Sehr geehrte Damen und Herren
Ein Klient im Kanton Schwyz hat im rechtlichen Gehör geltend gemacht, dass ihn seine Kinder gemäss Scheidungsurteil besuchen kommen und dass das Besuchsrecht von den Kindern auch ausgeübt wird. Die Fürsorgebehörde gewährte ihm zur Ausübung des Besuchsrechts ein zusätzliches Zimmer .
Aufgrund von Hinweisen wurde zwei Monate später die Kindsmutter über die Ausübung des Besuchsrechts angefragt. Die Kindsmutter bestätigt, dass der Sohn seit ca. einem Jahr bzw. die Tochter seit drei Jahren nie beim Kindsvater übernachtet haben. Wenn überhaupt waren die persönlichen Besuche sehr selten, vielleicht alle paar Monate. Der Kindsvater habe sie zudem aufgefordert, über das nicht gelebte Besuchsrecht nicht zu informieren.
Der Klient bestätigte im rechtlichen Gehör seine Falschaussage. Seine Entschuldigung war, dass es ihm lieb gewesen wäre, dass die Kinder das Besuchsrecht ausgeübt hätten.
Aufgrund der Verletzung der Mitwirkungspflicht (Falschaussage) hat die Fürsorgebehörde eine Kürzung von sechs Monaten verfügt. Zudem erteilte sie die Weisung, dass der Klient in eine Wohnung für eine Person gemäss den geltenden Mietzinsrichtlinie umzieht.
Gegen die Weisung einer kleineren Wohnung hat der Klient fristgerecht Beschwerde eingereicht. Er argumentiert, dass seine Tochter (15 Jahre alt) das Besuchsrecht wieder ausübt. Seine Exfrau und ihr Konkubinatspartner, welcher auch Kinder hat, die an Wochenenden zu Besuch kommen, sind neu in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Die Tochter teilt nun ihr Zimmer zeitweise mit der Tochter des Partners.
Seine Tochter bestätigt schriftlich, dass sie nun zwei Mal im Monat das Besuchsrecht wahrnimmt.
Das Besuchsrecht wurde in der Vergangenheit nicht vorgenommen. Der persönliche Kontakt zwischen dem Vater und dem Kind war selten. Es besteht daher der Verdacht, dass der Vater das Besuchsrecht nur wieder ausüben will, damit er in einer grösseren Wohnung bleiben kann. Die Beweisbarkeit wird jedoch erst in der Zukunft möglich sein.
Die Besuchsrechte werden von den Parteien immer sehr individuell gelebt. Gibt es Erfahrungswerte, wie lange die Besuchsrechte für Kinder gewährt werden sollen?
Vielen Dank für die Beantwortung der Anfage.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Ruth Schnyder
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Morgen Herr Schaller (lieber Philipp)
Gerne beantworte ich Ihre Anfrage zum Besuchsrecht. Das sozialhilferechtlich mitgetragene Besuchsrecht hat seine Grundlage im ZGB. Massgebend ist Art. 273 ZGB:
Art. 2731D. Persönlicher Verkehr / I. Eltern und Kinder / 1. Grundsatz
D. Persönlicher Verkehr
I. Eltern und Kinder
- Grundsatz
1 Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, und das minderjährige Kind haben gegenseitig Anspruch auf angemessenen persönlichen Verkehr.2
2 Die Kindesschutzbehörde kann Eltern, Pflegeeltern oder das Kind ermahnen und ihnen Weisungen erteilen, wenn sich die Ausübung oder Nichtausübung des persönlichen Verkehrs für das Kind nachteilig auswirkt oder wenn eine Ermahnung oder eine Weisung aus anderen Gründen geboten ist.
3 Der Vater oder die Mutter können verlangen, dass ihr Anspruch auf persönlichen Verkehr geregelt wird.
Wie dem Wortlaut zu entnehmen ist, besteht in zeitlicher Hinsicht lediglich eine Beschränkung dahin gehend, dass der Anspruch auf persönlichen Verkehr das minderjährign Kind betrifft. Den persönlichen Kontakt mit volljährigen Kindern regelt Art. 272 ZGB, wobei es sich nicht um einen durchsetzbaren Rechtsanspruch handelt.
Da die Minderjährigkeit mit dem 18. Geburtstag endet (Art. 14 ZGB), besteht der zivilrechtliche Anspruch auf persönlichen Verkehr bis zu diesem Zeitpunkt. Aus sozialhilferechtlicher Sicht kommt es sodann nur noch darauf an, ob der Anspruch gelebt wird. Ist dem so, hat die Sozialhilfe diesen Austausch nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Dazu erwähnen die SKOS-RL, welche gemäss § 4 Abs. 2 SHV in dieser Frage für den Kanton Schwyz wegleitend sind, unter situationsbedingten Leistungen (C.1.3) Folgendes:
Besuchsrecht
Reisekosten und zusätzliche Auslagen wie Mehrkosten für Verpflegung und Miete im Zusammenhang mit der Ausübung des Besuchsrechts oder der Pflege wichtiger verwandtschaftlicher Beziehungen sind zu vergüten.
Dabei fällt auf, dass die SKOS-Richtlinien sich beim Besuchsrecht nicht nur auf die minderjährigen Kinder und den nicht obhutsberechtigten Elternteil beschränken. D.h. es ist durchaus möglich, dass wohl in Einzelfällen auch über das 18. Altersjahr hinaus, situationsbedingt die Ausübung des Besuchsrechts finanziert werden sollte.
Ich hoffe, Ihnen (dir) mit dieser Antwort weiterhelfen zu können.
Ich wünsche dir und deinem Team eine frohe Festtagszeit.
Ruth Schnyder
Liebe Ruth
Herzlichen Dank für deine Antwort.
Ich wünsche dir einen guten Rutsch und ein erfolgreiches 2018.
Philipp Schaller