Guten Tag
Ein Patient, CH, welcher 20 Jahre in den USA gelebt hat, wurde aus gesundheitlichen Gründen mit der Rega in die Schweiz repatriiert und direkt nach Nottwil geflogen. Wegen fehlendem zivilrechtlichem Wohnsitz, wurde er in Nottwil angemeldet (Aufenthalt in der Klinik, Sonderzweck). Aufgrund der hohen Lähmung musste er nach Abschluss der Reha in eine betreute Wohnsituation verlegt werden (innerhalb des Kantons). Somit wieder ein Aufenthalt zum Sonderzweck und kein zivilrechtlicher Wohnsitz oder doch?
Ist die "neue" Gemeinde für eine allfällige wirtschaftliche Unterstützung (WSH) zuständig, auch für die Pflegefinanzierung und Geltendmachung von Ergänzungsleistungen (sofern Anspruch auf IV) oder bleibt Nottwil zuständig?
Wie wäre die Situation, wenn er ausserkantonal hätte platziert werden müssen?
Wer ist im Streitfall zuständig?
Besten Dank für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag Frau Ruf
Gerne beantworte ich Ihre Frage, die das vielschichtige Thema der örtlichen Zuständigkeit betrifft. Vorauszuschicken ist, dass für die Sozialhilfe und die Pflegefinanzierung bzw. die EL unterschiedliche Regelungen gelten.
- Zur Sozialhilfe
In Bezug auf die Zuständigkeit für die Kosten in Nottwil, gilt das Zuständigkeitsgesetz des Bundes (ZUG) und nach dem Wechsel der Einrichtung innerhalb des Kantons Luzern das SHG des Kantons Luzern. Dabei wäre vorweg auszuschliessen, dass die betreffende Person nicht dem Bundesgesetz über Schweizer Personen und Institutionen im Ausland (ASG) unterstellt ist. Für die Unterstellung ist vorausgesetzt, dass der betreffende Patient mit Schweizer Staatsbürgerschaft im Auslandschweizerregister eingetragen ist (Art. 11 Abs. 2 ASG). In diesem Fall gewährt der Bund bedürftigen AuslandschweizerInnen Sozialhilfe. Art. 41 der Verordnung zum ASG (V-ASG) regelt das Verfahren, wenn der/die AuslandschweizerIn in der Schweiz in eine Notlage gerät. In diesem Fall ist die Sozialhilfe vom Aufenthaltskanton zu erbringen. Der Bund vergütet dann die Kosten dem Aufenthaltskanton.
Dafür müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
a. Die unterstützte Person ist eine Auslandschweizerin oder ein Auslandschweizer im Sinne von Artikel 3 Buchstabe a ASG.
b. Die Notlage ist ausgewiesen.
c. Der Aufenthaltskanton hat sich um die Rückerstattung durch die unterstützte Person oder Dritte bemüht und diese Bemühungen sind erfolglos geblieben.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass der Bund die Sozialhilfe nach den Massstäben des ASG vergütet, dabei orientiert er sich an den Lebenshaltungskosten im Empfangsstaates bzw. ausländischen Wohnstaates (Art. 27 ASG).
Bei AuslandschweizerInnen, die in die Schweiz zurückkehren und ihren Lebensmittelpunkt im Ausland aufgeben, ist die Leistungspflicht des Bundes aber anders geregelt: Die Beteiligung des Bundes beschränkt sich bei Rückkehrern auf die Reisekosten in die Schweiz. In diesem Fall ist aber erforderlich, dass der/die AuslandschweizerIn mit den Willen in die Schweiz gereist ist, den Lebensmittelpunkt in die Schweiz zu verlegen (Art. 27 ASG).
Ob es sich bei dem Patienten um einen Rückkehrer handelt, oder ob er nur für die Behandlung in die Schweiz gekommen ist, ist aufgrund Ihrer Ausführungen nicht klar.
Insoweit rate ich Ihnen bzw. dem Sozialdienst, umgehend mit der zuständigen Stelle des Bundes Sektion SAS Kontakt auzunehmen, um zu klären, ob es sich um einen Anwendungsfall des ASG handelt und falls ja, inwieweit der Bund sich daran beteiligt im Sinne der Rückvergütung an den Aufenthaltskanton.
