ihnen teile – und Sie damit im besten Fall ein klein wenig inspiriere.

Strategie als Leitlinie

Die Arbeit der letzten 16 Monate war stark von der Operationalisierung der Strategie 2021-2024 geprägt. Dazu haben wir uns als Team vertieft mit den formulierten Zielen auseinandergesetzt und die verwendeten Begriffe mit Bedeutung gefüllt.

Hilfreich war zudem der vom Vereinsvorstand initiierte «Kompass 2021-2024», der die Strategie in Form eines Posters greifbar und nutzbar macht. Er gibt Orientierung im Arbeitsalltag und hilft uns, die richtigen Entscheidungen zu treffen. 

Sozialinfo-Kompass

Diversifizierung vs. Fokussierung

Konkret sieht die Strategie auf der einen Seite eine Diversifizierung vor: Sozialinfo entwickelt sich zum relevanten Kompetenzzentrum für den Sozialbereich, das mit seinen Produkten und Dienstleistungen die gesamte Breite des Bereichs erreicht. Andererseits strebt die strategische Ausrichtung nach Fokus: Ziel ist ein justiertes Produktportfolio, mit dem sich Sozialinfo erkennbar definiert und positioniert und mit dem wir den Kundenbedarf bestmöglich befriedigen.

« Im Spannungsfeld zwischen Diversifizierung und Fokussierung liegt für Sozialinfo grosses Entwicklungspotenzial. »

Portrait von Thomas Brunner

Thomas Brunner

In der Umsetzung bedeutet dies, dass wir unsere Tätigkeiten zwar auf die Kompetenzfelder «Arbeitsmarkt», «Digitalisierung» und «Rechtsberatung» fokussieren, innerhalb dieser drei Kompetenzfelder aber nicht nur punktuell, sondern umfassend aktiv sein wollen.

Nebst den Produkten und Dienstleistungen innerhalb unserer drei Fokusthemen bieten wir dem Sozialbereich im Sinne unseres Vereinszwecks weiterhin aufbereitete Fachinformationen an. Auch hier wollen wir primär befähigen. Wir nehmen Themen auf, die den Sozialbereich beschäftigen und schaffen in unserer Redaktion Mehrwert: unsere Artikel geben Antwort auf aktuelle Fragen, machen soziale Innovation sichtbar und liefern Inputs für die fachliche Weiterentwicklung. Damit rücken wir näher an die Praxis der Sozialen Arbeit und leisten «aus dem Sozialbereich – für den Sozialbereich» einen effektiven Beitrag zur zukünftigen Ausgestaltung der Sozialen Arbeit in der Schweiz.

Am Beispiel Digitalisierung erklärt

Wir investieren viel in die Erarbeitung und die Publikation von Fachwissen zur Digitalisierung von organisationalen und interaktionalen Prozessen im Sozialbereich. Zusätzlich bieten wir individuelle Dienstleistungen wie die Begleitung von Digitalisierungsprojekten in Organisationen des Sozialbereichs oder die Erarbeitung und Durchführung von Workshops an. Zum Beispiel den SKOS-Einführungskurs «Digitalisierung im Kontext der öffentlichen Sozialhilfe». Mit dieser Neupositionierung, welche sinngemäss in allen drei Kompetenzfeldern umgesetzt wird, wollen wir uns zum aktiven Partner im organisationalen Alltag weiterentwickeln.

