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Evaluation der digitalen Entwicklungen angezeigt

07.04.2022 - 17 Min. Lesezeit

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Portrait von Christine Mühlebach

Christine Mühlebach

Produktmanagement Digitalisierung

Die Covid19-Pandemie hat manche Digitalisierungsschritte in der Sozialen Arbeit beschleunigt. Diese erzwungene Entwicklung war zwar nicht ideal, hat aber trotzdem wichtige Erfahrungen ermöglicht. Diese gilt es jetzt zu evaluieren, um die Praxis weiterzuentwickeln.

Zeitpunkt für einen reflexiven Zwischenhalt

Die Bedingungen, unter denen anfangs 2020 die Digitalisierungsschritte vollzogen wurden, waren alles andere als optimal. Aufgrund des Handlungsdrucks wurden in der Krisensituation in hohem Tempo «Notlösungen» gesucht, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Am deutlichsten zeigte sich dies bei der umgehenden Umstellung auf Video-Kommunikation sowohl für die Interaktion mit den Adressat*innen, als auch in der betrieblichen Zusammenarbeit. Für vertiefte Abklärungen, beispielsweise über die verwendeten Tools, blieb kaum Zeit. Es ist also durchaus angezeigt, nun einen Zwischenhalt einzulegen und den Blick darauf zu richten, ob dadurch Risiken oder Mängel entstanden sind, mit welchen man sich nun nachträglich auseinandersetzen muss.

Dabei stellen sich folgende Fragen: Entsprechen die eingesetzten Tools tatsächlich den Anforderungen – auch mit Blick auf die Adressat*innen? Gibt es Unklarheiten oder Mängel in Bezug auf das Thema Datenschutz? Konnten wir genügend Zeit in die Instruktion und Schulung der Mitarbeitenden investieren? Gibt es finanzielle Aspekte – beispielsweise im Zusammenhang mit betrieblichen Kosten für Lizenzen – die längerfristig berücksichtigt werden müssen?

Wenn Mängel oder Lücken feststellbar sind, sollten sich diese nicht im regulären Betrieb etablieren können, sondern zeitnah bearbeitet werden.

Forschungsprojekt "Through2gether"

Um die digitalen Entwicklungen im Sozialwesen zu identifizieren, welche unter den Bedingungen der Pandemie stattgefunden haben, wurden im Rahmen des Forschungsprojektes «through2gether» im Sommer 2020 und im Herbst 2021 Befragungen durchgeführt. Die deutlichste Veränderung zeigte sich beim Einsatz von Video-Kommunikation sowohl für die Interaktion mit den Adressat*innen, als auch in der betrieblichen Zusammenarbeit. Dies dürfte aufgrund des Shutdowns im Frühling 2020 und den damals geltenden Massnahmen keine besondere Überraschung sein. Die Auswertung der zweiten Befragungswelle ist noch in Arbeit und wird Erkenntnisse dazu liefern, welche der Entwicklungen sich etabliert haben und welche gestoppt wurden.

Erfahrung der Beteiligten nutzen

Der positive Aspekt dieser «Zwangsdigitalisierung» liegt darin, dass sie die Möglichkeit geschaffen hat, Neues auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und eine fachliche Haltung dazu zu entwickeln, was im Hinblick auf den Einsatz digitaler Mittel mit den jeweiligen Adressat*innen adäquat ist oder nicht. In der Zwischenzeit haben wohl die meisten Fachpersonen Gelegenheit gehabt, diese Erfahrungen zu reflektieren und auszudifferenzieren. Für anstehende Entscheidungen sollten Führungspersonen diesen Erfahrungsschatz der Fachpersonen wie auch der Adressat*innen mit einbeziehen, da es vielerorts noch keine dokumentierten «best practice»-Beispiele oder Standards gibt, auf welche zurückgegriffen werden kann.

Evaluation initiieren

Soziale Organisationen, welche sich mit der Frage auseinandersetzen, welche der digitalen Entwicklungen in Zukunft beibehalten, angepasst oder wieder rückgebaut werden sollen, können sich im Methodenkoffer der Evaluation bedienen. Denn im Grundsatz können die entsprechenden Fragestellungen mittels einer Evaluation beantwortet werden. Um einen ersten Eindruck vom vorhandenen Handlungsbedarf zu gewinnen, ist es naheliegend, die bestehenden Austauschgefässe (Teamsitzungen, Supervision oder ähnliches) zu nutzen.

Aus den erhaltenen Rückmeldungen kann in einem nächsten Schritt weiter konkretisiert werden, welche Fragestellungen mittels Evaluation beantwortet werden sollen, welche Beteiligten mit einbezogen werden sowie in welcher Art und Weise weitere Informationen gewonnen werden. Beim Einbezug der Beteiligten ist es sinnvoll, die Adressat*innen und die interne IT-Abteilung (oder Personen in einer ähnlichen Rolle) ebenfalls zu berücksichtigen. Aus den gesammelten Erkenntnissen wird der Handlungsbedarf ersichtlich werden, was die Grundlage liefert, um entsprechende Vorhaben resp. Projekte zu initiieren und zu priorisieren.

Autor*in

Portrait von Christine Mühlebach

Christine Mühlebach

Vor gut zwei Jahren fanden sich viele von uns unvermittelt im Homeoffice wieder. Der Corona-Lockdown erforderte auch von vielen Betrieben des Sozialwesens eine sofortige und pragmatische Anpassung, beispielsweise in Bezug auf digitalisierte Zusammenarbeitsformen.

Gerade was die Online-Kommunikation anging, war eine schnelle und möglichst reibungslose Einsetzbarkeit das prioritäre Kriterium bei der Auswahl digitaler Tools. Für sorgfältiges Abwägen und Entscheiden blieb keine Zeit.

Inzwischen ist die Homeoffice Empfehlung aufgehoben und die Rückkehr in den Regelbetrieb im Gang. Allerdings ist die „neue Normalität“ eine andere. Dort wo sich Homeoffice bewährt hat, ermöglichen heute viele Betriebe, zumindest einen Teil der Arbeit von zuhause aus zu erledigen.

Damit hat die digitale Kommunikation im Regelbetrieb einen höheren Stellenwert erhalten. Umso wichtiger ist es, die verwendeten Tools und deren Nutzung nachträglich zu evaluieren und beispielsweise zu überprüfen, ob sie den Standards der Datensicherheit genügen.