Diskriminierende und beleidigende Kommentare in Online-Plattformen gehören immer mehr zur Tagesordnung. Sollen wir das einfach akzeptieren?
Gehässige und ausfällige Kommentare in sozialen Medien und in Onlineforen nehmen stetig zu. Besonders betroffen sind Frauen und Jugendliche, aber auch Personen, die in der Öffentlichkeit stehen. Diese sind zunehmend mit strafrechtlich relevanten Drohungen und Beschimpfungen konfrontiert.
Wir haben zu verschiedenen Aspekten des Themas Beiträge zusammengetragen, unter anderem auch zu Ansätzen in der Sozialen Arbeit.
Was tun Hasskommentare mit uns?
Warum wirken Online-Plattformen enthemmend? Was tun diskriminierende Kommentare mit der schweigenden Mehrheit? Und was ist das Gefährliche an solchen Kommentaren?
Initiativen gegen Hate Speech - Counter Speech
Wütende und herabwürdigende Kommentare zu ignorieren, scheint kein wirksames Mittel zu sein, um Täter und Täterinnen im Netz zu stoppen. Bewährt hat sich hingegen, sich im Sinne von Counter Speech gezielt gegen Beschimpfungen zu wehren, indem man sich mit den Opfern solidarisiert oder Beschimpfende auf Anstandsregeln hinweist. Bei strafrechtlich relevanten Kommentaren sollte eine Anzeige in Betracht gezogen werden.
Im Projekt „Stop Hate Speech“ von alliance F mischen sich Freiwillige in Online-Debatten ein. Das Projekt hat einen Algorithmus entwickelt, der Hasskommentare im Netz aufspüren soll. Freiwillige engagieren sich und helfen mit, den Algorithmus weiter zu entwickeln.
Eine weitere zivilgesellschaftliche Gruppe rund um die ehemalige Zürcher Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin bietet Beratung für Betroffene an und engagiert sich unter dem Namen #NetzCourage.
Grenzen der Meinungsäusserungsfreiheit
Der Verein Humanrights hat in einem Dossier zusammengetragen, wie Hate Speech aus rechtlicher Sicht beurteilt werden muss. Das heutige Recht ermöglicht es, gegen Beschimpfungen vorzugehen. Um Hate Speech jedoch konsequent eindämmen zu können, müssten noch einige Gesetzeslücken geschlossen werden.
Weiter hat die Stadt Zürich eine Online-Polizei eingerichtet, die sich in Diskussionen auf Online-Foren einmischt und präventiv tätig ist.
Digitaler Faschismus
Radikale politische Positionen, Propaganda und Populismus gedeihen in sozialen Medien besonders gut. Weshalb dies so ist, welche Strategien extremistische Gruppen verfolgen und welche Phänomene sie sich zu Nutze machen, hat die deutsche Studie „Digital Fascism: Challenges for the Open Society in Times of Social Media“ untersucht.
Interessant ist auch das Interview mit Julia Ebner, die undercover unter Rechtsradikalen und Islamisten recherchiert hat oder das Interview mit Extremismusforscher Jakob Guhl.
Aufsuchende Sozialarbeit online
Längst ist das Thema auch in der Sozialen Arbeit angekommen. Aufsuchende Sozialarbeit will dorthin gehen, wo sich ihre Klient*innen aufhalten, also auch in den virtuellen Raum. In Deutschland gibt es ein Projekt, das unter anderem als 'Online-Streetwork' tätig ist.
- Amadeu Antonio Stiftung: Digital Streetwork
- Sozialmagazin 7-8/2017: Hate Speech im Internet. Von der Straße ins Netz und wieder zurück
Autor*in

Regine Strub
Fachredaktion Sozialinfo
E-Mail: geschaeftsstelle@sozialinfo.ch

Regine Strub
Je populärer jemand ist, desto mehr wird er oder sie in Online-Foren beschimpft und bedroht. Jüngstes Beispiel ist etwa Greta Thunberg, die nach ihrer emotionalen Rede vor den Vereinten Nationen von ihren Kritikern mit drastischen Hasskommentaren und Drohungen überhäuft wurde.
Wer Online-Kommentare schreibt, kann die nonverbalen Reaktionen seines Gegenübers nicht sehen. Das führt dazu, dass das Gefühl Empathie ausgeschaltet wird, ist eine Erklärung dafür. Und weil eine schweigende Mehrheit von Leser*innen nicht reagiert, fühlen sich Verfasser*innen von Hasskommentaren in ihrem Tun bestätigt.
Um dagegen anzugehen, sind Politik, Justiz und Social Media-Unternehmen gefordert. Aber auch die einzelnen Nutzerinnen können etwas tun, indem sie sich mit Gemobbten solidarisieren, zu Anstand und Respekt aufrufen und Grenzüberschreitungen melden.