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Zuständigkeit SoHi für offene Heimrechnung(-en)

Veröffentlicht:
14.11.2019
Kanton:
Zürich
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Beistandschaft ab 01.02.2019, umgehende Anmeldung bei der Sozialhilfe. Ich habe nun eine offene Heimrechnung erhalten für den 01/2019, die Ende 02/2019 fällig gewesen wäre. Verhält es sich wie bei den medizinischen Leistungen, dass das Fälligkeitsdatum massgebend ist, ob das SoA die Rechnung übernehmen muss?

Falls ja, wie weit zurück übernimmt das SoA offene Heimrechnungen? Konkret, kann ich die Rechnung noch einreichen oder habe ich den Zeitpunkt verpasst? Und wird das SoA allenfalls auch ältere Heimrechnungen übernehmen, die nie bezahlt wurden?

Besten Dank für Ihre Beratung und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrter Herr Wälty

Gerne beantworte ich ihre Anfrage. Ob die Praxis zum Zeitpunkt der Finanzierung medizinischer Leistungen auch bei Heimkosten Anwendung findet, ist aus meiner Sicht nicht klar. Die Zürcher Praxis zur Übernahme medizinischer Leistungen im Fälligkeitszeitpunkt findet sich in den Verbuchungsgrundsätzen (Sozialhilfe-Behördenhandbuch Kt. Zürich Kap. 18.1.03) im Zusammenhang mit der Weiterverrechnung (ZUG) wieder. Sie stützt sich auf eine Empfehlung der Rechtskommission der SKOS vom 18.1.2007 (49. Sitzung/Kommission ZUG/Rechtsfragen Ziff. 4).

Bei den Heimkosten handelt es sich jedoch um Dauerleistungen, zudem betrifft der ungedeckte Teil in der Regel Hotellerie, also nichtmedizinische Leistungen. Allfällige (medizinische begründete) Pflegekosten werden durch das KVG, die kantonale Restfinanzierung, Leistungen bei Hilflosigkeit (hier auch Hilfebedarf bei alltäglichen Lebensverrichtungen) finanziert. Ob die Fälligkeit auch bei solchen Rechnungen mit Dauerleistungscharakter massgeblich ist, ist aus meiner Sicht fraglich. In BGE 138 V 445 E. 6.4.2 hält das Bundesgericht immerhin Folgendes zur Massgeblichkeit der Fälligkeit in genereller Weise fest:

«6.4.2 Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass, einem Grundsatz der öffentlichen Sozialhilfe entsprechend, bei der Bemessung des Anspruchs auf die aktuelle wirtschaftliche Situation der bedürftigen Person abzustellen ist und die Hilfeleistung rechtzeitig zu erfolgen hat. Für eine fällige Forderung sind dieser die nötigen Mittel gegebenenfalls sofort zur Verfügung zu stellen. Im Verhältnis zwischen der Sozialhilfebehörde und der unterstützungsberechtigten Person spielt die Fälligkeit einer Forderung somit eine entscheidende Rolle.»

Eine andere Auffassung vertritt Guido Wizent im Handbuch «Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit, Dike, 2014, S. 258. Seiner Meinung nach handelt es sich bei Rechnungen, die eine medizinische Behandlung vor Unterstützung betrifft, um Schulden (dazu explizit Fn. 920).

Aus meiner Sicht erscheint es sachgerecht, dass die im Folgemonat fällige Heimrechnung (Februar 2019/erster Unterstützungsmonat) von der Sozialhilfe übernommen wird, wenn die Institution diese Art der Rechnungstellung pflegt. Der Dauerleistungscharakter von Heimkosten lässt es meiner Meinung aber nicht zu, formell strickt auf das Fälligkeitsdatum abzustellen, so z.B. wenn mehrere Monate an Heimkosten zusammen zu einem späteren Zeitpunkt in Rechnung gestellt würden. Massgebend wäre bei solchen Dauerleistungen letztlich der Monat, den es betrifft. Ob die Praxis bzw. die Rechtsprechung dies gleich sehen würde, muss hier offen gelassen werden, d.h. es lohnt sich in dieser Frage einen Entscheid zu provozieren. Jedenfalls spricht einiges dafür, dass die im Februar fällige Rechnung noch als Teil des aktuellen Bedarfs betrachtet werden kann. Dabei ist aus meiner Sicht unerheblich, dass die Rechnung erst im November 2019 aufgetaucht ist. Absolute Schranke würde hier die Verjährung wohl bieten, welche noch nicht eingetreten ist.

Vertritt jedoch die Sozialhilfe die Auffassung, es handle sich bei der im Februar 2019 fälligen Rechnung um Schulden, da sie den Vormonat betrifft, wo der Klient noch nicht unterstützt wurde, dann kann der Sozialhilfe ein Antrag auf Übernahme dieser Schulden gestützt auf § 22 SHV ZH gestellt werden. Danach übernimmt die Fürsorgebehörde ausnahmsweise Schulden, wenn damit einer bestehenden oder drohenden Notlage zweckmässig begegnet werden kann. Wie diese Bestimmung in der Praxis gehandhabt wird, können Sie dem Sozialhilfe-Behördenhandbuch Kapitel 8.1.22 entnehmen. Entscheidend ist, dass die Rechnungsübernahme im Interesse der unterstützten Person ist (z.B. Erhalt des Heimplatzes) und nicht lediglich im Interesse des Forderungsgläubigers. Dieses Vorgehen wäre auch zu wählen, wenn noch weitere offene (und längst fällige) Rechnungen für die Zeit vor Januar 2019 zum Vorschein kämen.

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder