Zum Inhalt oder zum Footer

Zeitpunkt und Umfang der Liquidierung von Altersvorsorge 2. Säule und 3. Säule

Veröffentlicht:
16.07.2024
Kanton:
Solothurn
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Sehr geehrte Damen und Herren Gem. SKOS-RL D.3.3. Altersvorsorge muss die Altersvorsorge der 2. Säule und der Säule 3a wie folgt verwendet werden: 3 Vermögen der 2. Säule und der Säule 3a sind grundsätzlich zusammen mit dem AHV-Vorbezug oder dem Bezug einer ganzen IV-Rente herauszulösen. 4 Älteren Arbeitslosen ist bis zum AHV-Vorbezug eine Weiterführung der Altersvorsorge in der 2. Säule bei ihrer bisherigen Vorsorgeeinrichtung zu ermöglichen. 5 Ausgelöste Guthaben der Altersvorsorge gehören zum anrechenbaren Vermögen und sind für den aktuellen und zukünftigen Lebensunterhalt zu verwenden. Fragen, wann ist der rechtlich korrekte Zeitpunkt der Auslösung der vorgenannten Leistungen und in welchem Umfang diese zu verlangen: - ist es rechtsmässig bereits während dem Antrag auf die AHV / IV (d.h. vor deren Verfügung) proaktiv die Auslösung der vorgenannten Leistungen und vollumfängliche Abtretung an den Sozialdient / Sozialhilfe zur Verrechnung zu verlangen? - erfolgt die Verrechnung der Sozialhilfe mit den vorgenannten Leistungen während dem Sozialhilfebezug ab dem Zeitpunkt der nachträglich verfügten vorangigen Leistungen wie IV /AHV, oder ab dem Zeitpunkt der Ablösung von der Sozialhilfe? Danke für Ihre Rückmeldung. Freundliche Grüsse 

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Fragen und beantworte diese gerne folgendermassen:

Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Solothurn (Kapitel Altersvorsorge) ist festgehalten, dass die Auslösung von Freizügigkeitsleistungen BVG und aus der privaten Vorsorge (Säule 3a) in der Regel erst auf den Zeitpunkt des AHV-Vorbezugs oder mit dem Anspruch auf eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu verlangen ist. Diese Regelung entspricht den Empfehlungen der SKOS-Richtlinien (SKOS-RL). Die SKOS präzisiert die SKOS-RL betreffend das Thema Altersvorsorge im Merkblatt «Umgang mit Freizügigkeitsgutaben in der Sozialhilfe».

In Kapitel 2 dieses Merkblatts wird empfohlen, dass das Vermögen der 2. Säule und der Säule 3a grundsätzlich mit dem AHV-Vorbezug oder dem Bezug einer ganzen IV Rente herauszulösen und somit die Auflage zum Bezug des Guthabens erst zusammen mit jener zum AHV-Vorbezug oder einer IV-Rente zu machen ist. Diese Empfehlung ist meiner Meinung nach rechtlich die richtige Lösung, da so dem gesetzlichen Zweck der Vorsorgeguthaben (Finanzierung Lebensunterhalt im Alter oder bei Invalidität) entsprochen wird. Ich finde es deshalb korrekt, die Auflage zum Bezug des BVG-Guthabens oder zum Bezug des Guthabens der Säule 3a zusammen mit der Auflage, den AHV-Vorbezug zu beantragen, zu machen.

Nach SKOS-RL D.3.3 Abs. 5 gehören ausgelöste Guthaben der Altersvorsorge zum anrechenbaren Vermögen und sind für den aktuellen und zukünftigen Lebensunterhalt zu verwenden. Die Rückerstattung von rechtmässig bezogenen Unterstützungsleistungen aufgrund der Ausbezahlung des Freizügigkeitsguthabens darf wegen günstigen Verhältnissen nach den SKOS-RL daher nicht verlangt werden (SKOS-RL D.3.3 Erläuterungen Lit. b i.V.m. SKOS-RL E.2.1). Die Begründung für diese Empfehlung findet sich in der Zielsetzung der 2. und 3. Säule, wonach die gebundene Vorsorge in Ergänzung zu den Leistungen der AHV/IV zur Sicherung einer gewohnten Lebenshaltung beitragen soll (SKOS-RL D.3.3 Erläuterungen Lit. b). Im Sozialhilfehandbuch des Kantons Solothurn ist unter Kapitel «Freizügigkeitsleistungen und private gebundene Vorsorge Ziff. 4.3 dieselbe Lösung vorgesehen.

Etwas anderes gilt gemäss dem Fazit im Merkblatt «Umgang mit Freizügigkeitsguthaben in der Sozialhilfe» der SKOS für die Unterstützungsleistungen, die im Zeitraum zwischen Eintritt des Vorsorgefalls (AHV-Vorbezug bzw. Zusprache einer ganzen Invalidenrente) und der Auszahlung des Freizügigkeitsguthabens vorschussweise ausgerichteten wurden. Sie können als bevorschusste Leistungen zurückverlangt werden. Auch im Sozialhilfehandbuch des Kantons Solothurn (Kapitel «Freizügigkeitsleistungen und private gebundene Vorsorge Ziff. 4.3) ist vorgesehen, dass die wirtschaftliche Hilfe für die Zeit zwischen der Fälligkeit eines BVG Guthabens und dessen Auszahlung nur gegen Abtretung des entsprechenden Anspruchs erfolgen muss und für diese Periode mit der Barauszahlung verrechnet werden kann.

Daraus kann geschlossen werden, dass die Sozialhilfe die Abtretung einer BVG Rente oder des Vorsorgekapitals nur ab dem Zeitpunkt des Eintritts des Vorsorgefalles (AHV-Vorbezugsalter oder Zeitpunkt Anspruch ganze IV-Rente) verlangen und die Leistungen ab diesem Zeitpunkt bis zur Ablösung verrechnen kann. Dies entspricht auch dem Sozialhilfegesetz des Kantons Solothurn (§ 14 Abs. 1 bis SHG SO).

Zur Verdeutlichung mache ich gerne ein Beispiel: Gehen wir davon aus, dass eine Person am 1. Juli 2024 das AHV-Vorbezugsalter erreicht. Die erste Auszahlung der AHV-Rente erfolgt für Juli 2024. Diese reicht aber nicht aus, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Person muss vorerst weiter unterstützt werden. Sie hat aber ein Vorsorgeguthaben und die Auszahlung dieses gemäss Auflage der Sozialhilfe auch verlangt. Die Sozialhilfe kann deshalb die Abtretung bzw. die Auszahlung und Verrechnung des Vorsorgeguthabens für die Unterstützung ab Juli 2024 verlangen. Die Auszahlung des gesamten Guthabens an sich kann sie dagegen nicht verlangen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.

Freundliche Grüsse

Sehr geehrte Frau Loosli Danke für Ihre Rückmeldung. Ich habe eine Nachfrage zum Zeitpunkt der Verpflichtung zur Abtretung: muss die Abtretung der vorrangigen Leistung z.B. FLZ während der Geltendmachung des Versicherungsfalles unterschrieben werden, dies ist ca. 3-4 Monate vor dem Versicherungsfall, oder erst wenn der Versicherungsfall eingetreten ist, um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, erst am 01.07.2024 für 01.07.2024? Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Anachlussfrage und entschuldige mich für die späte Antwort.

Grundsätzlich können auch dereinst noch entstehende Forderungen abgetreten werden. Sie können sich deshalb die künftige Forderung bereits im Prozess abtreten lassen und müssen nicht warten bis am 1.7. (Datum gemäss Beispiel).

Freundliche Grüsse