Guten Tag
Meine Klientin wurde im August 2018 aufgrund eines Burnouts und einer Belastungsdepression zu 100% krankgeschrieben, weshalb sie aus der Kollektivversicherung des damaligen Arbeitgebers Krankentaggeld erhielt. Sie habe dann Ende Jahr 2018 von sich aus gekündigt.
Bis im Februar 2019 war sie weiter zu 100% krankgeschrieben. Im Feb. 2019 konnte sie bei einem anderen Arbeitgeber in einem 20% Pensum arbeiten. Im März 2019 erfolgte die IV Anmeldung welche dann mit Frühinterventionen eingestiegen ist. Es gab Versuche das Pensum beim neuen Arbeitgeber bis auf ca. 50% zu erhöhen.
Im Dezember 2019 ging es der Klientin dann wieder so schlecht (gleiche Diagnose), dass sie wieder zu 100% AUF war.
Beim zweiten Arbeitgeber war sie auch krankentaggeldversichert. Sie hat nun anteilsmässig auch von dort Krankentaggeld erhalten.
Nun läuft das Krankentaggeld der ersten Versicherung im August 2020 aus. Die zweite Krankentaggeldversicherung meint nun, dass auch ihr Krankentaggeld gleichzeitig auslaufe.
Ich habe nun zwei Fragen:
1. In den AVB`s der zweiten Krankentaggeldversicherung steht, dass kein Krankentaggeld bezahlt wird wenn die Krankheit schon vor dem Arbeitsverhältnis/ Versicherungsbeginn bestanden habe. Warum bezahlt dann die zweite Versicherung nun trotzdem ein Taggeld?
2. Wenn nun also die zweite Krankentaggeldversicherung ein Taggeld bezahlt, warum endet sie dann mit den Leistungen gleichzeitig wie die erste Krankentaggeldversicherung die ja bereits seit August 2018 bezahlt. Die zweite KTG Versicherung ist ja erst viel später mit Leistungen eingestiegen.
Ich danke Ihnen für Ihre Rückmeldung.
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag Frau Tremp
Die Dauer der Krankentaggeldzahlung ist abhängig von den rechtlichen Grundlagen (KVG oder VVG- Versicherung) und vom Vertrag (AVB's).
Die (seltenen) KVG-Versicherungen müssen das Taggeld während mindestens 720 Tagen innderhalb von 900 (Rahmenfrist) leisten.
Die (häufigeren) VVG-Versicherungen können die Bezugsdauer und auch Wartezeit frei festlegen. Üblich sind 730 Tage pro Krankheitsfall. Man müsste das mit den AVB und allenfalls der Police der zweiten KTG abklären. Wobei Tage mit halben Taggeld, als volle Tage gelten. Die Bezugsdauer wird bei teilweiser AUF also nicht verlängert. Die Taggelder können vorher eingestellt werden bei Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit. Wenn nur in einer angepassten Erwerbstätigkeit eine Arbeitsfähigkeit besteht, muss vor der Einstellung eine Übergangsfrist von ca. 3 Monaten gewährt werden.
Aufgrund der vorliegenden Informationen lässt sich daher nicht beantworten, warum die zweite KTG schon einstellt. Am Besten fragen Sie bei ihr nach.
Krankentaggeldversicherungen nach VVG haben die Möglichkeit volle Risikoselektion zu betreiben, also gewisse Risiken nicht zu versichern. Auch hier ist der Inhalt von den AVB's abhängig. Zu unterscheiden ist, ob eine vorbestehende Krankheit oder "nur" eine vorbestehende Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen wird.
Gemäss Art. 9 VVG können bereits eingetretene Ereignisse grundsätzlich nicht versichert werden (sog. Rückwärtsversicherungsverbot). Hat der Versicherte vor Vertragsabschluss eine Krankheit erlitten, bei der nach medizinischer Erfahrung mit Rückfällen zu rechnen ist, ist das Ereignis bereits eingetreten, so dass Rückfälle nicht versicherbar sind. Die Rechtsprechung dazu ist aber nicht einheitlich.
Auch im KVG Bereich sind Vorbehalte möglich.
Man müsste also den Fall und die rechtlichen Grundlagen näher kennen, um beurteilen zu können, warum die KTV gleichwohl bezahlt hat.
freundlicher Gruss
Daniel Schilliger