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Zuständigkeit für platzierte Minderjährige

Veröffentlicht:
20.01.2022
Kanton:
Aargau
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich habe folgende Fragestellung:

Eine Minderjährige (Geb.-Datum: 25.05.2004) wurde im Oktober 2020 fremdplatziert in Gemeinde B. Die Platzierung hat damals der Beistand aufgegleist- da die Wohnverhältnisse bei der Mutter, welche SH bezog, nicht mehr zumutbar waren. Nach der Platzierung haben wir für die Minderjährige ein eigenes Dossier eröffnet und sie und die Mutter separat unterstützt. Im Juli 2021 ist die Mutter dann in eine andere Gemeinde C gezogen und wir waren nicht mehr zuständig. Sie bezieht in der anderen Gemeinde ebenfalls SH. Ich ging davon aus, dass unsere Gemeinde weiterhin für die Minderjährige zuständig bleibt. Jetzt erfuhr ich von unserer EWK, dass die Minderjährige sich an der Adresse der Mutter angemeldet hat. Die Minderjährige ist aber nach wie vor in der Institution und sie besucht ihre Mutter zwar, aber ohne Übernachtungen.

Nun bin ich mir aber doch nicht mehr 100% sicher. Sind wir weiterhin zuständig für die Minderjährige oder ist es nun die Gemeinde wo sie angemeldet ist (und ihre Mutter wohnt?)

Vielen Dank.

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Gerne beantworte ich Deine Anfrage. Für die Frage der innerkantonalen örtlichen Zuständigkeit sind § 6 SPG/AG und § 5 SPV/AG massgebend, für die interkantonale Zuständigkeit das ZUG. Du erwähnst nicht, ob es sich bei den involvierten Gemeinden um Aargauer Gemeinden handelt, oder ob die Gemeinde C eine ausserkantonale Gemeinde ist. Für die vorliegende Frage spielt dies aus meiner Sicht auch keine Rolle. Denn es geht um den Unterstützungswohnsitz des Kindes für dessen Bestimmung auch innerkantonal die Vorschriften des ZUG gelten (§ 6 SPG/AG).

Der Unterstützungswohnsitz des Kindes ist in Art. 7 ZUG geregelt. Der Unterstützungswohnsitz des Kindes bleibt von der Änderung des Unterstützungswohnsitzes seitens Eltern bzw. Elternteil dann überberührt, wenn es sich um den Fall von Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG (dauerhafte Fremdplatzierung) handelt. Auch bleibt er in den Fällen von Art. 7 Abs. 3 lit. a (Vormundschaft) und b (finanzielle Eigenständigkeit durch Erwerbstätigkeit) ZUG unberührt. Die Zuständigkeit nach Art. 7 Abs. 3 lit. d ZUG ist ein Sonderfall.

Im vorliegenden Fall käme aus meiner Sicht der eigenständige Unterstützungswohnsitz bei dauerhafter Fremdplatzierung in Frage. Falls eine Vormundschaft vorliegt (du erwähnst dazu nichts), auch der eigenständige Unterstützungswohnsitz im Fall einer Vormundschaft. Nach Wortlaut von Art. 7 Abs. 3 lit. a ZUG reicht eine Beistandschaft nicht aus, um diesen eigenständigen Unterstützungswohnsitz zu begründen, welcher sich sodann am Sitz der Kindesschutzbehörde befindet. Bei der dauerhaften Fremdplatzierung nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG ist entscheidend, dass es sich nicht um eine vorübergehende Fremdplatzierung handelt. Das Handbuch Soziales des Kantons Aargau erläutert die Unterschiede zwischen vorübergehender und dauerhafter Fremdplatzierung im Kapitel 3.1.4 sehr gut, worauf ich vorliegend gerne verweise. Ergibt sich aus Deiner Analyse, dass es sich im vorliegenden Fall um eine vorübergehende Fremdplatzierung handelt, dann würde sich der Unterstützungswohnsitz nach Art. 7 Abs. 1 oder 2 ZUG richten. Dies hätte zur Folge, dass sich der Wohnsitzwechsel der Mutter auch auf das Kind auswirkt. Da du den Vater nicht erwähnst, gehe ich davon aus, dass dieser in Bezug auf das Wohnen des Kindes keine Relevanz hat. Falls dem nicht so wäre, lass es mich wissen. Handelt es sich aber um eine dauerhafte Fremdplatzierung, dann wirkt sich der Wohnsitzwechsel der Mutter nicht aus, sondern der Unterstützungswohnsitz nach Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG bleibt bestehen, und zwar am letzten Unterstützungswohnsitz nach den Abs. 1 und 2, bevor das Kind dauerhaft platziert wurde. Das wäre dann jene Gemeinde, wo das Kind mit der Mutter zusammengelebt hat, bevor es dauerhaft in der Gemeinde B fremdplatziert wurde.

Wie es sich vorliegend in Bezug auf den Charakter der Fremdplatzierung verhält, kann ich aufgrund der mir vorliegenden Angaben nicht beurteilen. Falls diesbezüglich noch Fragen entstehen, stehe ich gerne zur Verfügung. Diesfalls bräuchte ich möglichst genaue Angaben zur Fremdplatzierung wie im Handbuch Soziales erläutert.

Demnach ist es durchaus möglich, dass sich der Wohnsitzwechsel der Mutter auf die zuständige Gemeinde, welche die wirtschaftliche Hilfe ausrichtet, nicht auswirkt. Dies könnte in Bezug auf die Heimkosten (ohne Nebenkosten sowie weitere individuelle Kosten des Kindes) anders sein, wenn vorliegend die IVSE zur Anwendung kommen. Falls dem so wäre, lass es mich wissen.

Schliesslich ist zu erwähnen, dass die Anmeldung im Einwohnerregister der Gemeinde C die Regelungen von Art. 7 ZUG nicht aushebelt, da das Einwohnerregister ein von der Sozialhilfe unabhängiges Sach- und Rechtsgebiet ist.

Ich hoffe, dir damit deine Frage beantwortet zu haben.

Herzliche Grüsse

Ruth