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Zulässigkeit sofortiger Lohnkürzung bei Festsitzen im Ausland wegen Covid-19

Veröffentlicht:
21.07.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Guten Tag

aktuell habe ich einen Klienten in Beratung, der im 2. Anstellungsjahr bei einem schweizer Arbeitgeber (BG 100%) fest angestellt ist und wegen Covid-19 vom 8.3. - 14.6.2020 im Ausland (Pakistan) festsass, d.h. nicht rückreisen konnte. Der Arbeitgeber kürzte den Lohn sofort und zwar ohne den Mitarbeiter zu informieren. Auf der Lohnabrechnung steht "unbezahlter Urlaub". Unsere Fragen: Ist dies zulässig? Und: Wie kann / soll der Mann vorgehen, denn er hat ja in dieser Zeit eine absolut einschneidende, für ihn existentielle Einkommenseinbusse erlitten? Er hat sich bereits auf dem Sozialdienst der Gemeinde angemeldet, weiss aber von der Seite noch gar nichts. Was wir tun werden, ist ein Gesuch für eine Unterstützungsleistung bei einem durch die Glückskette geäufneten "Corona-Fonds" zu stellen. Andere Ideen habe ich momentan nicht.
Ihre Einschätzung der Situation aus arbeitsrechtlicher Perspektive wäre für uns sehr hilfreich, haben Sie bereits besten Dank.

Mit freundlichen Grüssen

Carole Lauper
Beraterin
MSc in Sozialer Arbeit
Movis AG Bern

Frage beantwortet am

Andreas Petrik

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Lauper

Ich gehe davon aus, dass es ihrem Klienten mangels Flugverbindungen nicht möglich war, in die Schweiz zurückzukehren, und er sich nicht auf Anordnung des Arbeitgebers in Pakistan aufgehalten hat. Bei dieser Ausgangslage hat Ihr Klient keinen Lohnanspruch und das Vorgehen des Arbeitgebers erweist sich als rechtmässig.

Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung setzt voraus, dass eine Verhinderung an der Arbeitsleistung aus "Gründen, die in der Person des Arbeitnehmers liegen". Wenn aufgrund der Pandemie keine Flugverbindungen angeboten werden, liegt kein solcher Grund vor und es besteht demnach kein Anspruch auf Lohnfortzahlung.

Gemäss UNIA (https://www.unia.ch/de/arbeitswelt/von-a-z/coronavirus) besteht dann ein Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn eine Rückkehr aus den Ferien nicht möglich war, weil ein Gebiet behördlich unter Quarantäne gestellt wurde.

Mangels Arbeitsunfähigkeit besteht auch kein Anspruch auf Krankentaggelder.

Wenn ihr Klient aufgrund einer ärztlich oder behördlich angeordneten Quarantäne nicht zurück reisen konnte, könnte ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz bestehen.

Der Anspruch muss bei der Ausgleichskasse geltend gemacht werden, bei der der Arbeitgeber angeschlossen ist. Die Ausgleichskassen stellen die Anmeldeformulare zu Verfügung. Der Anspruch beginnt im Zeitpunkt, indem alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, frühestens jedoch am 17. März 2020. Die angeordnete Quarantäne muss mit einem ärztlichen Attest belegt werden können. Hier finden Sie weitere Informationen: https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/eo-msv/grundlagen-und-gesetze/eo-corona.html und hier das Kreisschreiben: https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/12721/download.

Wenn die Rückreise nicht aufgrund einer angeordneten Quarantäne erfolgte, erhält ihr Klient keine Leistungen und muss Sozialhilfe beziehen. Befand er sich in einer angeordneten Quarantäne, kommt einerseits ein Anspruch auf Lohnfortzahlung und andererseits ein Anspruch auf Corona-Erwerbsersatz in Betracht. Da der Arbeitgeber die Lohnzahlung bereist verweigert hat, macht es Sinn, zunächst den Corona-Erwerbsersatz geltend zu machen.

Freundliche Grüsse

Andreas Petrik