Sehr geehrte Damen und Herren
Unsere Gemeinde A. hat eine unterstützte Person am 31. August 2024 abgemeldet. Die Person hat sich bei den Soziaeln Dienste abgemeldet mit der Absicht in einer anderen Gemeinde B. neu zu starten. Wir haben die Sozialhilfe mit dem Übergangsmonat bis 30.09.2024 finanziert. Bei der Gemeinde B hat sich die unterstützte Person bereits gemeldet und auch das Gesuch gestellt. Es liegt ein Mietvertrag vor für ein Zimmer in der Gemeinde B. Der Mietvertrag kann mit einer Kündigungsfrist von einem Monat aufgelöst werden.
Am 15.09.2024 (während Übergangsmonat) meldet sich die unterstützte Person, dass es ihr im Zimmer schlecht gehe und dort nicht bleiben kann. Gleichtags tritt die unterstützte Person in eine Entzugsklinik ein. Das Zimmer wurde nicht gekündigt. Gemäss Gemeinde B. ist es unmöglich, dass die unterstützte Person in das gemietete Zimmer zurückkehren kann, infolge Gefahr auf Rückfälligkeit von Sucht gross ist.
Bemerkung: Die Gemeinden A. und B sind im Kanton Aargau.
Welche Gemeinde ist der Unterstützungswohnsitz?
Vielen Dank für die Rückmeldung.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage, die ich gerne folgendermassen beantworte:
Nach § 6 Abs. 1 des Sozialhilfe- und Präventionsgesetzes des Kantons Aargau (SPG) ist die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz zur Unterstützung verpflichtet. Bei Personen ohne Unterstützungswohnsitz ist die Aufenthaltsgemeinde zur Unterstützung verpflichtet. Für die Bestimmungen des Unterstützungswohnsitzes und des Aufenthaltsortes gelten nach Abs. 3 die Vorschriften des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG).
Im von Ihnen geschilderten Fall stellt sich damit als erstes die Frage, ob die unterstützte Person einen Unterstützungswohnsitz hat und wenn ja, wo dieser ist.
Nach Art. 4 Abs. 1 ZUG hat der Bedürftige seinen Wohnsitz nach diesem Gesetz (Unterstützungswohnsitz) in dem Kanton, in dem er sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Dieser Kanton bzw. diese Gemeinde wird als Wohnkanton bzw. Wohngemeine bezeichnet. Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Aargau wird in Kapitel 3.1.1 präzisierend festgehalten, dass eine Wohnsitznahme dann als erstellt gilt, wenn kumulativ der Aufenthalt vor Ort gegeben ist und die Absicht des dauernden Verbleibs besteht. Diese könne nur dann gegeben sein, wenn sich jemand auf unbestimmte Zeit an einem Ort aufhalten wolle und dies auch durchführbar sei. Es komme auf die familiären und gesellschaftlichen Beziehungen und die Wohnverhältnisse an. Ein Unterstützungswohnsitz könne auch begründet werden, wenn der Aufenthalt schliesslich vorübergehend sei.
Der Begründung des Wohnsitzes steht die Aufgabe des Unterstützungswohnsitzes gegenüber. Der bisherige Wohnsitz geht mit dem Wegzug verloren (Art. 9 ZUG). Nach dem Sozialhilfehandbuch des Kantons Aargau muss der Wegzug freiwillig sein. Der Wegzug muss mit dem Gepäck und dem Hausrat erfolgen. Der Unterstützungswohnsitz endet demgemäss nicht, wenn jemand gewollt nur vorübergehend wegzieht, eine Reise unternimmt oder in ein Heim eintritt.
Den von Ihnen geschilderten Sachverhalt habe ich so verstanden, dass die unterstützte Person die Wohnung in der Gemeinde A. freiwillig aufgegeben hat und mit ihrem Gepäck und Hausrat in eine Wohnung bzw. in ein Zimmer in der Gemeinde B. gezogen ist. Verstehe ich den Sachverhalt richtig, hat die unterstützte Person den Unterstützungswohnsitz in der Gemeinde A. Ende August aufgegeben. Daran ändert nichts, dass die Gemeinde A. den Übergangsmonat noch bezahlt hat.
Es stellt sich die Frage, ob die unterstützte Person in der Gemeinde B. einen Unterstützungswohnsitz begründet hat oder ob sie sich dort vor dem Klinikaufenthalt ab Mitte September 2024 lediglich aufgehalten hat.
Ich verstehe den Sachverhalt so, dass die unterstützte Person sich in der Gemeinde B. fest niederlassen und ihren Lebensmittelpunkt nach B. verlegen wollte. Es scheint, deshalb, dass sie mit dem Umzug nach B. einen Unterstützungswohnsitz in B. begründet hat, auch wenn sie nach lediglich 2 Wochen in eine Entzugsklinik eingetreten ist. Da mit dem Klinikaufenthalt nach Art. 5 bzw. Art. 9 Abs. 3 ZUG kein Unterstützungswohnsitz begründet werden kann, bliebe in diesem Fall die Gemeinde B. als Unterstützungswohnsitz zuständig, bis die unterstützte Person aus der Klinik austritt und allenfalls an einem dritten Ort einen neuen Unterstützungswohnsitz begründet. Sollte die unterstützte Person nicht die Absicht gehabt haben, sich in der Gemeinde B. fest nieder zu lassen, hatte sie lediglich Aufenthalt in der Gemeinde B. Dann ist diese nach dem Übergangsmonat und während dem Klinikaufenthalt nur dann unterstützungspflichtig, wenn die bedürftige Person auf ärztliche oder behördliche Anordnung hin in eine Klinik verbracht worden ist (Art. 11 Abs. 2 ZUG). Ansonsten ist die Gemeinde zuständig, in der sich die Klinik befindet.
Fazit: Ist die bedürftige Person freiwillig und ohne Druck durch die Gemeinde aus ihrer Wohnung in der Gemeinde A. ausgezogen, hat sie ihren Unterstützungswohnsitz in der Gemeinde A aufgegeben. Einen neuen Unterstützungswohnsitz in der Gemeinde B. hat sie dann begründet, wenn sie mit ihren Sachen und der Absicht, sich dort fest niederzulassen, dorthin gezogen ist, auch wenn sie bereits nach 2 Wochen in eine Klinik eingetreten ist.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort helfen zu können.
Freundliche Grüsse