Agilität: den organisationalen Change gestalten

Eine Neupositionierung löst gleichzeitig auch einen Entwicklungsschub innerhalb der Organisation aus. Wir befassen uns aktuell vertieft mit Modellen selbstorganisierter Teams und mit agilen Methoden. Sind Organisationen in einem zunehmend komplexen Umfeld tätig, benötigen sie ein bestimmtes Mass an Agilität, um schnell und effektiv Antworten auf die sich verändernden Herausforderungen zu finden. Ein Ansatz für Selbstorganisation ist, die Verantwortung dorthin zu delegieren, wo die Wirkung erbracht wird. Das heisst nicht, dass bewährte Organisationsstrukturen ausgedient haben. Es heisst, dass diese weiterentwickelt werden können und sollen. Nehmen wir zum Beispiel das bewährte AKV-Prinzip: Selbstverantwortung heisst nicht, dass eine klare Definition von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten überflüssig geworden ist. Im Gegenteil - in Organisationen mit hohem Selbstverantwortungsgrad ist diese Klärung elementar. Nur sind die AKV in solchen Organisationen nicht statisch, sondern werden je nach Aufgabe und aktueller Herausforderung immer wieder überprüft und neu verhandelt. Ziel davon ist, das Potenzial von Menschen und Organisationen möglichst umfassend freizusetzen. Auf dem Weg dorthin erscheint mir vor allem eine Aufgabe zentral: Die Auseinandersetzung mit dem viel zitierten «why?», also mit dem Grund dafür, dass es uns als Organisation und mich als Teil dieser Organisation gibt.

Nicht nur wir beschäftigen uns mit innovativen Formen der Zusammenarbeit. In der Hoffnung, dass wir durch einen Austausch zum Thema gegenseitig profitieren, stellen wir unsere eigenen Erfahrungen in Form von Erfahrungsberichten zur Verfügung. Und: Wir widmen den diesjährigen «Prix Sozialinfo» dem Thema «innovative Zusammenarbeitsmodelle». Wir sind gespannt, was wir voneinander lernen werden!

Komplexitätsreduktion als Entschlackungskur

Die bisherige Struktur der Produkte und Dienstleistungen von Sozialinfo ist komplex. Aktuell kennen wir sieben Formen von Mitgliedschaften und bieten – als Beispiel – sieben verschiedene Publikationsarten für Stelleninserate an. Eine Achte, in Form von kostenlosen oder vergünstigten Inseraten für Hilfe in Krisen, kam als direkte Unterstützung der stark geforderten Organisationen hinzu. Wir haben mit diesem Angebot rasch und mit hoher Agilität auf eine neue Situation reagiert – und haben die Komplexität dadurch weiter erhöht.

Dass dieses Modell bei Kund*innen – für das Verstehen und Auswählen von Möglichkeiten – und bei uns intern – zur Kommunikation und Administration der Variantenvielfalt – einen hohen Aufwand auslöst, ist offensichtlich. Zudem ist die Variantenvielfalt ein Stolperstein für die immer stärker nachgefragte technische Anbindung unserer Plattform an IT-Lösungen unserer Endkunden. Ein weiterer Komplexitätstreiber ist die verschachtelte Berechtigungsstruktur innerhalb unserer Angebote. Stichwort: Rechtsberatung nur für Mitglieder.

Hier bietet sich die Möglichkeit, konsequent zu vereinfachen und damit Ressourcen freizumachen oder zumindest zu schonen.  

Wir haben im dritten und vierten Quartal 2021 unser Geschäftsmodell und unser Portfolio eingehend überprüft und Massnahmen erarbeitet, die eine schlanke und konsistente Struktur schaffen sollen. Das Ergebnis dieser Arbeit haben wir am 11.05.22 den Mitgliederorganisationen vorgestellt. Zu unserer grossen Freude hat die Mitgliederversammlung alle entsprechenden Anträge bewilligt.

Schrittweise Umstellung

Wir haben kleinere und grössere Schritte vor uns. Ein grosser Schritt wird die Bereinigung der Mitgliedschaftsstrukturen per 01.01.2023 sein. Anstelle der nach Organisationsgrösse abgestuften Mitgliedschaften bieten wir ab 2023 eine einheitliche Mitgliedschaft an. Mit einem attraktiven Mix an Mitgliedervorteilen werten wir die Mitgliedschaft im Verein sozialinfo.ch auf und bauen gleichzeitig den administrativen Aufwand ab. Damit schaffen wir eine Win-Win-Situation. Demgegenüber mag unser internes Projekt, den Prozess der Rechnungsstellung papierlos zu gestalten, als klein erscheinen. Aber auch hier besteht viel Potenzial für Effizienzsteigerung. Einen wiederum eher grossen Schritt stellt die Öffnung der Rechtsberatung für Nichtmitglieder (per 01.01.2023) dar. Damit stellen wir sicher, dass der gesamte Sozialbereich von dieser Dienstleistung profitieren kann und wir alle ein möglichst grosses Synergiepotenzial erzeugen. Wir werden ein Modell anbieten, in welchem die Beratungen nicht mehr pauschal via Mitgliedschaft finanziert, sondern von den Ratsuchenden pro Fall eingekauft werden können. Gleichbleiben wird, dass Mitglieder in der Rechtsberatung, aber auch im Stellenmarkt und in der Begleitung von Digitalisierungsprojekten von Rabatten profitieren. 

Starten wollen wir die Umsetzung mit einem eher kleinen Schritt: Wir werden im Stellenmarkt zukünftig nur noch zwei Inseratentypen anbieten. «Classic», die weitaus beliebteste Publikationsart, wird unverändert weitergeführt. Neu bieten wir die Publikationsart «Top» an, welche die Vorteile der bisherigen Inseratentypen «Plus» und «Social» in sich vereint. Mit der Publikationsart «Top» wird Ihr Inserat also fünf Tage nach dem Aufschalten nochmals aktuell publiziert und zusätzlich auf Facebook gepostet und sichtbar gemacht. Unsere Analysen zeigen, dass dies momentan der effektivste Weg ist, um die Zielgruppe zu erreichen. Eingestellt wird dafür die Verbreitung von Stelleninseraten via Newsletter und Twitter, da diese Kanäle nach Auswertung unserer Daten Ihnen als Inserierende nur einen geringen Mehrwert bieten.

Wir machen uns auf den Weg, unsere Dienstleistungen und Angebote noch besser auf den Bedarf der Organisationen des Sozialbereichs abzustimmen – und gleichzeitig durch Komplexitätsreduktion Ihre und unsere Ressourcen zu schonen. Unterwegs sind wir auf Sie angewiesen: Zögern Sie bitte nicht, uns Ihre Rückmeldung zu den Neuerungen zu geben. Wir werden Ihre Impulse gerne einbeziehen.

Autor*in

Portrait von Thomas Brunner

Thomas Brunner

er/ihm

Geschäftsführung

Sozialinfo

Ausbildung

Sozialpädagoge HFS, MAS Sozialmanagement, CAS Organisationsentwicklung

Leitsatz

Im Grunde sind es immer die Verbindungen mit Menschen, die dem Leben seinen Wert geben. (Wilhelm v. Humboldt)

Portrait von Susanna Szelyes

Susanna Szelyes

Neben unseren alltäglichen Aufgaben haben wir uns bei sozialinfo.ch die letzten Monate stark mit Strategie, Positionierung und Produktpalette auseinandergesetzt. Wir starten die schrittweise Umsetzung erster Resultate aus diesem Prozess in Kürze und zwar mit der Komplexitätsreduktion bei Stelleninseraten. Aus den aktuell sieben vorhandenen Publikationsarten werden wir nur noch zwei anbieten. Im Fokus steht ganz klar unser Motto: aus dem Sozialbereich für den Sozialbereich. So verbleiben nur noch die Publikationsarten, die Ihnen als Stelleninserierende am meisten Mehrwert bieten. Das Angebot «Classic» verändern wir nicht. Neu vereinen wir jedoch die bisherigen Angebote «Plus» und «Social» in die Publikationsart «Top». Mit diesem Schritt vereinfachen wir den Publikationsprozess und erleichtern die Auswahl für Stelleninserierende.

Welche zusätzlichen Veränderungen auf Mitglieder, Interessierte und Mitarbeitende zukommen werden, und wie sozialinfo.ch mit den Themen Selbstorganisation und Agilität umgeht, erläutert Thomas Brunner im aktuellen Dossier.