Geschätzte Herren
Eine ratsuchende Klientin befindet sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, die vertraglich geregelte Kündigungsdauer beträgt sechs Monate. Sie hat ein externes Jobangebot erhalten und prüft nun Optionen für einen früheren Vertragsausstieg? Eine Möglichkeit ist der Aufhebungsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen, dies bedingt dass der Arbeitgeber mit der frühzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden ist und ihm dadurch keine Nachteile entstehen - dies setzt einen Dialog zur Offenlegung des Wunsches voraus. Gibt es weitere rechtliche Möglichkeiten auch gegen den Willen des Arbeitgebers?
Besten Dank für Ihre Unterstützung.
Sozialarbeiterin einer freiwilligen Beratungsstelle
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Wie Sie richtig erwähnen, bedarf ein Aufhebungsvertrag der Zustimmung beider Parteien.
Gegen den Willen des Arbeitgebers kann das Arbeitsverhältnis verlassen werden, wenn Gründe für eine fristlose Arbeitnehmerkündigung vorliegen (Verlust des Vetrauensverhältnisses), siehe Art. 337 OR. Gemäss Ihren Schilderungen liegt nichts dergleichen vor.
Eine Möglichkeit gibt es: Ihr Klient kündigt das Arbeitsverhältnis und verlässt die Arbeitsstelle vor Ablauf der Kündigungsfrist. Diesfalls kommt Art. 337d OR zur Anwendung. Die Bestimmung lautet:
Tritt der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund die Arbeitsstelle nicht an oder verlässt er sie fristlos, so hat der Arbeitgeber Anspruch auf eine Entschädigung, die einem Viertel des Lohnes für einen Monat entspricht; ausserdem hat er Anspruch auf Ersatz weiteren Schadens.
Ist dem Arbeitgeber kein Schaden oder ein geringerer Schaden erwachsen, als der Entschädigung gemäss dem vorstehenden Absatz entspricht, so kann sie der Richter nach seinem Ermessen herabsetzen.
Erlischt der Anspruch auf Entschädigung nicht durch Verrechnung, so ist er durch Klage oder Betreibung innert 30 Tagen seit dem Nichtantritt oder Verlassen der Arbeitsstelle geltend zu machen; andernfalls ist der Anspruch verwirkt.
Ihr Klient würde in einem solchen Fall also mindestens einen Viertel Monatslohn an Entschädigung schulden, der Arbeitgeberin könnte zudem weiteren Schadenersatz fordern. Zudem müsste ihr Klient damit rechnen, dass dieses Verhalten im Arbeitszeugnis erwähnt würde. Alles in allem spricht also vieles dafür, dass Ihr Klient versucht, mit der Arbeitgeberin eine Einigung zu erzielen. In vielen Fällen willigen Arbeitgebende zu einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein, da kündigungswillige Arbietnehmende in aller Regel auch nicht mehr mit der gleichen Motivation arbeiten.
Genügen Ihnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Sehr geehrter Herr Pärli
Besten Dank für die nützliche und ausführliche Antwort. Darf ich Sie bitten meinen Namen zu anonymisieren vor Veröffentlichung des Beitrages - dafür danke ich Ihnen bestens.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag.
Freundliche Grüsse