Sehr geehrte Damen und Herren
Ich bin Beiständin einer Klientin, die im Jahr 2017 ihre IV-Rente (100%) rückwirkend seit Oktober 2010 aufgrund eines BGE vom Frühling 2017 erhalten hatte. Bis die Ausgleichskasse der SVA ZH die konkrete Berechnung der IV-Rente aufgrund des BGE machte, vergingen Monate. Schlussendlich war es Ende August 2017 so weit und gemäss der Verfügung der SVA ZH vom 31.08.2017 sollte die IV-Rente ab September 2017 auf ein von der Sozialhilfe der Wohngemeinde der Klientin angegebenes Konto überwiesen werden. So steht es explizit in der SVA ZH-Verfügung. Die Klientin wurde nämlich über die Jahre hinweg durch die Sozialhilfe unterstützt (das IV-Verfahren dauerte fast sieben Jahre und trotz einer klaren Bejahung des IV-Anspruchs meiner Klientin durch das Sozialversicherungsgericht ZH, zog es die SVA ZH bis vor BG weiter-und hat verloren). Angesichts des Ausgangs des Verfahrens vor BG im Frühling 2017 und nach Rückmeldung der Ausgleichskasse der SVA ZH, dass die Berechnung und Auszahlung ca. im August oder September 2017 erfolgen würden,habe ich meinen ursprünglichen Auftrag (am Anfang war es nur die administrative Vertretung und Begleitung, ohne Finanz. Vertretung, da die Finanzen via SOHI liefen) bei der KESB um die finanzielle Vertretung Ende Juni 2017 erweitern lassen und bereits vor der rechtskräftigen Auftragserweiterung die bei der SVA ZH zuständigen Leute via Mails, Telefonate über den erweiterten Auftrag informiert und sie explizit gebeten (telefonisch und via Mail), die IV-Rente IN KEINEM FALL auf irgendein Konto von der Klientin auszahlen zu lassen. Sie sollten die Auszahlung auf das VON UNS verwaltete Konto bei der ZKB tätigen, ich würde sie über die konkreten Angaben zu diesem Konto informieren, sobald wir die IBAN des Kontos hätten (die ZKB wollte nämlich erst die Rechtskraft des KESB-Entscheides über die Auftragserweiterung abwarten). Sobald der Entscheid rechtskräftig und das Verkehrskonto von uns für die Klientin bei der ZKB errichtet wurde, hatten wir die SVA Mitte August 2017 über die Kontoangaben sowie die Auftragserweiterung informiert. Gleichzeitig liefen zu dieser Zeit Berechnungen der Verrechnungen mit der SOHI und vor diesem Hintergrund störte es mich nicht, dass in der vorerwähnten SVA ZH-Verfügung vom 31.08.2017 die Auszahlung der IV-Rente für die nächsten Monate auf das Konto der SOHI erfolgen sollte. Die SOHI wiederum in Kenntnis, dass ich als Beistand nun ebenfalls mit der SVA ZH im Kontakt stehen würde, ist davon ausgegangen, dass die IV-Rente ab September 2017 auf das von uns angegebene Konto erfolgen würde. Die ZL wurde zu dieser Zeit von uns beantragt, jedoch noch nicht gesprochen (und sind es bis jetzt nicht wegen anderen haarstrebenden Arbeitsweisen noch anderer beteiligten Institutionen…) und somit wurde die Klientin bis Ende 2017 immer noch von der SOHI unterstützt. Schlussendlich habe ich im Austausch mit der SOHI Mitte Dezember 2017 mit Erstaunen festgestellt, dass die Auszahlung der IV-Rente ab Oktober 2017 weder auf das in der SVA ZH-Verfügung bezeichnete Konto der Sozialhilfe noch auf das von uns angegebene Konto erfolgte, SONDERN auf ein EIGENVERWALTETES Konto der Klientin (Von wem die SVA ZH die Kontoangaben hatte, ist für mich bis heute ein Rätsel….Die Klientin hat die Kontoangabe verneint.). Die Klientin hat von diesem IV-Geld auf ihrem Sparkonto niemandem etwas gesagt, hat es ausgegeben für ihre Sachen (Sofa, Möbel etc.) und nebenbei noch die SOHI bezogen. Sie hätte gedacht, dies sei das Geld, das ihr nun endlich in etwas grösserem Betrag gehören würde und dass sie es nun ausgeben könne. Sie ist kognitiv eingeschränkt, obwohl ohne behördliche Einschränkung der HF, und angesichts der ganzen Sache kann man ihr die Bösgläubigkeit eher nicht vorwerfen. Sie musste sich in den letzten Jahren sehr einschränken und aus dem wenig hatte sie noch ihre Eltern unterstützt. Und ich habe ihr noch im Sommer 2017 in Aussicht gestellt, dass sie nach Erhalt der IV- Rente und der ZL etwas mehr Geld zur Verfügung haben werde (aber klar, dies müsste zuerst budgetiert werden).
Auf meinen eingeschriebenen Brief vom 20.12.2017 an die SVA ZH, wo ich die Zustände geschildert hatte und diese als einen Schadensfall/Haftungsfall/Beschwerde bezeichnet hatte, hat nicht nur NIEMAND von der SVA ZH bis Mitte Januar 2018 reagiert, sondern die IV-Rente Januar 2018 wurde ERNEUT durch die SVA ZH auf das "falsche" Konto der Klientin überwiesen und die KL hat mich über dies selber Mitte Januar 2018 informiert. Ich habe dann am gleichen Tag mit der SVA ZH telefoniert und habe den zuständigen Abteilungsleiter verlangt. Dieser meldete sich am nächsten Tag, hat sich entschuldigt und zugegeben, dass die SVA ZH über das von mir angegebene Konto seit Juni 2017 gewusst hätte (es sei so im System eingetragen worden), dass jedoch die zuständige Mitarbeiterin dies jeweisl falsch überwiesen hätte, und dass sie jetzt bei der SVA ZH leider nicht mehr arbeite. Er bot an, die auf das "falsche" Konto ausbezahlte Summe (und zwischenzeitlich durch die KL völlig konsumierte) nochmals auf das "unsere" Konto auszuzahlen und dies dann der Klientin in Rechnung zu stellen. Mit diesem Vorgehen war ich nicht einverstanden, da mir innert eines Jahre bereits 2 Fälle mit ähnlichem Inhalt bekannt wurden, die für die SVA ZH offensichtlich ohne Konsequenzen geblieben waren und ich diese Schlendrian-Arbeit der SVA ZH nicht mehr akzeptieren kann und will. In der Folge erhielt ich am 05.02.2018 zwei Schreiben von der SVA ZH: 1. einen VORBESCHEID, in dem sich die SVA ZH auf mein Einschreiben vom 20.01.2017 bezieht und mir ein "Angebot " macht, indem sie die 4x nochmals ausbezahlte IV-Rente (diesmal auf unser Beistandskonto) der KL in Rechnung stellt (da quasi gestützt auf Art. 25 ATSG der Klientin zu Unrecht ausbezahlt…Interpretation und Begründung der SVA ZH), Total Fr. 6'656,-. Wenn ich bzw. meine KL damit nicht einverstanden sind, können wir innert 30 Tagen einen Einwand bei der SVA ZH erheben; 2. eine VERFÜGUNG: Rentenleistung der IV in welcher die SVA ZH zugibt, dass die IV-Renten (Total Fr. 6'656,-) bis anhin auf das "falsche" Konto der KL ausgerichtet wurden, dass sie nun im nachhinein auf das "korrekte" Konto ausgerichtet werden würden und dass sie ab 1. Februar 2018 ebenfalls auf das "korrekte" Konto der Beiständin erfolgen würden. Gegen diese Verfügung können wir innert 30 Tagen eine Beschwerde beim Sozialversicherungsgericht Zürich erheben…..
Was raten Sie zu tun? Sollte ich die Forderung der SVA ZH gegen meine Klientin akzeptieren? Für mich ist es die Situation nicht verdaulich, wenn die SVA ZH für ihre wiederholt schlechte Arbeit statt ihrer eigenen Mitarbeiter die Klienten bestraft und uns Beiständen und allen anderen einen ENORMEN unnötigen und zusätzlichen Aufwand verursacht, obwohl wir mit Einsatz aller Kräfte früh genug alles richtig aufgegleist hatten und immer um eine transparente und gute Zusammenarbeit bemüht sind. Auch mein Verständnis für Fehler Anderer hat seine Grenzen und insbesondere, wenn die Rückmeldungen zu keiner Besserung der Umstände führen. Vielen Dank für Ihre geschätzte Antwort.
Mit freundlichen Grüssen L. S.
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau S.
Entscheidend für die Beantwortung der Frage ist, ob im vorliegenden Fall eine Verfehlung seitens der Sozialversicherungsanstalt vorliegt, welche auch haftpflichtrechtlich relevant ist und ursächlich war für den "Schaden" der entstanden ist.
Insoweit ist entscheidend, dass seitens der Geschädigten der Schaden belegt werden müsste, aber auch die rechtswidrige Handlung der SVA.
Allfällige Drittfehler, die auch zum Schaden beitrugen (z.B. das zu späte Bemerkung der Fehlzahlung oder auch das Verbrauchen des Geldes durch die Klientin, obwohl sie Drittverpflichtungen kannte) werden je nach Schuldumfang ganz oder teilweise angerechnet, soweit dafür Fahrlässigkeit besteht und seitens der Klientin Urteilsfähigkeit und könnten zu einer Reduktion des Schadenersatzes führen.
Ich schätze diesen Fall so ein aufgrund der vorliegenden Informationen, dass zwar seitens der SVA fehlerhaft gearbeitet wurde, dass aber der entstandene Schaden teilweise auch Drittursachen hatte (Verhalten der Klientin etc.).
Bei der weiteren Fehlbuchung im Januar wiederum entstand wohl, soweit ersichtlich, nur Schaden wegen des administrativen Aufwandes. Das Geld ging aber nicht verloren.
Im Weiteren dürfte ein Rückerstattungsanspruch der SVA bei der Klientin wegen zu Unrecht ausbezahlter Hilfe auf deren Konto wohl erfolgreich sein. Ein Verzicht verlangt gemäss Art. 25 ATSG grosse Härte UND guter Glaube. Und letzterer hat sehr hohe Hürden. Soweit es der Klientin erkennbar war, dass die Mittel auf das falsche Konto ausbezahlt werden, so dürfte der gute Glaube nicht angenommen werden. Im Weiteren wird dabei gemäss Rechtsprechung die mögliche Unterstützung durch die Beiständin angerechnet.
Ich sehe also nur geringe Chancen, dieses Verfahren gegen die SVA zu gewinnen und eine nochmalige Auszahlung der Rente ohne Rückzahlung erwirken zu können.
Sollten Sie es aus Prinzip versuchen wollen so rate ich Ihnen, anwaltschaftlichen Rat in Anspruch zu nehmen zur Vorbereitung der Rechtsschriften.
Zu prüfen ist aber, für die Rückerstattung durch die Klientin eine Stundung zu erwirken.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot