Zum Inhalt oder zum Footer

WSH - Anrechnung von Vermögen bei Heimbewohner/innen

Veröffentlicht:
04.02.2025
Kanton:
Obwalden
Status:
Neu
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Frau E. lebt im Pflegeheim. Sie bezieht eine AHV- und eine PK-Rente sowie Ergänzungsleistungen. Bei den Ergänzungsleistungen ist aufgrund der kantonalen Heimtaxbeschränkung nicht die volle Heimtaxe berücksichtigt, so dass 150.00/Monat nicht gedeckt sind.

Wir haben deshalb WSH für die ungedeckten Kosten beantragt.

Das monatliche Einkommen beträgt rund 6'700.00, die Heimrechnung rund 6'850.00/Monat. Frau E. hat Ende Monat noch ca. 6'000.00 auf dem Konto, also weniger als die aktuelle Heimrechnung beträgt, die allerdings erst im Folgemonat in Rechnung gestellt wird.

Das Sozialamt argumentiert nun dahingehend, dass jeweils nur die in diesem Monat fällige Rechnung berücksichtigt wird (also die Vormonatsrechnung) und solange das Vermögen Ende Monat nicht unter 4'000.00 ist, kein Anspruch auf WSH besteht.

Nun unsere Fragen

Entspricht die Argumentation des Sozialamts der gängigen Praxis?

Können/dürfen die 6'000.00 Ende Monat als Vermögen bezeichnet werden, da es eigentlich das Renteneinkommen von eben diesem Monat ist?

Sollte es sich um Vermögen handeln, liegt die Schwelle immer bei 4'000.00, egal ob man zu Hause oder in einem Heim lebt?

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Ich bedanke mich für Ihre Fragen, die ich gerne folgendermassen beantworte:

Die Unterstützungspraxis im Kantons Obwalden richtet sich nach den SKOS-Richtlinien (Sozialhandbuch Obwalden, SKOS-RL A.1). Nach SKOS-RL D.3.1 Abs. 4 besteht für Einzelpersonen ein Vermögensfreibetrag von Fr. 4'000.--, für Ehepaare von Fr. 8'000.-- und für jedes Kind Fr. 2'000.--, maximal aber Fr. 10'000.-- pro Unterstützungseinheit. Dies bedeutet, dass jemand so lange nicht als bedürftig gilt, als sie oder er über ein sofort verfügbares Vermögen von mehr als Fr. 4'000.-- verfügt.  Massgebend ist das im Zeitpunkt der Beurteilung der Bedürftigkeit bzw. zu Beginn der Unterstützung vorhandene Vermögen. Dies bedeutet, dass eine Person, die einen Antrag auf Sozialhilfeunterstützung stellt, nicht als bedürftig gilt, wenn ihr Vermögen grösser als der Vermögensfreibetrag ist. Der massgebende Moment für die Berechnung der Höhe des vorhandenen Vermögens ist nach SKOS-RL D.3.1 Erläuterungen lit.  das Vermögen, das am ersten Tag des Monats vorhanden ist, ab dem eine Unterstützung beansprucht wird. Dabei gilt immer derselbe Vermögensfreibetrag unbesehen davon, ob jemand im Heim lebt oder nicht.

Ich gehe aufgrund der Schilderung des Sachverhalts davon aus, dass es sich vorliegend um eine Einzelperson handelt, bei der ein Vermögensfreibetrag von Fr. 4'000.-- gilt. Dies bedeutet, dass sie so lange nicht als bedürftig gilt, wie sie anfangs Monat mehr als Fr. 4'000.-- Vermögen z.B. in Form eines Bankguthabens hat unbesehen davon, ob dieses Vermögen bereits seit langem besteht oder erst im letzten Monat entstanden ist.

Nehmen wir an, die hilfesuchende Person bzw. Sie haben im Januar 2025 ein Gesuch um Unterstützung gestellt. Aufgrund der Rentenzahlungen im Dezember 2024 war auf dem Konto am 1. Januar 2025 ein Vermögen von mehr als Fr. 4'000.-- (Sie schreiben Fr. 6'000.--). Dann ist der Vermögensfreibetrag überstiegen und die hilfesuchende Person ist im Januar 2025 nicht bedürftig. Wenn die Heimrechnung im Januar 2025 bezahlt wird (und das Konto damit allenfalls vorübergehend ins Minus gerät), aber auch die AHV- und PK-Rente eingehen, so wird sich das Vermögen im Januar 2025 und in den Folgemonaten weiter verringern, so dass auch mit der AHV- und PK-Rente irgendeinmal am 1. Tag des Monats auf dem Konto weniger als Fr. 4'000.-- sein werden und die hilfesuchende Person als bedürftig gilt. In diesem Zeitpunkt kann umgehend wieder ein Gesuch um Unterstützung gestellt werden und die Unterstützung muss ab diesem Zeitpunkt aufgenommen werden, wenn auch alle übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Wie lange dies dauert, kann ich nicht abschliessend einschätzen, da die hilfesuchende Person mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht nur Auslagen für die Heimkosten sondern auch weitere Auslagen wie z.B. Gesundheitskosten hat.

Von der Sozialhilfe zu übernehmen sind nach SKOS-RL C.2 Erläuterungen lit. f Rechnungen, die nach Aufnahme der Unterstützung datiert sind oder während der Unterstützung fällig werden. Heimrechnungen und weitere Rechnungen können somit übernommen werden, sobald sie nach Unterstützungsbeginn datieren bzw. fällig werden.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort zu helfen.

Freundliche Grüsse

Guten Tag Frau Loosli

Vielen Dank für Ihre Antwort. Wir haben diese im Team besprochen und die Auslegung der Situation hat Fragen aufgeworfen, die aus unserer Sicht nicht abschliessnd geklärt sind:

Die SKOS-Richtlinien halten das Prinzip der Bedarfsdeckung klar fest:

„Mit Sozialhilfe wird ein aktueller Bedarf gedeckt. Aktuell bedeutet, dass Sozialhilfeleistungen für die Gegenwart und (sofern die Notlage anhält) für die Zukunft ausgerichtet werden, nicht jedoch für die Vergangenheit. Grundsätzlich besteht kein Anspruch, dass Schulden von der Sozialhilfe übernommen werden.“ (SKOS-Richtlinien C.1)

Zudem wird in den SKOS-Richtlinien C.1 ebenfalls festgehalten, dass sich der Bedarf aus dem Grundbedarf für den Lebensunterhalt, der medizinischen Grundversorgung und den Wohnkosten zusammensetzt.

In der Budgeterstellung wird in der Regel geprüft, welche Kosten ab dem Zeitpunkt der Anspruchsprüfung im Anmeldemonat anfallen.
Wenn die Anmeldung beispielsweise am 01.01.2025 erfolgt, gilt die Berechnung für den Monat Januar 2025, inklusive der Wohnkosten für Januar.

Im vorliegenden Fall hat die Person zwar in der zweiten Monatshälfte im Januar noch 6'000 Franken Vermögen, dabei sind jedoch die Wohnkosten von rund 6'200 Franken für den Monat Januar noch gar nicht berücksichtigt. Aus der Perspektive des Bedarfsprinzips wäre die Situation eigentlich eindeutig, da die Person bereits verschuldet ist, wenn die Anspruchsprüfung wie üblich durchgeführt wird.

Wird die Anmeldung dann z.B. am 01. Februar vorgenommen, werden bei der Budgeterstellung die Wohnkosten für Januar ins Februar-Budget aufgenommen, während der gegenwärtige Bedarf für die Wohnkosten im Februar nicht berücksichtigt wird. Damit erfolgt nach unserer Einschätzung eine klare Abwendung vom Bedarfsprinzip.

Sollte diese Handhabung den SKOS-Richtlinien entsprechen und die Heimkosten nicht durch die EL gedeckt werden, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Heimbewohnerinnen erst nach Verschuldung Anspruch auf wirtschaftliche Sozialhilfe haben.

Wir danken Ihnen nochmals für die Klärung dieser Punkte und freuen uns auf Ihre Rückmeldung.