Für Ihre Frage bedeutet dies, dass der Kanton Luzern als Aufenthaltskanton für die Erbringung der Sozialhilfe zuständig ist, wobei dieser die Frage der Rückvergütung umgehend mit dem Bund klären sollte. Innerhalb des Kantons Luzern richtet sich die Zuständigkeit nach dem Luzerner SHG, und zwar nach § 16 SHG LU:
Grundsatz (Abs. 2): Bei fehlendem Unterstützungswohnsitz ist die Gemeinde zuständig, in der sich die hilfebedürftige Person aufhält (Aufenthaltsgemeinde), ausser, sie wurde auf ärztliche oder behördliche Anordnung der Gemeinde zugewiesen, dann gilt diejenige Gemeinde als Aufenthaltsgemeinde, von der aus die Zuweisung erfolgte (Abs. 3). Absatz 4 regelt sodann die Zuständigkeit, wenn die örtliche Zuständigkeit streitig ist.
Wenn die Verlegung in das Pflegeheim auf ärztliche Anordnung erfolgte, dann bleibt Nottwil als Zuweisungsgemeinde zuständig.
Fazit: Für die Sozialhilfe ist die Gemeinde Nottwil zuständig, auch nach der Verlegung in das Pflegeheim ausserhalb der Gemeinde Nottwil. Die Gemeinde soll umgehend mit dem Bund (Sektion SAS) die Unterstützung und Rückvergütung nach ASG klären. Wird die Zuständigkeit bestritten, dann ist jene Gemeinde vorleistungspflichtig, in welcher die hilfebedürftige Person das Gesuch um Unterstützung zuerst gestellt hat (§ 16 Abs. 4 SHG).
Sollte das ASG nicht zur Anwendung gelangen, oder zieht sich der Bund nach einer ersten Anerkennung seiner Leistungspflicht zurück, stehe ich gerne für eine weitere rechtliche Beratung zur Verfügung.
- Pflegefinanzierung und EL
Für die Pflegefinanzierung nach KVG ist entscheidend, dass die betreffende Person zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz begründet hat. Dies ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 5 KVG sowie Art. 1 KVV. Daneben sind nach Art. 1 ff. KVV auch Sonderfälle erfasst, die keinen zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz haben. Diese Regelungen betreffen ausländische Personen, entsandte Arbeitnehmende, Personen im öffentlichen Dienst im Ausland und Personen mit Vorrechten nach internationalem Recht. Für die kantonale Restfinanzierung ist das Luzern Betreuungs- und Pflegegesetz massgebend. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich ebenfalls nach dem zivilrechtlichen Wohnsitz, wobei der Aufenthalt in Pflegeheimen keine neue Zuständigkeit begründen kann (Art. 25a Abs. 5 KVG).
Auch die EL verlangen, dass versicherte Personen zivilrechtlichen Wohnsitz und dazu auch Aufenthalt in der Schweiz haben (Art. 4 Abs. 1 ELG). Auch im Bereich der EL begründet u.a. der Aufenthalt in einem Heim keine neue Zuständigkeit (Art. 21 Abs. 1 ELG).
Fazit: In Ihrem Fall ist mir nicht klar, ob in diesem Repatriierungsfall überhaupt der zivilrechtliche Wohnsitz in die Schweiz verlegt wurde. Aufgrund Ihrer Angaben kann ich dies nicht beantworten. Es müsste sich dann um einen Fall des Rückkehrers handeln, der seinen Wohnsitz in den USA aufgegeben hat. Beim KVG käme auch einer der genannten Sonderfälle in Frage. Dieser Punkt würden die Versicherungen klären wollen. So wäre sicher sinnvoll ein Gesuch zu stellen, insbesondere weil das KVG dies innerhalb von 3 Monaten nach Wohnsitznahme verlangt (Art. 3 Abs. 1 KVG).
Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen für die nächsten Schritte beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder
Grüezi Frau Schnyder
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Folgende ergänzende Fragen:
- Herausgabe Heimatschein?
- Ist die Begründung eines zivilrechtlichen Wohnsitzes überhaupt möglich, wenn nie mehr eine
private Wohnsituation umsetzbar ist?
- Subsidiäre Zuständigkeit der Ergänzungsleistungen. Wer hat Vorleistungspflicht? Dadurch ein
WSH-Antrag notwendig?
- Zuständigkeit Pflegerestkosten?
Vorab ergänzende Infos zur Situation. Die def. Rückkehr in die Schweiz war vor der Erkrankung schon geplant, Beweise wie Hausverkauf, Abmeldung, ev. neuer Arbeitgeber in der Schweiz, sind vorhanden. Repatriierung erfolgte auf eigenen Wunsch, nachdem der Patient ca. 4 Mt. in den USA hospitalisiert war.
Nach der Anmeldung in Nottwil, erfolgte die Anmeldung bei einer Krankenversicherung.
Die Anmeldung als Wochenaufenthalter in der "Institutionsgemeinde" ist nicht möglich, da Nottwil die Herausgabe des Heimatscheins verweigert, resp. von der Abmeldung bei ihnen abhängig macht.
Aufgrund der früher geleisteten Sozialversicherungsbeiträge besteht zukünftig ein Anspruch auf Hilflosenentschädigung, dadurch entsprechend Anspruch auf Ergänzungsleistungen.
Für Ihre Rückmeldung danke ich Ihnen bestens.
Freundliche Grüsse
Cordula Ruf
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag Frau Ruf
Gerne beantworte ich Ihre weiteren Fragen, soweit mir dies möglich ist.
- Herausgabe Heimatschein
Wenn die Gemeinde die Herausgabe verweigert, ist sie in der Pflicht dies rechtlich zu begründen. Ich rate Ihnen, von der Gemeinde die rechtlichen Grundlagen zu verlangen, worauf sie ihre Weigerung stützt. Im Übrigen ist nach meinem Kenntnisstand der Heimatschein durch das elektronische Register (Infostar) abgelöst worden und hat an Bedeutung verloren. Es stellt sich also die Frage, ob die neue Gemeinde überhaupt den Heimatschein benötigt.
- Begründung zivilrechtlicher Wohnsitz
Nach Art. 23 ZGB befindet sich der Wohnsitz einer Person an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz. Dass der Aufenthalt u.a. in einer Pflegeinrichtung keinen Wohnsitz zu begründen vermag, ist eine gesetzliche Vermutung, die widerlegt werden kann. Die Vermutung kann dadurch widerlegt werden, indem nachgewiesen wird, dass der Lebensmittelpunkt in die Einrichtung verlegt wurde und dies freiwillig geschah. Es setzt voraus, dass jemand selbstbestimmt in eine frei gewählte Einrichtung eingetreten ist, und zwar für eine unbeschränkte Dauer. Als selbstbestimmt und frei gilt auch ein Eintritt, wenn die Umstände dies erfordern (z.B. Angewiesensein auf Betreuung). Die Einweisung durch Dritte gegen den Willen der betroffenen Person kann demnach nicht zur Wohnsitzbegründung am Ort der Einrichtung führen. Dasselbe gilt grundsätzlich, wenn die Einweisung durch Dritte im Einverständnis mit dem Unterzubringenden erfolgt. Dieses Verständnis von Art. 23 ZGB hat die Rechtsprechung unter dem alten Art. 26 ZGB entwickelt und ist heute nach wie vor massgebend ist (BGE 137 III 593 E.4.1; 138 V 23 E. 3.12, Sandra Hotz/Christina Schlatter in: Kurzkommentar ZGB, Hrsg. Andrea Büchler, Dominique Jakob, 2. Auflage, Art. 23 Rz. 7).
- D.h. zivilrechtlich ist es möglich, dass jemand auch am Standort der Einrichtung zivilrechtlichen Wohnsitz begründet, vorausgesetzt der Eintritt erfolgt selbstbestimmt in eine frei gewählte Einrichtung und auf unbestimmte Dauer.
- Zuständigkeit Pflegerestkosten
Wie in meiner ersten Antwort dargelegt, kennt das KVG für die Restfinanzierung durch die Kantone eine Sonderregelung der Zuständigkeit bei Eintritt in ein Pflegeheim. Diese Regeln dienen der Ausscheidung der interkantonalen Zuständigkeit. Für die Zuständigkeit innerhalb des Kantons Luzern ist das Betreuungs- und Pflegegesetz massgebend:
§ 6 Betreuungs- und Pflegegesetz (BPG) https://srl.lu.ch/app/de/texts_of_law/867 regelt diese wie folgt:
"Restfinanzierungsbeitrag der Wohnsitzgemeinde
1 Die Gemeinde am Wohnsitz der anspruchsberechtigten Person übernimmt die Kosten der Pflegeleistungen, die nicht von Sozialversicherungen und dem Beitrag der anspruchsberechtigten Person gedeckt sind, im Umfang des Restfinanzierungsbeitrages gemäss den §§ 7 und 8.
2 Der Aufenthalt in einem Pflegeheim begründet keine neue Zuständigkeit für die Restfinanzierung. Hat die anspruchsberechtigte Person ihren Wohnsitz innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem pflegebedingten Eintritt in das Pflegeheim oder dem Entstehen der dauerhaften Pflegebedürftigkeit im Pflegeheim gewechselt, ist diejenige Gemeinde zuständig, in welcher die anspruchsberechtigte Person während dieser Zeit am längsten Wohnsitz hatte. "
Es stellt sich hier die Frage, ob es sich bei der betreuten Wohnsituation um ein Pflegeheim handelt. Zum Begriff der «Pflegeheime» wird in der Botschaft des Bundesrates zu Art. 25a Abs. 5 KVG Folgendes ausgeführt (BBl 2016 3979):
«Mit dem in der Formulierung verwendeten Begriff «Pflegeheime» wird auf einen bestehenden Begriff im KVG abgestellt. Der Begriff Pflegeheim umfasst nach Artikel 39 Absatz 3 KVG Anstalten, Einrichtungen oder ihre Abteilungen, die der Pflege und medizinischen Betreuung sowie der Rehabilitation von Langzeitpatienten und -patientinnen dienen. Die Zulassung der Pflegeheime erfolgt letztlich mittels der kantonalen Pflegeheimplanung.»
Handelt es sich bei der betreuten Wohnsituation um ein Pflegeheim, dann würde meiner Meinung nach gestützt auf § 6 Abs. 2 BPG LU der Wechsel in diese Einrichtung keine neue Zuständigkeit bei der kantonalen Restfinanzierung begründen. Dies würde bedeuten, dass die Gemeinde Nottwil nach wie vor zuständig bleiben würde, wohl auch wenn noch keine Leistungen der Langzeitpflege bezogen wurde. Denn in Nottwil befand sich der zivilrechtliche Wohnsitz, während er sich dort aufhielt, da er zuvor seinen bisherigen Wohnsitz in den USA aufgegeben hat (so Ihre weiteren Informationen) und in der Schweiz noch keinen neuen Lebensmittelpunkt begründen konnte (vgl. Art. 24 ZGB). Es ist aber fraglich, ob solch ein Ergebnis vom Gesetzgeber gewollt sein kann. Denn dadurch würden Gemeinden mit Spital- und Rehaeinrichtungen zusätzlich belastet, und zwar bei Patienten mit zivilrechtlichem Wohnsitz am Aufenthaltsort gemäss Art. 24 ZGB. Es lohnt sich, diese Frage rechtlich näher zu klären, allenfalls mit Hilfe der DISG https://disg.lu.ch/.
- Handelt es bei der Einrichtung in der neuen Gemeinde um ein Pflegeheim, dann wäre innerkantonal wohl weiterhin die Gemeinde Nottwil für die Restfinanzierung zuständig, dies gestützt auf § 6 Abs. 2 BPG LU.
Hinweis:
Handelt es sich nicht um eine Einrichtung, welche unter das BPG fallen würde, würde für die Finanzierung das Luzerner Gesetz über soziale Einrichtungen (SEG) https://srl.lu.ch/app/de/textsoflaw/894 eine Grundlage bieten. Das SEG setzt die Vorgaben des Bundesgesetzes über die Institution zur Förderung der Eingliederung von invaliden Personen (IFEG) um, wonach der Aufenthalt in einer anerkannten Institution (z.B. Wohnheim) soweit von den Kantonen finanziert wird, dass keine invalide Person wegen dieses Aufenthaltes Sozialhilfe benötigt (Art. 7 Abs. 1 IFEG).
- EL und Vorleistungspflicht
Ist der EL-Anspruch noch nicht geklärt ist, fallen die Heimkosten jedoch bereits an, bestünde die Möglichkeit der Vorschusszahlungen. Nach Art. 19 Abs. 4 ATSG können EL-Stellen bzw. Ausgleichskassen Vorschusszahlungen im Bereich EL leisten, sofern der Anspruch auf Leistungen nachgewiesen erscheint und sich deren Ausrichtung verzögert. Das heisst einfach so sind Vorschusszahlungen nicht möglich, es braucht zunächst eine Verzögerung. Wenn also die Verfahrensdauer im zeitlichen Rahmen liegt, besteht kein Raum für Vorschusszahlungen. Die zweite Voraussetzung, dass der Anspruch nachgewiesen erscheinen muss, ist nicht einfach zu erfüllen, da die Rechtsprechung hohe Anforderungen daran geknüpft hat. In Ihrem Fall scheitert dies bereits daran, dass der Patient noch gar nicht über die erforderliche Grundleistung (Hilflosenentschädigung) verfügt.
