Guten Tag
Eine Klientin in der Sozialberatung gab an, dass sie einen Linkedin Post auf ihrem Privataccount veröffentlichte, bei dem sie ein "selbstreflektierenden Jahresrückblick" preisgab. Darin enthalten waren keine Infos über den Arbeitgeber zu finden, sondern Aussagen über ihrer Lebens-und Arbeitserfahrungen des vergangenen Jahres. Der Arbeitgeber bezichtete sie daraufhin des Whistleblowings und eröffnete ein Verfahren. Die Klientin wurde zu einem Gespräch mit einem Rechtsanwalt eingeladen. Sie wollte in der Sozialberatung wissen, auf welche Fallstricken sie sich bei einem solchen Gespräch vorbereiten müsste.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Datenschutz, Persönlichkeitsschutz und Haftung
Guten Tag, gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Alle Arbeitnehmenden haben eine Treuepflicht. Die berechtigten Arbeitgeberinteressen sind nach Treu und Glauben zu wahren. In vielen Betrieben wird diese Treuepflicht durch den Arbeitsvertrag und/oder das Personalreglement verstärkt.
Teil der Treuepflicht ist das Verbot, sich in der Öffentlichkeit negativ über die Arbeitgeberin zu äussern.
Ein Post auf Linked in erfüllt den Tatbestand der Öffentlichkeit. Linked-In ist unbestrittenermassen ein berufliches Netzwerk.
Fraglich ist nun, ob der Inhalt des Posts die Treuepflicht verletzt oder nicht. Zu beachten ist, dass die Treuepflicht bei Kadern oder besonders exponierten Personen grösser ist. Diese Personen dürfen sich erst recht nicht negativ über ihre Arbeitgeberin in der Öffentlichkeit äussern.
Die Schranken der Treupflicht sind die Persönlichkeitsrechte und die verfassungsrechtlich verankerte Meinungsfreiheit. Diese Rechtsgüter überwiegen aber nur dann, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin allfällige Missstände im Unternehmen erst im Betrieb gemeldet und falls dies nichts gefruchtet hat, sich an eine Behörde gewendet hat. Der Gang an die Öffentlichkeit wäre nur dann keine Verletzung der Treuepflicht, wenn auch die Behörden untätig bleiben würden.
Nun ist im Sachverhalt erwähnt, ihre Klientin hätte sich nicht direkt über die Arbeitgeberin geäussert. Eine Treuepflichtverletzung kann indes schon dann vorliegen, wenn erkennbar wird, um welchen Arbeitgeber es sich handelt.
Sie sehen, die rechtliche Ausgangslage ist für ihre Klientin sehr heikel. Vor diesem Hintergrund empfiehlt sich die Strategie «War keine Absicht», «war mir nicht bewusst, dass erkennbar wurde, dass es sich um die Arbeitgeberin handelt» und «wird nicht mehr vorkommen». Allfällige Probleme am Arbeitsplatz sind zielführenderweise mit Vorgesetzen / HR zu besprechen.
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme & freundlichen Grüssen
Kurt Pärli