Guten Tag
Mein Klient wurde erstmalig am 27.11.2017 bei der IV angemeldet. Seine damalige Diagnose lautete ADS und depressive Verstimmungen. Das ADS wurde nicht im Kindsalter festgestellt. Mein Klient hat eine abgeschlossene Lehre als Maler EFZ, konnte aber nach der Lehre nicht mehr arbeiten. Mit Schreiben vom 24.06.2019 lehnte die IV den Antrag ab. Laut dem Regional Ärztlichen Dienst liegt kein dauerhafter Gesundheitsschaden mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit in der Tätigkeit als Maler vor.
Seit 2017 arbeitet mein Klient im zweiten Arbeitsmarkt, zu Beginn nahm er an einem AIP teil mit dem Ziel eine Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu erreichen. Das Ziel wurde nicht erreicht, mein Klient fühlte sich zunehmend überfordert und musste vom AIP in einen DAP wechseln. Weiterhin denken die Fachpersonen das ein Eingliederung im Moment nicht möglich ist.
Im Februar 2022 fanden bei meinem Klienten Abklärungen bez. einer Autismus-Spektrum-Störung statt. Die Diagnose wurde nicht bestätigt, es wird erwähnt, dass ein Verdacht auf eine vermeidend-ängstliche Persönlichkeitsstörung besteht. Gewisse Züge von Autismus seien vorhanden, für die Diagnose reiche es jedoch nicht. Auch die Diagnose betreffend der Persönlichkeitsstörung wird nich abschliessend festgehalten.
Der Klient möchte gerne eine erneute Anmeldung bei der IV vornehmen. Die Arbeitsagogik unterstütz dieses Vorgehen sowie auch der Psychologe. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es ohne Diagnose und ohne ärztiche Berichte die eine Verschlechterung seit 2017 aufweisen ausreichen wird. Denken Sie, dass eine erneute Anmeldung bei der IV sinnvoll wäre?
Frage beantwortet am
Daniel Schilliger
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Guten Tag
Gemäss Art. 87 Abs. 3 IVV wird eine Wiederanmeldung (nach einer Ablehnung) von der IV nur geprüft, wenn glaubhaft gemacht wird, dass sich der Grad der Invalidität in einer für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. Bei einer Wiederanmeldung ist also die gleiche Vorgehensweise wie bei einer Revision einer laufenden Leistung (Art. 17 ATSG) zu wählen. Man muss aufzeigen, dass sich seit dem letzten IV-Entscheid der Sachverhalt (z.B. die gesundheitliche, erwerbliche oder möglicherweise auch familiäre Situation) erheblich verändert hat. Erheblich heisst leistungsbeeinflussend.
Die letzte Ablehnung wurde damit begründet, dass kein invalidisierender Gesundheitsschaden vorliegt. Also muss erstens aufgezeigt werden, dass sich seither eine Änderung der gesundheitlichen Situation ergeben hat und diese zweitens die Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit massgeblich beeinträchtigt.
Zwar ist kein Beweis notwendig, "Glaubhaftmachen" genügt. Ein fundierter Arztbericht mit den oben erwähnten Aspekten ist aber unabdingbar. Eine Wiederanmeldung ohne dass eine eindeutige medizinische Diagnose vorliegt, ist chancenlos und führt zu einem Nichteintretensentscheid der IV.
Es lohnt sich also zuerst die medizinische Seite genauer abzuklären. Manchmal hilft es, wenn die ÄrztInnen dazu gut dokumentiert sind über den Verlauf und die Probleme im Zusammenhang mit der beruflichen Eingliederung und im privaten Bereich. Vielleicht hilft eine Nachfrage im ehemaligen Lehrbetrieb über allfällige Schwierigkeiten und Auffälligkeiten, oder ein Gespräch mit Angehörigen? Dazu kann es auch hilfreich sein, allfällige frühere Arztberichte oder z.B. Berichte eines Schulpsychologischen Dienstes zu organisieren, falls vorhanden.
Wenn trotz Abklärungen keine relevante Diagnose mit Auswirkung auf die Arbeits- bzw- Erwerbsfähigkeit gestellt werden kann, ist die IV nicht zuständig.
freundliche Gruss
Daniel Schilliger