Guten Tag
Ausgangslage: Ich bin Beiständin des 15 Jährigen "Kindes", welches z.Z. in der Klinik ist. Im Hintergrund steht eine langjährige Kampfscheidung um Finanzen und Unterhaltszahlungen. Kt. AG. Obhut wurde im Sommer 2016 der Mutter übertragen. Aktuell geht es darum, die Anschlusslösung an die Klinik aufzugleisen, welche dringend eine Platzierung empfiehlt. Der Vater ist vermögend, die Mutter eher nicht. Nun sagt der Vater zu, die Finanzierung eines Internats zu übernehmen (Kanton bezahlt dieses nicht), wenn die Obhut wieder zu ihm umgeteilt würde. Dies einzig aus Steuerrelevanten Gründen.
Die Mutter befürchtet erneut einen Kampf um Finanzen und Unterhalt. Ein erneuter Beistandswechsel würde es auch bedeuten, für das Kind erneute Verunsicherunge. Meine Frage:
Ist es tatsächlich steuerrelevant, dass die Obhut beim Vater ist? Oder hat dies gar keinen EInflluss, da die Unterhaltszahlungen und die Finanzierung des Internats ja steuerlich auch abgezogen werden können? Bin leider nicht so bewandert mit Steuerfragen.
Vielen DANK! S.H.
Frage beantwortet am
Urs Vogel
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Erwägungen
Vorab ist festzuhalten, dass das vorliegende Forum für Fragen des Kindes- und Erwachsenenschutzes spezialisiert ist, steuerrechtliche Beurteilungen zählen nicht zum Fachgebiet des antwortenden Experten. Somit lässt sich diese Frage nur allgemein beantworten, eine detaillierte steuerrechtliche Analyse kann im Rahmen der vorliegenden Beratung nicht erfolgen, da dazu die konkreten Verhältnisse der steuerpflichtigen Person analysiert werden müssten. Basis für die allgemeine Auskunft bildet die Steuergesetzgebung des Kantons Aargau.
Grundsätzlich kann derjenige Elternteil, der Unterhaltszahlungen an einen Elternteil für die unter dessen elterlicher Sorge stehenden Kinder leistet, diese als Abzug geltend machen (§ 40 lit. c Steuergesetz Kanton Aargau [StG]). Umgekehrt hat diejenige Person, welche die Unterhaltszahlungen erhält, diese als Einkommen zu versteuern (§ 32 lit. f StG AG). Der allgemeine Kinderabzug von § 42 Abs. 1 lit. a StG (Fr. 9'000 für Kinder im Alter zwischen vollendetem 14. bis zum 18. Altersjahr) kann von demjenigen Elternteil geltend gemacht werden, der mehr als die Hälfte des Unterhaltes für das Kind leistet (§ 27 Verordnung zum Steuergesetz Aargau [StGV]). Gemäss § 40 lit. n StG können zudem Drittbetreuungskosten für Kinder bis zum vollendeten 14. Altersjahr geltend gemacht werden, was vorliegend nicht mehr der Fall ist (das Kind ist 15-jährig). Weitergehende Unterhaltsleistungen wie Kosten des Internates etc. können steuerrechtlich nicht in Abzug gebracht werden (§ 41 Abs. 1 lit. a und b StG), es sei denn, dass es sich um behinderungsbedingte Kosten von ihr unterhaltenen Personen mit Behinderungen im Sinne des Bundesgesetzes über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BehiG) handelt und die steuerpflichtige Person diese Kosten selber trägt (§ 40 lit ibis StG).
Fazit: Soweit aus den allgemeinen gesetzlichen Grundlagen ersichtlich, hat die Frage der Obhut steuerrechtlich in vorliegendem Fall kaum eine Bedeutung. Diese Beurteilung ist jedoch nur allgemeiner Natur und müsste mit Steuerrechtsexperten am konkreten Fall verifiziert werden.
Kulmerau, 11. Juli 2017
Urs Vogel