- Es besteht keine gesetzliche Grundlage für Vorschusszahlungen der EL
Alternative zur EL:
Bei den mangels EL-Anspruch ungedeckten Institutionskosten geht es um die Kosten, die nicht über das KVG und die kantonale Restfinanzierung gedeckt sind, d.h. Franchise, Selbstbehalt sowie der Pflegebeitrag der versicherten Person und darüber hinaus die Hotelleriekosten (allenfalls auch gewisse Betreuungskosten). Vorrangig zur Sozialhilfe wäre eine Finanzierung über das IFEG bzw. das SEG (siehe meinen vorstehenden Hinweis) auszuschliessen. Auch hier könnte das DISG weitere Hilfestellungen bieten.
Geht es um weitere Kosten, die auch unabhängig einer betreuten Wohnsituation entstehen, wie Kosten des alltäglichen Bedarfs (Zigaretten, ÖV usw.), wäre meiner Meinung nach in jedem Fall die Sozialhilfe (überbrückend) zuständig.
- Zuständigkeit der Sozialhilfe
Bleibt (zur Überbrückung) nur noch die Möglichkeit der Sozialhilfe, muss der Patient ein Gesuch um wirtschaftliche Hilfe stellen. Nach Luzerner SHG ist innerkantonal entweder die Gemeinde am Unterstützungswohnsitz (nach den Regeln des ZUG) zuständig oder, wenn kein solcher vorhanden ist, jene am Aufenthaltsort (§ 16 Abs. 1 und 2 SHG LU). Klar scheint mir, wie bereits oben ausgeführt, dass der Patient keinen Unterstützungswohnsitz in Nottwil begründet hat, da es sich in der Reha um eine vorübergehende Situation handelte (diesbezüglich ergibt sich eine Abweichung gegenüber dem zivilrechtlichen Wohnsitz). Er hielt sich nur in der Reha auf. Obschon er nun seinen Aufenthalt in die betreute Wohnsituation verlegt hat, stellt sich dennoch die Frage, ob nicht nach wie vor Nottwil zuständig ist. Denn nach § 16 Abs. 3 SHG LU gilt Folgendes: Ist eine offensichtlich hilfebedürftige Person, insbesondere wegen einer Erkrankung oder eines Unfalls, auf ärztliche oder behördliche Anordnung in eine andere Einwohnergemeinde verbracht worden, gilt diejenige Gemeinde als Aufenthaltsgemeinde, von der aus die Zuweisung erfolgte. Diese Bestimmung ist auf Notfälle zugeschnitten, wo die Aufenthaltsgemeinde mangels eigener z.B. medizinischen Infrastruktur eine hilfebedürftige Person verlegen muss. Ich könnte mir vorstellen, dass der vorliegende Fall ein Grenzfall sein könnte, wo diese Bestimmung nicht zum Tragen kommt, falls die Reha im Auftrag des Patienten eine Anschlussmöglichkeit gesucht hat. Falls § 16 Abs. 3 SHG LU nicht zur Anwendung gelangt, hat der Patient neu Aufenthalt in der neuen Gemeinde. Diese wäre dann als Aufenthaltsgemeinde zuständig für die wirtschaftliche Hilfe (§ 16 Abs. 2 SHG LU). Ob er auch dort einen Unterstützungswohnsitz (§ 16 Abs. 1 SHG LU) begründen könnte, kann im Moment offen gelassen werden, da sich die Zuständigkeit bereits aufgrund seines Aufenthalts ergibt.
- Für die Feststellung, ob Nottwil oder die neue Gemeinde für die wirtschaftliche Hilfe zuständig ist, ist zu entscheiden, ob es sich um einen Fall von § 16 Abs. 3 SHG handelt. Damit relativiere ich mein Fazit in der ersten Antwort, wo ich die Zuständigkeit klar bei Nottwil als Zuweisungsgemeinde festmachte. Falls die Gemeinden in dieser Frage uneins sind, wäre vorläufig jene Gemeinde für die wirtschaftliche Hilfe zuständig, in welcher der Patient zuerst das Unterstützungsgesuch stellt (§ 16 Abs. 4 SHG).
Ich hoffe, Ihnen damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder