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Welche KK-Prämienregion bei Heimaufenthalt

Veröffentlicht:
20.02.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Kindes- und Erwachsenenschutz

Ich bin Beiständin von einer Frau, welche zurzeit im Altersheim im Kanton BL lebt. Ihre Schriften sind jedoch in Kanton AG hinterlegt, da sie sich im Kanton BL nicht anmelden kann. Frau X erhält die IPV / EL usw. vom Kanton AG. Die KK-Prämie muss sie von der Prämienregion Kanton BL bezahlen. Das Budget meiner Klientin geht nicht auf, da die KK-Prämien im Kanton BL viel höher sind als im Kanton AG.

Die KK beruht sich auf die Absicht des dauernden Verbleibes. Die KK begründet den Entscheid folgendermassen: „Es gilt grundsätzlich für die Zuteilung der Prämienregion der Ort des Pflegeheimes (Lebensmittelpunkt) und nicht der Ort, wo die versicherte Person seine Schriften hinterlegt hat. Dies unabhängig davon, ob der Kunde die Prämienverbilligungen/Ergänzungsleistungen vom Kanton erhält, in dem er die Schriften hinterlegt hat. Diese Richtlinie wurde aufgrund dem Bundesgerichtsurteil 126V 484 erlassen.“

Ich führe diverse Beistandschaften, welche in einem anderen Kanton im Heim leben. Bei anderen KK war das nie ein Problem.

Wie muss ich nun vorgehen? Was kann ich dagegen unternehmen?

Frage beantwortet am

Karin Anderer

Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz

Grüezi

Die betroffene Person lebt in einem Heim im Kanton BL und ich gehe davon aus, dass für die Ausrichtung der EL der Kanton AG zuständig ist. Hatte die Frau unmittelbar vor ihrem Heimeintritt ihren zivilrechtlichen Wohnsitz im Kanton AG, so bleibt dieser nach Art. 21 Abs. 1 ELG für die Festsetzung und die Auszahlung der Ergänzungsleistungen zuständig (Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL), Stand:1. Januar 2020, N 1310.02, abrufbar auf https://sozialversicherungen.admin.ch/de/d/6930/download).

Nach Art. 61 Abs. 2 KVG richten sich die Krankenversicherungsprämien nach dem Tarif des Wohnorts. Abzustellen ist in diesem Zusammenhang nicht auf den Wohnsitz im Sinne von Art. 23 ff. ZGB, sondern auf den Wohnort als Ort, wo eine Person ständig wohnt, ohne dort notwendigerweise ihren Wohnsitz zu haben, bzw. auf den Aufenthaltsort, an welchem eine Person längere Zeit effektiv lebt und der nach ihrem Willen während einer gewissen Zeit aufrechterhalten bleiben soll (vgl. BGer 9C_312/2016 vom 19. Januar 2017, E.4.2 und BGE 126 V 484, 489, E. 5d.).

Nach Art. 10 Abs. 3 lit. d ELG wird bei der Berechnung der EL ein jährlicher Pauschalbetrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung als Ausgabe anerkannt. Dabei handelt es sich um die Prämie des Kantons bzw. der Prämienregion am Wohnort bzw. Aufenthaltsort der versicherten Person: „Für die EL-Berechnung ist die Prämie des Kantons bzw. der Prämienregion am Wohnort (Aufenthaltsort) der betroffenen Person massgebend“( WEL, N 3240.02 i.V.m. N 3340.01; vgl. BGer 9C_312/2016 vom 19. Januar 2017, E. 6.6.).

Somit ist es korrekt, dass sich die Krankenversicherungsprämie nach dem Tarif des Kantons BL richtet. In der EL-Berechnung ist der jährliche Pauschalbetrag des Kantons BL als anerkannte Ausgabe anzurechnen. Aufgrund dieser Regelungen sollte die in der EL berücksichtigte massgebende kantonale Durchschnittsprämie BL die tatsächliche Krankenversicherungsprämie nahezu decken. Überprüfen Sie die EL-Verfügung.

Hinweis zum registerrechtlichen Wohnsitz: Wenn die Frau aus freien Stücken, das heisst freiwillig und selbstbestimmt und somit urteilsfähig in Bezug auf diese Frage, mit der für Dritte erkennbaren Absicht dauernden Verbleibens zu einem Heimaufenthalt entschliesst und überdies das Heim und den Aufenthaltsort frei wählt, begründet sie dort zivilrechtlichen Wohnsitz (Art. 23 ZGB). Sofern bei einem unter solchen Begleitumständen erfolgenden Heimeintritt der Lebensmittelpunkt in das Heim verlegt wird, wird am Heimort ein neuer Wohnsitz begründet (BSK ZGB I-Staehelin, Art. 23 N 19d; KUKO ZGB-Hotz/Schlatter, Art. 23 N 7). Als freiwillig und selbstbestimmt hat der Heimeintritt auch dann zu gelten, wenn er vom "Zwang der Umstände" (etwa Angewiesenheit auf Betreuung, finanzielle Gründe) diktiert wird (BGE 137 III 593 E. 3.5 und 4.1; BGE 127 V 237, 241: Denn es ist ohne Bedeutung, ob der Willensentschluss unter dem Zwang der Umstände erfolgt).

Für die Anmeldung auf der Gemeinde ist das Bundesgesetz über die Harmonisierung der Einwohnerregister und anderer amtlicher Personenregister (Registerharmonisierungsgesetz, RHG) massgebend. Nach Art. 3 lit. b. RHG wird die Niederlassung in das Einwohnerregister eingetragen, wenn sich eine Person in der auch für Dritte erkennbare Absicht dauernden Verbleibens in einer Gemeinde aufhält, um dort den Mittelpunkt ihres Lebens zu begründen. Das RHG stellt, wie das ZGB, auf die Absicht des dauernden Verbleibens ab.

Wenn Sie der Ansicht sind, dass die Frau im Heim in BL ihren Lebensmittelpunkt begründet hat, kann sie sich dort anmelden. Ggf. muss sie eine anfechtbare Verfügung verlangen.

Ich hoffe die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.

Luzern, 21.2.2020

Karin Anderer