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Wohnungsgrösse bei gelebtem Besuchsrecht

Veröffentlicht:
04.05.2022
Kanton:
Nidwalden
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Im Rahmen der WSH betreue ich ein Dossiers eines Mannes, der Vater eines Kindes (Jg. 2016) ist. Das Besuchsrecht ist nicht geregelt (weder via KESB noch Gericht), er bezahlt keine Alimente/ diese werden auch nicht bevorschusst.

Die Kindesmutter und der Kindesvater sprechen die Betreuung des Sohnes ab. Im Schnitt betreut der Vater das Kind an ca. 9-10 Tagen/ Monat. Diese Praxis wird nun seit Dezember 2019 so gelebt und der Vater weist die Betreuungstage schriflich nach. 

Der Klient wohnt bis anhin in einer 1.5 Zimmerwohnung, sprich das Kind hat kein eigenes Zimmer. Gemäss den SKOS RL C.4.2. und C.6.4 sind die Wohnkosten für Eltern mit Besuchsrechten so auszugesalten, dass das Kind ein separates Zimmer zum Schlafen hat. Voraussetzung ist, dass die Besuche tatsächlich stattfinden. Im vorliegenden Fall finden die Besuche zwar statt, sind jedoch nicht geregelt. Gemäss Aussage des Klienten ist die Kindesmutter nicht bereit, eine verbindliche Besuchsrechtsregelung festzulegen.

Ist es aufgrund dieser Ausgangslage im Sinne der SKOS RL legitim, dem Klienten Wohnkosten zu finanzieren, die ein eigenes Zimmer für den Sohn ermöglichen? Oder wäre dies daran gebunden, dass die Besuchsrechtsregelung (und somit auch der Unterhalt des Kindes) verbindlich über die KESB oder das Gericht geregelt wird? Grundsätzlich wäre es ja für die Zukunft des Kindes wünschenswert, wenn der Unterhalt nachhaltig geregelt wird und somit auch die Mutter sich finanziell absichern kann. 

Ich danke Ihnen für Ihre Einschätzung und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Vielen Dank für Ihre Fragen. Ich beantworte diese gerne wie folgt:

Nach Art. 273 des Zivilgesetzbuches (ZGB; SR 210) haben Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.  Nach Abs. 3 von Art. 273 ZGB können der Vater oder die Mutter verlangen, dass ihr Anspruch auf persönlichen Verkehr geregelt wird.

Daraus folgt, dass das Besuchsrecht zwischen Eltern und Kind auch besteht, wenn weder die Kindesschutzbehörde (Art. 275 Abs. 1 ZGB) noch das Gericht (Art. 275 Abs. 2 ZGB) eine Regelung über das Besuchsrecht erlassen haben. 

Auch die SKOS sehen nicht vor, dass das Besuchsrecht von einer Behörde geregelt sein muss (SKOS-RL C.6.4 Abs. 6 und Erläuterungen dazu), damit ein Anspruch auf die Übernahme der Besuchskosten durch die Sozialhilfe entsteht, wenn das besuchsberechtigte Elternteil bedürftig ist. 

Daraus folgt, dass die Kosten - auch die für ein Zimmer des Kindes - für die Ausübung des Besuchsrechts von der das besuchtsberechtigte Elternteil unterstützenden Sozialhilfe als situationsbedingte Leistungen (SIL) zu übernehmen sind, wenn die Besuchstage durch eine Vereinbarung der Eltern und/oder eine Bestätigung des sorge- und oder obhutsberechtigten Elternteils belegt sind. 

Ich hoffe, Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen zu können. 

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach