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Werden die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung nach dem 18. Altersjahr von den Ergänzungsleistungen übernommen?

Veröffentlicht:
10.09.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag

EL-Bezüger Kanton Zürich, 26 jährig. Die zuständige EL-Stelle lehnt eine kieferorthopädische Behandlung mit der Begründung "Gemäss den Weisungen des Kantonalen Sozialamtes zum Vollzug der Zusatzleistungen zur AHV/IV, Punkt 2.4.4.3, gilt folgendes: 
«Ob eine einfache, wirtschaftliche und zweckmässige Behandlung sowie Ausführung vorliegt, bestimmt sich nach den Behandlungsempfehlungen sowie der Konkordanzliste für zahntechnische Arbeiten der Vereinigung der Kantonszahnärztinnen und Kantonszahnärzte im Bereich EL sowie den Vorgaben des Kantonszahnärztlichen Dienstes der Gesundheitsdirektion.»
Gestützt auf die Empfehlung der Vereinigung der Kantonszahnärztinnen und Kantonszahnärzte der Schweiz (VKZS) können nur Behandlungen für Minderjährige unter 18 Jahren mit Geldern der öffentlichen Hand unterstützt werden. Unsere Vertrauenskieferorthopädin hat sich darauf gestützt, weshalb mit unserem Schreiben vom 30. Juli 2021 der Kostenvoranschlag leider vollständig abgelehnt werden musste.Wir empfehlen Ihnen, bei der Krankenkasse, IV-Stelle und Pro Infirmis einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen." ab.

Diagnose: Durchbruchsstörunginfolge eines massiven Platzmangels im Unterkiefer und Tiefbiss mit Traumatisierung der palatinalen Gingiva. Kostenpunkt Fr. 10'000.- gemäss Kostenvoranschlag des behandenlnden Kieferorthopäden. 

Gestützt auf die WEL sind Zahnarztkosten welche einfach, wirtschaftlich und zweckmässig von der EL zu übernemen. Ohne eine Zahnbehandlung drohen mittelfristig Entzündungen und Schmerzen sowie parodontale Probleme wie Karies welche zu einem Zahnverlust führen werden.

Deshalb meine Frage ob  die Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung nach dem 18. Altersjahr von den Ergänzungsleistungen übernommen oder muss wirklich ein Zahnverlust/Schmerzen abgewartet werden bis eine Behandlung übernommen wird?

Vielen Dank für Ihre Antwort. 

Frage beantwortet am

Daniel Schilliger

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Frau Ulrich

Gemäss Art. 8 der Zusatzleistungsverordnung (ZLV) des Kantons Zürich werden Kosten für einfache, wirtschaftliche und zweckmässige Zahn­behandlungen vergütet. Die Ausführungsbestimmungen finden sich in den Weisungen des Sozialamtes wie oben zitiert. Im Sozialversicherungsrecht werden oft Listen oder Empfehlungen herangezogen, wenn es sich um eine Vielzahl von Fällen handelt und es um Zusprachen geht, bei denen ein Spezialwissen erforderlich ist (z.B. Hilfsmittelliste oder MiGel). Je nach dem wird direkt in der gesetzlichen Grundlage darauf verwiesen (z.B. Hilfsmittelliste) oder in Weisungen (wie in diesem Fall) oder sie werden von Gerichten im Einzelfall zur Auslegung herangezogen. Die Listen dienen der Rechtsgleichheit und vereinfachen die wiederkehrenden Fragen nach der Verhältnismässigkeit einer bestimmten Leistung.

Der Kanton Baselstadt hat die oben erwähnte Weisung ähnlich direkt in die gesetzliche Grundlage (Art. 8 der Verordnung über die Vergütung von Krankheits- und Behinderungskosten bei den Ergänzungsleistungen) aufgenommen. Das Bundesgericht hat in 9C_576/2013, E. 3.3.3 dazu festgehalten: Die vom Kanton Basel-Stadt getroffene Regelung folgt der früheren Regelung auf Bundesebene und hält sich im Rahmen der Delegationsnorm des Art. 14 Abs. 2 ELG. Das grundsätzliche Abstellen auf die Richtlinien der VKSZ ist ebenfalls nicht zu beanstanden (ERWIN CARIGIET/UWE KOCH, a.a.O., S. 210). Es steht in Einklang mit Bundesrecht, wenn sich die EL-Durchführungsstellen an diese Behandlungsempfehlungen als Richtlinien halten.

Im Kanton Zürich ist der Verweis auf die Empfehlungen nicht in einer gesetzlichen Grundlage zu finden, sondern nur in einer Verwaltungsweisung, die für Gerichte nicht verbindlich sind. Ein Gericht wird sich aber an diesen Empfehlungen orientieren. Das Bundesgericht spricht von einer «Richtlinie» und signalisiert damit, dass eine Abweichung im Einzelfall durchaus möglich ist. Die Abweichung müsste aber sehr gut begründet werden, wozu ein zahnärztliches Gutachten oder zumindest ein sehr gut begründeter Bericht nötig ist. Darin müsste aufgezeigt werden, dass die Kriterien einfach, wirtschaftlich und zweckmässig erfüllt sind.

Die EL hat Alternativen vorgeschlagen, die auch zu prüfen sind.

Freundlicher Gruss

Daniel Schilliger