Sehr geehrte Damen und Herren
Meine Fragen: Darf ein Sozialamt die Integrationszulage von Fr. 100.- unterschreiten?
Muss die Integrationszulage im Krankheitsfall oder während eines Ferienbezuges ausbezahlt werden?
Ausgangslage: Meine Klientin, wohnhaft im Kanton Zürich, arbeitet in einem gemeindeeigenen Integrationsprogramm. Die Integrationszulage wird auf die geleisteten Stunden heruntergebrochen. Die Gemeinde geht von einer durchschnittlichen Arbeitstätigkeit bei einem vollen Arbeitspensum von 174 Stunden aus (21,5 Tage x 8h). Das heisst, bei einer monatlichen Stundenleistung von 14h erhält meine Klientin eine Integrationszulage von Fr. 25.-,. Gemäss SKOS-RL und der Verfügung des Regierungsrates wird von einer IZU mit einer kann Formulierung von Fr. 100.- bis Fr. 300.- gesprochen.
Ist meine Klientin krank, erhält sie keine IZU, obwohl sie eigentlich hätte arbeiten wollen. Das selbe während den Betriebsferien des Programmes oder bei Ferien der Klientin.
Meine Klientin hat ein minderjähriges Kind (Kindergartenalter) und ist alleinerziehend.
Frage beantwortet am
Cathrin Habersaat-Hüsser
Expert*in Sozialhilferecht
Sehr geehrte Frau Ulrich
Gerne gehe ich auf Ihre Fragen ein. Als erstes zur Frage der Höhe der Zulage:
§3b Abs. 3 Sozialhilfegesetz Kanton Zürich (SHG ZH) legt fest, dass bei der Bemessung und Ausgestaltung der Sozialhilfe die Arbeits- und weiteren Gegenleistungen angemessen zu berücksichtigen sind. Eine weitere Präzisierung dazu findet sich aber weder im Gesetz noch in der Verordnung. Wie Sie richtig gesehen haben, haben die SKOS-Richtlinien Präzisierungen im Kapitel C.2 vorgenommen. Dort heisst es, dass mit der Integrationszulage soziale und/oder berufliche überprüfbare Integrationsleistungen von nicht erwerbstätigen Personen finanziell honoriert werden, welche die Chancen auf eine erfolgreiche Integration erhöhen oder erhalten. Die Höhe richtet sich nach den erbrachten Leistungen und deren Bedeutung und beträgt in der Regel zwischen 100 und 300 Franken pro Person und Monat. Die SKOS-RL haben grundsätzlich gemäss §17 Sozialhilfeverordnung Kanton Zürich (SHV ZH) in Zürich Gültigkeit, ausser die Sicherheitsdirektion hat anderslautende Weisungen erlassen oder es liegt eine begründete Abweichung im Einzelfall vor. Bereits aufgrund der SKOS-RL C.2 besteht aufgrund der Formulierung «in der Regel» ein Ermessensspielraum. Die Weisung Sicherheitsdirektion vom 19. November 2015, in Kraft seit 1.1.2016 hält in Ziffer 2 fest, dass „Voraussetzung für die Ausrichtung einer IZU ist, dass die unterstützte Person gemessen an ihren persönlichen Ressourcen eine individuelle Anstrengung unternimmt, um ihre Chancen auf eine erfolgreiche berufliche und/oder soziale Integration zu erhalten oder zu erhöhen. Bei der erbrachten Leistung muss also die berufliche und/oder soziale Integration der unterstützten Person im Vordergrund stehen.» Weiter heisst es: «Die IZU beträgt je nach erbrachter Leistung und deren Bedeutung in der Regel zwischen Fr. 100 und maximal Fr. 300 Franken pro Person und Monat.» Somit bleibt der Ermessensspielraum in Zürich erhalten.
Im Behördenhandbuch Kanton Zürich, 8.2.01 ist festgehalten, dass die Gewährung der Integrationszulage (IZU) im pflichtgemässen Ermessen der Sozialbehörde liegt und verweist dafür wiederum auf die Weisung der Sicherheitsdirektion. In diversen Urteilen des Verwaltungsgerichtes, so Bsp. in VB.2019.00690 E. 5.1 oder VB.2018.00357 E.7.1ff. wird auf den weitgehenden Ermessensspielraum der Sozialbehörde bei der Ausrichtung und Bemessung der IZU verwiesen. Dieser bleibt gewahrt, sofern die Sozialbehörde nicht rechtsfehlerhaft handelt.
Somit lässt sich festhalten, dass der Sozialbehörde ein grosser Ermessenspielraum bei der Bemessung der IZU zukommt. Ich rate Ihnen, bei der Behörde mal nachzufragen, ob sie allenfalls eine Handlungsanweisung oder eine sonstige interne Richtlinie erlassen haben, auf die sie sich bei Ihrer Klientin abstützen. Aber auch wenn keine solche vorhanden ist und gegenüber der Klientin nachvollziehbar begründet werden kann, weswegen ihr die IZU so ausgerichtet wird, erscheint mir das rechtskonform. Dies, da die Behörde ihren Spielraum nutzt, indem sie wahrscheinlich auf den Passus eingehen, dass sich die Höhe nach der erbrachten Leistung richtet. Ich gehe davon aus, dass sie sich bei der Arbeitslosenversicherung bei den 21.7 Tagen bedienen und rechnen das mal 8 Stunden im Tag, das ergibt 173.6, was auf 174 aufgerundet wird. Demnach wären 174h Fr. 300.00 IZU pro Monat. Runtergerechnet auf die 14h Ihrer Klientin ergibt das Fr. 24.15, was eigentlich abgerundet werden könnte. Zumindest wäre das so plausibel für mich und damit rechtlich vertretbar.
In den ab 1.1.2021 geltenden SKOS-RL ist unter C.6.7 Abs. 3 konkreter formuliert, dass die IZU je nach erbrachter Leistung und deren Bedeutung zwischen 100 und 300 Franken pro Person und Monat beträgt. So liesse sich durchaus auslegen, dass die SKOS mindestens ab nächstem Jahr ein Minimum von Fr. 100.00 vorsieht, was viele Gemeinden heute schon so handhaben. Was Sie immer tun können: die IZU der Gemeinde rechtlich überprüfen lassen, indem der Rechtsweg bestritten wird. Argumentiert werden könnte damit, dass einige Gemeinden die Empfehlung der SKOS-RL als Regel verstehen, wovon im Einzelfall eine Ausnahme gemacht werden kann, aber nicht im Regelfall die Ausnahme gemacht wird.
Zur zweiten Frage: Weiterzahlung der IZU während Krankheit oder Ferien
Dazu lässt sich in den Rechtsgrundlagen und auch in der konsultierten Rechtsprechung nichts finden. Im Behördenhandbuch Kanton Zürich, 8.2.01 ist festgehalten, dass die IZU für bereits erbrachte Gegenleistungen, also nachschüssig ausgerichtet wird. Daraus lässt sich schliessen, dass eine Gegenleistung zu erbringen ist, um eine IZU zu erhalten. Somit erscheint mir die Nichtbezahlung der IZU bei Krankheit oder Ferien korrekt, auch wenn die Behörde da wiederum grossen Ermessensspielraum hat.
Viele Sozialdienste gewähren während kurzen Krankheitsabsenzen die IZU weiter, auch während dem Ferienanspruch gemäss OR. Dies liegt aber im Ermessen der Sozialbehörde. Die SKOS hat eine zugegebenermassen recht alte Praxishilfe zu Krankheitsabsenzen erlassen, die für eine grosszügigere Haltung herangezogen werden kann. Diese bezieht sich zwar auf den EFB, ist aus meiner Sicht aber auch auf die IZU anwendbar. Dort ist festgehalten, dass während der Phase der Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf einen EFB erlischt und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit dabei keine Rolle spielt. Es wird aber empfohlen, den EFB erst ab einem Monat Arbeitsunfähigkeit zu streichen, um kurze Krankheitsabsenzen überbrücken zu können. Bezüglich Ferienanspruch liesse sich argumentieren, dass während der rechtlich vorgesehenen Ferien (Art. 329a Abs. 1 OR) der Lohn weiter geschuldet ist (Art. 329d Abs. 1 OR). Anstelle von Lohn erhalten die Klientinnen und Klienten eine IZU für eine soziale/berufliche Integrationsleistung, die sie erbringen und wenn man die Analogien zum OR heranzieht, könnte man durchaus sagen, dass während der rechtlich vorgesehenen Ferienansprüchen auch ein Anspruch auf eine IZU besteht. So liesse sich zumindest plausibel argumentieren.
Fazit auch hier: Ermessensspielraum gibt es grossen und die Sozialbehörde nutzt diesen im Rahmen der rechtlichen Grundlagen, soweit dies aus der Ferne beurteilbar ist. Ich rate Ihnen aber dennoch, mal die erwähnten Argumente anzuführen und zu schauen, was die Behörde damit macht.
Ich hoffe, Ihre Fragen geklärt zu haben, ansonsten ungeniert nochmals melden.
Freundlich grüsst
Cathrin Habersaat