Wie gestaltet sich die Suche nach Führungskräften im Sozialwesen der Schweiz? Wie sehen die Anforderungen und Arbeitsbedingungen aus? Ist es momentan besonders schwierig, Führungspositionen zu besetzen? Solche und ähnliche Fragen beschäftigen zurzeit viele Fachleute der Sozialen Arbeit. Im Rahmen dieses Monitors werden Stelleninserate auf diese Fragen hin analysiert. Zudem werden die Ergebnisse des Monitors erstmals von zwei ExpertInnen aus der Praxis kommentiert.
Im Jahr 2016 wurden auf der Stellenplattform von sozialinfo.ch insgesamt 5925 Stelleninserate publiziert. Beim grössten Teil handelt es sich um ausgeschriebene Stellen für qualifizierte Fachmitarbeit (65 Prozent). Führungskräfte werden in 17 Prozent der Stelleninserate gesucht, davon bezieht sich je etwa die Hälfte auf Kaderstellen und Teamleitungsstellen. Ein Blick auf die Vorjahre zeigt, dass sich diese Zahlen seit 2011 nur wenig verändert haben.
Arbeitspensum
Als Beispiel für die Arbeitsbedingungen schauen wir uns das Arbeitspensum der ausgeschriebenen Stellen an: Die Stellen für Führungskräfte zeichnen sich insgesamt durch ein höheres Arbeitspensum aus als jene für Fachkräfte. Während bei Kaderstellen kaum Teilzeitpensen von 50 Stellenprozenten und weniger zu finden sind (6 Prozent), machen diese bei Fachkräften 20 Prozent der ausgeschriebenen Stellen aus. Umgekehrt sind bei Fachkräften Inserate für reine Vollzeitstellen1 eine Seltenheit (3 Prozent), bei Kaderstellen mit einem Anteil von 21 Prozent jedoch relativ häufig. Teilzeitpensen von über 50 Stellenprozenten machen aber sowohl bei den Inseraten für Führungspositionen als auch bei denjenigen für qualifizierte Fachmitarbeit mit Abstand den grössten Teil aus.

Grafik 2: Arbeitspensum der Stelle nach Funktion | Sozialinfo
Qualifikation
Sehr viele Kaderstellen setzen einen Hochschulabschluss voraus (41 Prozent), Teamleitungsstellen hingegen nur selten (13 Prozent). Bei Teamleitungsstellen reicht in rund einem Drittel der Fälle ein Berufsbildungsabschluss aus, wobei dies bei Kaderpositionen wiederum nur bei etwa einem Zehntel der ausgeschriebenen Stellen der Fall ist. In Bezug auf die Qualifikationsanforderungen in Führungspositionen ist es daher wichtig, zwischen Kader- und Teamleitungsstellen zu unterscheiden.

Grafik 3: Tiefste geforderte Qualifikation nach Funktion | Sozialinfo
Den Grund, weshalb weniger Teamleitungsstellen einen Hochschulabschluss voraussetzen als Stellen der qualifizierten Fachmitarbeit, sieht Daniel Aeberhard, Geschäftsführer der Stiftung Töpferhaus, darin, dass Führungskompetenz oft in der Praxis erlernt und durch Weiterbildungen ergänzt wird. «Die Profession Soziale Arbeit hat sich entwickelt, und dadurch ist der Anspruch an die Organisationen gestiegen, meine Prognose ist, dass sich dies wieder reduziert, da viele Organisationen sparen müssen», so Aeberhard. Er selbst hatte bei der Besetzung von Führungspositionen bisher wenig Schwierigkeiten, oftmals konnte er die Stellen intern besetzen. Sprechen andere Organisationen von Schwierigkeiten in diesem Bereich, führt er dies einerseits auf zu starre Organisationsstrukturen, andererseits auf ein breites Anforderungsprofil (betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Führungskompetenz usw.) zurück. Andrea Lüthi, Geschäftsleiterin der Berner Konferenz für Sozialhilfe, Kindes- und Erwachsenenschutz BKSE, stellt fest, dass es im Moment tatsächlich etwas schwieriger sei, Führungspositionen zu besetzen, als noch vor ein paar Jahren. Bei höheren Kaderstellen gestalte sich die Suche nach geeigneten Personen als besonders schwierig. Zurückzuführen sei dies ihrer Meinung nach einerseits auf das hohe Arbeitspensum im Kader und das teilweise schlechte Image der Sozialdienste, andererseits aber auch darauf, dass die jüngere Generation weniger Führungsverantwortung suche und sich stattdessen lieber zu FachspezialistInnen weiterbilden lasse.
Stellen, die mit einer Option von z. B. 80–100 Stellenprozenten ausgeschrieben werden, werden nicht zu reinen Vollzeitstellen gezählt. Die Grafik basiert jeweils auf dem durchschnittlichen Pensum einer Stelle.
Autor*innen

Barbara Beringer
ehem. Geschäftsleiterin Sozialinfo
Sarah Madörin

Jeremias Amstutz
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement an der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW.