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WSH und EL im selben Haushalt

Veröffentlicht:
30.01.2020
Kanton:
Uri
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Meine Klientin hat einen Antrag auf WSH gestellt. Sie lebt mit ihrer Erwachsenen Tochter zusammen, die eine IV-Rente und EL hat. Die Mutter ist als Beiständin eingesetzt. Sie teilen sich die Kosten für die Miete und die gemeinsamen Haushaltsauslagen (Strom, Nahrungsmittel etc). Zudem erhält die Mutter die Hilflosenentschädigung, da sie die Betreuung der Tochter übernimmt. Mir ist klar, dass diese Einnahme im SKOS-Budget angerechnet ewrden darf. 

Nun prüft die Gemeinde zudem, ob die Tochter der Mutter einen Beitrag für die Haushaltsführung leisten muss. Für mich stellt sich die Frage, ob das rechtens ist? Auch die EL begründet ja ein Existenzminimum. Zudem hat die KESB als Aufsichtsbehörde das bisherige Budget "abgesegnet".

 

Besten Dank!

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Kayser

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich entschuldige mich für die aus gesundheitlich Gründen zu spät erfolgte Antwort und hoffe, dass ich Ihnen dennoch weiterhelfen kann.

In Art. 28 des Sozialhilfegesetzes (SHG, BGS 20.3421) wird festgehalten, dass die wirtschaftliche Hilfe den notwendigen Lebensunterhalt gewährleistet. Für die Bemessung erlasse der Regierungsrat Richtlinien. Dabei orientiere er sich an den Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS). Kantonale Richtlinien habe ich im System nicht gefunden. Allerdings steht im Sozialhilfehandbuch des Kantons Uri in der Einleitung, dass für die Bemessung der wirtschaftlichen Sozialhilfe die SKOS-Richtlinien gelten würden.

In diesen wird unter Kapitel F.5.2 festgehalten, dass von einer unterstützten, in einer Wohn- und Lebensgemeinschaft lebenden Person zur Minderung der Unterstützungsbedürftigkeit erwartet wird, dass sie im Rahmen ihrer zeitlichen und persönlichen Möglichkeiten den Haushalt für nicht unterstützte berufstätige Kinder, Eltern und Partner führt. Für die erwartete Arbeitsleistung hat sie Anspruch auf eine Entschädigung (Haushaltsentschädigung). Unter den Begriff der familienähnlichen Wohn- und Lebensgemeinschaften fallen nach Kapitel B.2.3 der SKOS-Richtlinien Paare oder Gruppen, die den Haushalt (Wohnen, Essen, Waschen, Reinigen usw.) gemeinsam ausüben und/oder finanzieren (z.B. Eltern mit volljährigen Kindern).

So, wie ich den Sachverhalt verstehe (die Mutter und die Tochter teilen sämtliche Kosten, die Tochter ist hilflos, die Mutter pflegt sie), gehe ich davon aus, dass die Mutter den gesamten Haushalt führt (Einkaufen, Kochen, Waschen, Putzen usw.) und es sich somit um eine familienähnliche Wohngemeinschaft im Sinne der SKOS-Richtlinien handelt.

Legt man den Text von Kapitel F.5.2 der SKOS-Richtlinien wortgetreu aus, so würde die Tochter aber dennoch keine Pflicht treffen, der Mutter eine Haushaltsentschädigung zu bezahlen, wenn sie (die Tochter) nicht arbeitet, denn in Kapitel F.5.2 steht ausdrücklich, dass die unterstützte Person den Haushalt für BERUFSTÄTIGE Mitbewohner*innen führen muss.

Die SKOS selbst ist aber der Meinung, dass auch IV- und EL-Bezüger*innen eine Haushaltsentschädigung schulden, wenn die bedürftige Partnerin den Haushalt führt und sie dazu finanziell in der Lage sind (ZESO-Artikel, 3/2008).

Wie hoch die Entschädigung ausfällt, ist nach Kapitel H.10 der SKOS-Richtlinien zu berechnen. Dabei wird ein erweiterter sozialhilferechtlicher Bedarf berücksichtigt, der aber tiefer sein kann als der ergänzungsrechtliche Bedarf. Dies führt dazu, dass tatsächlich auch EL-Bezüger*innen finanziell leistungspflichtig sein können. Der Überschuss ist bis zur maximalen Höhe von Fr. 950.-- als Haushaltsentschädigung anzurechnen.

Zusammengefasst: In der Situation Ihrer Klientin würde ich mich auf den Standpunkt stellen, dass die Gemeinde keine Haushaltsentschädigung anrechnen darf, weil die Tochter nicht erwerbstätig ist (ich nehme an, dies sei so, wenn sie eine Hilflosenentschädigung erhält). Verweist die Gemeinde zur Begründung auf den von mir erwähnten ZESO-Artikel, würde ich entgegenhalten, dass dieser dem eindeutigen Wortlaut der SKOS-Richtlinien widerspricht und sich zudem in keiner Art und Weise damit auseinandersetzt, weshalb EL-Bezüger*innen, die NICHT arbeiten, dennoch wie Erwerbstätige zu behandeln sind. Meiner Ansicht nach fehlt dafür die Grundlage.

Sollte die Tochter entgegen meiner Annahme doch erwerbstätig sein, so ist eine Haushaltsentschädigung dann gerechtfertigt, wenn die Mutter den Haushalt tatsächlich führt und die Tochter dazu finanziel in der Lage ist.

Ich hoffe, Ihnen damit weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach