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Zweckentfremdung der Sozialhilfe

Veröffentlicht:
16.02.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag liebes Expertenteam
wir werden im Alltag immer wieder konfrontiert, dass die Sozialhilfe zweckentfremdet wird. Konkret wird die Miete nicht an den Vermieter ausgerichtet. Dies wird dann erst nach einigen Monaten bemerkt. Wie ist dieser Sachverhalt sozialhilferechtlich zu beurteilen? Welche Sanktionen auf welcher Rechtsgrundlage könnten ausgesprochen werden? Welche Rückforderungen können getätigt werden? Kann eine monatliche Rückforderung in Raten dann dem Vermieter zu Gute kommen, auch wenn der Klient nicht einverstanden ist?
Besten Dank für Ihre Erläuterungen.
Mit freundlichen Grüssen
Sabine Baue

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Baue
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich beantworte diese gerne wie folgt:
Eine Unterkunft stellt ein grundlegendes menschliches Bedürfnis dar. Die Sozialhilfe ist deshalb verpflichtet, eine angemessene Wohnung zu finanzieren (Art. 41 Abs. 1 lit. e Bundesverfassung). Hat eine unterstützte Person mietrechtliche Verpflichtungen und erhält deshalb von der Sozialhilfe Wohnkosten ausbezahlt, verwendet dieses Geld aber nicht für die Begleichung der Wohnkosten sondern anderweitig, so generiert sie damit Schulden gegenüber dem Vermieter. Die Pflicht zur Bezahlung dieser besteht aber nach wie vor. Aus diesem Grund kann die Sozialhilfe die bezahlten Mietkosten nicht zurückfordern.
Die Sozialhilfe kann sich aber für die Zukunft helfen, dass der Mietzins nicht zweckentfremdet wird. Art. 32 Abs. 1 Lit. c SHG BE räumt der Sozialhilfebehörde die Möglichkeit ein, Leistungen zu erbringen, indem anfallende Rechnungen direkt von der Sozialhilfe bezahlt werden. Wenn ein Klient/eine Klientin durch ihr Verhalten (z.B. Zweckentfremdung von Mietzinszahlungen) nicht Gewähr dafür bietet, dass sie die Sozialhilfeleistungen richtig verwendet bzw. ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommt, kann die Sozialhilfe gestützt auf diese Bestimmung den Mietzins deshalb direkt an den Vermieter bezahlen, bis eine unterstützte Person wieder Gewähr dafür bietet, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Diese Handhabung sieht auch die SKOS in Lit. A.7 der SKOS-Richtlinien vor.
Für die Zukunft lässt sich - wenn der Mietzins weiterhin der Klientschaft zur Begleichung der Mietzinse ausbezahlt werden sollte - auch denken, dass der Klientschaft nachArt. 28 SHG BE die Auflage gemacht wird, mit dem entsprechenden Geld den Mietzins zu bezahlen und eine Kürzung erfolgt, falls der Mietzins nicht bezahlt wird. Dies ist aber nur für die Zukunft und mit Anordnung in Verfügungsform und Aufmerksammachung bei Zuwiderhandlung möglich.
Ich bedaure, dass meine Antwort wohl nicht in Ihrem Sinn ausfällt, hoffe aber, Ihnen dennoch weitergeholfen zu haben.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach

Guten Morgen Frau Loosli
besten Dank für Ihre Antwort, die so für mich vollkommen in Ordnung ist.
Freundliche Grüsse
Sabine Bauer

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Bauer
Ich möchte gerne eine Ergänzung machen. Die Rückforderung von zweckentfremdeten Leistungen im Kanton Bern ist auch oder besonders deshalb nicht möglich, weil das SHG BE für diese Situation keine Rückforderung vorsieht. Wollte man dies ändern, müsste das Gesetz geändert werden.
Freundliche Grüss
Anja Loosli Brendebach