Guten Tag Herr Pärli
Ich habe die folgende Situation, wo ich Ihre Einschätzung bräuchte:
Ein MA arbeitet mit einem vertraglich geregelten Pensum von 60% (verteilt auf 3 Arbeitstage). Jetzt ist es so, dass man innerhalb einer Zielvereinbarung mit dem Mitarbeiter Ende 2017 ausgemacht hat, dass er bis Ende Mai 2018 100% arbeitet, mit der Idee, dass er diese zu viel gearbeitete Zeit dann im Sommer 18 kompensiert. Der MA hat seine Jahresplanung etc. dementsprechend angepasst.
Leider kam es im Februar 18 zu einem krankeitsbedingten Arbeitsausfall von mehreren Wochen; der Mitarbeiter hat während dieser Zeit Krankheitstage gemessen an einem 100% Pensum aufgeschrieben. Jetzt ist er durchs HR kontaktiert worden mit dem Hinweis, dass er für die Krankheitsperiode nur die Zeit gemessen an einem 60% Pensum geltend machen könne, nicht aber für 100%.
Wie schätzen Sie die Situation ein? Hat der MA aufgrund der Schilderung Anspruch auf Krankheitstage gerechnet an einem 100% Pensum oder nur 60%?
Bereits jetzt Merci für Ihre Antwort.
Freundliche Grüsse, Andrea Aldous
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Aldous
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Ich gehe davon aus, dass bei Ihrem Klienten ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis vorliegt und folglich für die Frage der Lohnfortzahlungspflicht bei Krankheit Art .324a OR anwendbar ist. Sollte es sich um ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis handeln, müssten die entsprechenden personalrechtlichen Grundlagen konsultiert warden.
Nach Art. 324a Abs. 1 OR besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung (u.a.) bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und zwar auf "den darauf entfallenden Lohn". Damit stellt der Gesetzgeber klar, dass der erkrankte Arbeitnehmer während der Dauer der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit so zu stellen ist, wie wenn er gearbeitet hätte. Für ihren Klienten würde dies nun bedeuteten, dass er während der Krankheitsphase im Februar ff. Anspruch auf 100% Lohn hat, da ja für diese Zeit eine Beschäftigung von 100% vorgesehen war (bei gleichbleibendem Pensum von 60%). Dies würde aber auch bedeuten, dass wenn der Krankheitsschub im Sommer auftreten würde bzw. aufgetreten ware, kein Anspruch auf Lohnersatz nach Art. 324a OR bestehen würde bzw. bestanden hätte, den in fraglicher Zeit hätte ihr Klient ja nicht gearbeitet.
Nach Lehre und Praxis ist es deshalb bei Jahresarbeitszeitmodellen bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit auf Lohnersatz im Umfang des durchschnittlichen Jahrespensum abzustellen. In Ihrem Fall würde das heissen, dass Ihr Klient bei Krankheit im Februar 60% Lohnausfall erhalten würde und bei einem allfälligen Krankheitsschub im Sommer ebenfalls 60%, selbst wenn dannzumal gar nicht gearbeitet worden ware.
Zusammenfassend: Falls im fraglichen Betrieb bei unregelmässigen Pensen bzw. unregelmässiger Verteiligung der Arbeitszeit im Sinne der obigen Ausführungen vorgegangen wird, ist dies zulässig.
Genügen IHnen diese Angaben?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
KUrt pärli