Klientin (KL) reiste im September 2017 nach Dubai in die Ferien. Danach wurde sie verhaftet und ihr wurde der Pass weggenommen. Ihr Pass wurde ihr bis zum rechtskräftigen Urteil vom 26. März 2019 weggenommen, damit sie nicht zurück in die Schweiz reisen konnte.
KL lebte bis zur ihrer Ausreise in Zug. Sie finanzierte ihr Lebensunterhalt durch IV-Rente und EL. Aufgrund des Auslandaufenthaltes wurden die Ergänzungsleistungen sistiert und sie konnte somit ihre Wohnung in Zug nicht mehr finanzieren und verlor diese anschliessend. Nach Ihrer Rückkehr im Mai 19 trat sie in die psychiatrische Klinik im Kanton Zug ein. Seit August 19 hat sie eine Wohnung in Baar gefunden, wo sie sich aber aufgrund der Meldung des Migrationsamtes nicht anmelden kann. Amt für Migration macht geltend, dass KL keine gültige Niederlassungsbewilligung mehr habe, da sie sich mehr als 6 Monate im Ausland aufhielt. (Das ist aber eine andere Baustelle)
Da im Moment nur die IV-Rente ausbezahlt wird und die Ergänzungsleistungen weiterhin sistiert bleiben (auch eine andere Baustelle), ist KL auf die wirtschaftliche Sozialhilfe angewiesen.
Welche Gemeinde ist für die Ausrichtung der Sozialhilfe ab September 19 (Mietvertrag in Baar beginnt am 1.8.19) zuständig. Die bisherige (Zug), da sich Klientin in Baar nicht anmelden kann? Oder doch Baar, da KL dort wohnt und auch einen gültigen Mietvertrag besitzt?
Hat Kl bis zum Entscheid des Migrationsamtes bis zu allfälliger Ausreise Anspruch auf reguläre Sozialhilfe oder Nothilfe? KL ist Nordmazedonische Staatsangehörige.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung.
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrter Herr Pivarci
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage, bei welcher es um eine innerkantonale Zuständigkeitsfrage im Kanton Zug und um die Bemessung der Unterstützungsleistungen geht. Bei den von Ihnen angezeigten anderen Baustellen gehen ich davon aus, dass diese nicht Gegenstand Ihrer Anfrage sind.
Welche Gemeinde innerkantonal zuständig ist, ist auf Basis des Zuger Sozialhilferechts zu beurteilen. Nach Art. 31 SHG ZG gelten die Regelungen des ZUG (Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger, SR 851.1) sinngemäss innerkantonal, soweit nicht etwas anderes geregelt ist.
Das ZUG regelt in Art. 20 und 21 ZUG die Unterstützungszuständigkeit in Bezug auf ausländische Personen. Dabei wird zwischen Personen unterschieden, die einen Wohnsitz in der Schweiz haben und solchen, die sich hier nur aufhalten. Damit von einem Wohnsitz ausgegangen wird, hängt es davon ab, welche Absicht die betreffende Person in Bezug auf ihr dauerhaftes Verbleiben hat, und wie diese Absicht von aussen wahrgenommen wird. Hat die betreffende Klientin die Absicht, sich in Baar niederzulassen, worauf der Wohnungsbezug auch hinweist, begründet sie nach Art. 4 ZUG Unterstützungswohnsitz in Baar. Die gemäss Migrationsamt fehlende ausländerrechtliche Bewilligung spricht meiner Meinung nach nicht gegen die Begründung des Unterstützungswohnsitzes, wenn man die Rechtsprechung des Bundesgerichts zur gleichen Frage beim zivilrechtlichen Wohnsitz nach Art. 23 ZGB heranzieht (BGE 125 V 76 E. 2.a).
Die sinngemässe Anwendung des ZUG führt nach dem Gesagten zum Ergebnis, dass die Gemeinde Baar unterstützungspflichtig ist, da die Klientin aufgrund der von Ihnen geschilderten Umstände in Baar ihren Unterstützungswohnsitz (sinngemäss Art. 4 ZUG) hat und somit Baar als Wohngemeinde zuständig ist (sinngemäss Art. 20 Abs. 1 ZUG). Weder das Zuger SHG noch die SHV sehen weitere Zuständigkeitsregelungen vor, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Wie bereits erwähnt, stützt sich dieses Ergebnis auf die Annahme, dass die Klientin die Absicht hat, sich dauernd in Baar niederzulassen, weil sie dort eine Wohnung bezogen hat. Falls dies nicht zutreffen würde, müsste die Frage nochmals geprüft werden.
Die Unterstützungshöhe ergibt sich schliesslich aus dem kantonalen Recht. Nach § 20 Abs. 3 SHG ZG haben Personen, die sich illegal im Kanton aufhalten, einen eingeschränkten Anspruch. § 10 Abs. 1 SHV ZG konkretisiert den eingeschränkten Anspruch mit Nothilfe. Verfügt die Klientin demnach über keine ordentliche ausländerrechtliche Bewilligung, hält sie sich nicht legal in der Schweiz auf. Insoweit hat Ihre Klientin nur Anspruch auf Nothilfe gemäss Art. 12 BV. Dabei wäre aber noch zu differenzieren, ob die ausländerrechtliche Frage definitiv entschieden ist, oder ob diesbezüglich noch ein Verfahren hängig ist. Während des Verfahrens wäre i.d.R. noch nicht von einem illegalen Status auszugehen, so dass die Klientin mit ordentlicher wirtschaftlicher Hilfe zu unterstützen wäre. Der aktuelle ausländerrechtliche Status könnte mit dem zuständigen Amt geklärt werden.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort im konkreten Fall weitergeholfen zu haben.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder