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Zuständigkeit bei Plazierung während Übergangsmonat

Veröffentlicht:
21.12.2022
Kanton:
Nidwalden
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich betreue seit einem Jahr einen Klienten, welcher im Kanton Aargau in einer Institution war (Suchterkrankung). Der Klient wollte die Institution wieder verlassen und hat selbständig eine Wohnung im Kanton Aargau gefunden, da dort sein Sohn lebt, welcher ihn stark unterstützt (administrative Angelegenheiten). Zusätzlich wohnen seine zwei minderjähringen Töchter auch dort in der Nähe.

Der Klient hat die Wohnung per 1.12.2022 bezogen und seinen Wohnsitz dort begründet. Die Gemeinde im Kanton Nidwalden übernimmt den Überbrückungsmonat bis am 31.12.2022. Er hat sich in der Zwischenzeit auch beim neuen Sozialdienst gemeldet und den Antrag auf wirtschaftliche Sozialhilfe gestellt.

Der Klient meldete sich gestern wieder, dass er gerne wieder in diese Institution zurück möchte. Es gehe ihm gesundheitlich nicht gut und das "Alleine-Wohnen" sei nichts mehr für ihn. Der Übertritt sollte baldmöglichst erfolgen. Ein Platz sei in der Insitution frei und er könnte baldmöglichst eintretten, wenn die Kostengutsprache vorliegen würde.

Die Platzierungskosten hat davor der Kanton Nidwalden gemäss dem Betreuungsgesetz übernommen. Die Zuständigkeit bezüglich den Platzierungskosten ändert per 01.12.2022, da der Klient einen neuen Wohnsitz begründet hat.

Gemäss den Aussagen des Klienten ist es in seinem Interesse im Kanton Aargau zu bleiben und er hat davor auch den dauernden Verbleib in der neuen Gemeinde bestätigt (soziales Umfeld).

Wie verhält sich dies nun bezüglich der Zuständigkeit der wirtschaftlichen Sozialhilfe? Ist nun die neue Gemeinde zuständig, da der Wechsel von der neuen Gemeinde in die Institution erfolgte?

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Morgen

Gerne beantworte ich Ihre Frage.

Falls es sich bei den Platzierungskosten um Kosten der Sozialhilfe (wirtschaftliche Hilfe, dazu Art. 3 ZUG) handelt, ist der Unterstützungswohnsitz nach Art. 12 bzw. 21 in Verbindung mit Art. 4 ZUG massgebend für die Ausscheidung der interkantonalen Zuständigkeit. Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, dass der Klient seinen Lebensmittelpunkt in den Kanton Aargau verlegt hat, nachdem er aus der Institution ausgetreten ist. Ihren Schilderungen zufolge ist er offenbar in die Wohnung im Kanton Aargau eingezogen mit der Absicht des dauernden Verbleibens, da sich seine Familie in der Nähe befindet. Dass sich die Situation innert kurzer Zeit nachträglich ändert, kann diese Wohnsitzbegründung nicht rückgängig machen.

Anders würde es sich meiner Meinung nach aber verhalten, wenn es sich dabei um ein von Beginn weg als Versuch deklariertes selbständiges Wohnen handeln würde, ohne definitiven Austritt aus der Institution. Auch stünde einer Wohnsitzbegründung entgegen, wenn es sich um ein begleitetes/betreutes Wohnen handelt. Liegen keine derartigen besonderen Umstände vor, dann hat der Kanton Nidwalden noch den Übergangsmonat zu finanzieren, anschliessend nimmt der Kanton Aargau die Finanzierung der Unterbringung auf.

Kommt der zivilrechtliche Wohnsitz nach Art. 23 ff. ZGB zur Anwendung, z.B. im Zusammenhang mit der IVSE – wobei die beiden involvierten Kantone zwar der IVSE beigetreten sind, aber nicht mit dem Bereich C der stationären Therapie- und Rehabilitationsangebote im Suchtbereich -, verhält es sich damit meiner Meinung nach gleich mit Ausnahme des Wohnsitzes bei Volljährigen unter umfassender Beistandschaft (Art. 26 ZGB).

Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Frage beantwortet zu haben.

Ich wünsche Ihnen frohe Festtage.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Morgen

Ich möchte noch kurz meine Antwort in Bezug auf das begleitete/betreute Wohnen präzisieren. Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung auch schon die Wohnsitzbegründung in einem Heim für richtig befunden. Es handelt sich um Ausnahmefälle.  Im gleichen Sinn ist es aber dann auch möglich, im Rahmen eines begleiteten/betreuten Wohnens Unterstützungswohnsitz zu begründen, da diese Unterbringung auch unter den Heimbegriff fällt. Dem Merkblatt Örtliche Zuständigkeit in der Sozialhilfe der SKOS können Sie unter Ziff. 4 / Aufenthalt in Institutionen und behördliche Unterbringung in Familienpflege "Exkurs" eine Zusammenfassung der  Rechtsprechung entnehmen. 

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder