Gemäss SKOS und Handbuch des Kantons Schwyz hat unsere Fürsorgebehörde Mietzinsrichtlinien erlassen. Dazu wurde festgehalten, dass von jungen Erwachsenen ohne abgeschlossene Erstausbildung erwartet wird, das sie bei ihren Eltern wohnen, sofern keine unüberbrückbaren Konflikte bestehen. Ist ein vom Familienhaushalt abgelöstes Wohnen gerechtfertigt, haben junge Erwachsene eine günstige Wohngelegenheit in einer Zweck-Wohngemeinschaft zu suchen. Das Führen eines eigenen Haushaltes wird nur in Ausnahmefällen finanziert.
Dies findet aktuell auch Anwendung im Flüchtlingsbereich, d.h. vorläufig aufgenommene Ausländer (Ausweis F) sowie Personen mit Aufenthaltsbewilligungen (Ausweis B + F-Flüchtling). Bei Personen welche sich noch im Integrationsprozess befinden, hat die Fürsorgebehörde für eine eigene Wohnmöglichkeit lediglich die Wohnkosten in einer Zweck-Wohngemeinschaft bewilligt. Bei den meisten Personen bedeutet dies, dass sie bis zu einer allfälligen finanziellen Selbstständigkeit in einer ihnen zugeteilten Asylliegenschaft der Gemeinde wohnen bleiben.
Es stellt sich nun generell die Frage, ob diese Personen, welche sich noch im kantonalen Integrationsprozess befinden, d.h. finanziell noch nicht selbstständig ist, Anrecht darauf haben, sich eine eigene Wohnmöglichkeit zu suchen. Ist die FB verpflichtet, einen maximalen Mietzins für eine eigene Wohnung und/oder Kosten für ein WG-Zimmer festzusetzen resp. zu bewilligen? Oder kann erwartet werden, dass diese Personen bis zu einer allfälligen finanziellen Selbstständigkeit in der Asyl-Unterkunft verbleiben müssten (solange der Platz nicht anderweitig benötigt wird)?
Wie ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Gerne erwarten wir Ihre Nachrichten.
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Kleinert
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage. Damit ich Ihre Fragen korrekt beantworten kann, bin ich Ihnen um folgende Angaben dankbar:
Handelt es sich bei den fraglichen Personen aus dem Flüchtlings- bzw. VA-Bereich auch um junge Erwachsene? Oder geht es auch um Personen ab Alter 25?
Wenn es sich um junge Erwachsene handelt, wohnen diese zusammen mit ihren Eltern in den Asylunterkünften z.B. in einem abgeschlossenen Wohnbereich?
- Damit ich bezüglich der Unterstützungsweise richtig liege, möchte ich mich zu den unterstützten ausländischen Gruppen versichern. Handelt es sich bei Ihrer Frage um folgende 3 Gruppen?
- Flüchtlinge mit Asylgewährung (Bewilligung B)
Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (Ausweis F)
Vorläufig aufgenommene Ausländer und Ausländerinnen (Ausweis F)
Was beinhaltet der kantonale Integrationsprozess? Handelt es sich um Massnahmen (berufliche Massnahmen und Sprachkurse), die mit der Integrationspauschale des Bundes finanziert werden?
Besten Dank für Ihre Antwort.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder
Sehr geehrte Frau Schnyder
Es handelt sich sowohl um junge Erwachsene als auch um Personen über 25 Jahre - aber immer alleinstehende Personen, d.h. nicht im Familienverbund. Diese Personen leben in Wohngemeinschaften in 1er oder 2er Zimmern in gemeindeeigenen Asyl-Liegenschaften.
Gerne bestätige ich ebenfalls die 3 Personengruppen - wie in Ihrer Antwort verfasst.
Kantonaler Integrationsprozess: diese Massnahme beinhaltet Deutschkurse (Caritas, AOZ), allenfalls Brückenangebote (Schule + Praktikum) und Jobcoaching beim Kanton, Gastro-Kurse etc.
Ziel: Arbeitsintegration und somit finanzielle Selbstständigkeit.
Besten Dank für Ihre Antwort.
Freundliche Grüsse
Anna Kleinert
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Kleinert
Besten Dank für Ihre Antwort. Die fraglichen Personengruppen werden nicht gleich unterstützt. Die SKOS nimmt dazu in ihrem Merkblatt «Unterstützung von Person des Asyl- und Flüchtlingsbereichs» Stellung (vgl. https://skos.ch/publikationen/merkblaetter/), worauf ich mich nachfolgend auch abstütze. Danach und nach der Gesetzgebung verhält es sich wie folgt:
a) Flüchtlinge mit Asylgewährung (Bewilligung B)
Diese sind gleich zu unterstützen wie bedürftige Schweizer und Schweizerinnen. Dies ergibt sich aus Art. 23 der Flüchtlingskonvention und Art. 3 Abs. 1 AsylV 2), wobei ihrer besonderen Situation Rechnung zu tragen ist, insbesondere bei der sozialen, beruflichen und kulturellen Integration.
b) Vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (Ausweis F)
Es gilt dasselbe wie für Flüchtlinge mit Asylgewährung (Bewilligung B). Dies ergibt sich aus Art. 86 AIG i.V.m. Art. 82 AsylG und der Flüchtlingskonvention, Art. 23.
c) Vorläufig aufgenommene Ausländer und Ausländerinnen (Ausweis F)
Bei dieser Gruppe wird von Bundesrechts (Art. 86 Abs. 1 AIG) wegen vorgeschrieben, dass sie unter den Ansätzen von der einheimischen Bevölkerung zu unterstützen ist, d.h. keine Gleichstellung wie beiden Gruppen unter a) und b). Ausserdem ist nach Art. 86 Abs. 1 AIG die Unterstützung i.d.R. in Form von Sachleistungen auszurichten. Sie muss jedoch die soziale und berufliche Integration ermöglichen, so dass der Ansatz über der Nothilfe liegen muss.
Währenddem also die Flüchtlinge Anspruch auf ordentliche Sozialhilfe haben, haben Vorläufig aufgenommen Anspruch auf tiefere Sozialhilfe (Asylsozialhilfe) i.d.R. in Form von Sachleistungen. D.h. bei den Flüchtlingen sind Vorgaben, die ein Abweichen von der ordentlichen Unterstützung bedeuten, z.B. Vorgaben Zweckwohngemeinschaft bei Personen, die nicht mehr zu den jungen Erwachsenen zu zählen sind, nur wegen ihres Flüchtlingsstatus unzulässig. Es schliesst aber ein Abweichen aus anderen sachlichen Gründen nicht aus. Denn die SKOS-RL sind - Abweichungen in Gesetz und Verordnung vorbehalten -, in dieser Frage «wegleitend» (§ 4 SHG). Die wegleitende Wirkung der SKOS-RL sorgt für rechtsgleiche Behandlung. D.h. aber auch, dass rechtsungleiche Behandlungen zulässig sind, sofern es im Einzelfall sachliche Gründe gibt. D.h. die Gemeinde kann nicht aufgrund des Flüchtlingsstatus, jedoch aus anderen sachlichen Gründen im Einzelfall eine abweichende Unterstützung beschliessen.
Anders verhält es sich mit den vorläufig Aufgenommenen. Hier ist sogar eine reduzierte Unterstützung Vorgabe. Insoweit ist bei vorläufig Aufgenommenen die aktuelle Praxis aus meiner Sicht nicht zu beanstanden, soweit dies mit einer beruflichen und sozialen Integration vereinbar ist.
Ich hoffe, Ihnen helfen meine Ausführungen in Ihrer Frage weiter.
Freundliche Grüsse
Ruth Schnyder