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Wechsel Zuständigkeit bei Person ohne Unterstützungswohnsitz

Veröffentlicht:
30.05.2022
Kanton:
Aargau
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Im Jahr 2017 anerkannte der Kantonale SD meine KL als Person ohne Unterstützungswohnsitz und beaufrtagte unsere Gemeinde mit der Fallführung.

Seither hat die KL öfters ihren Wohnort gewechselt - ohne langfristige Lösung, wo sie sich neu anmelden konnte und einen Unterstützungswohnsitz hätte begründen können. Sie hielt sich abwechselnd bei Kollegen und Hotels in der Region auf.

Von Oktober 2021 bis Ende April 2022  haben wir sie aufgrund fehlenden anderen Möglichkeiten in einer Notschlafstelle platziert. Auch die begründete ja keinen neuen Unterst. Wohnsitz.

Nun hält sich die KL seit einem Monat bei einem Freund in einem anderen Kanton auf. Sie könne sich dort nicht anmelden, da die Wohnung zu klein sei und es nur eine Übergangslösung sei, bis sie eine neue eigene Wohnung findet. Die Wohnung möchte sie in unserer Region suchen, da hier auch die Pflegfamilie ihres Sohnes wohnt und sie ihn regelmässig besucht.

Wann sie eine Wohung finden wird, ist schwer abzuschätzen. Ich gehe davon aus, dass dies sehr lange dauern wird.

Meine Frage ist nun, ob die Möglichkeit bestehen würde, dass nun die aktuelle Aufenthaltsgemeinde (im anderen Kanton) die Fallführung übernehmen muss? 

Vielen Dank für Ihre Hilfe.

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Vielen Dank für Ihre Fragen. Ich beantworte diese gerne wie folgt:

Nach Art. 1 Abs. 1 das Zuständigkeitsgesetz (ZUG, SR 851.1) bestimmt das Zuständigkeitsgesetz, welcher Kanton für die Unterstützung einer bedürftigen Person, die sich in der Schweiz aufhält, zuständig ist. Nach Art. 12 Abs. 1 ZUG obliegt die Unterstützung von Schweizer Bürgern dem Wohnkanton (dies gilt grundsätzlich auch für Ausländer, Art. 20 ZUG). Hat der Bedürftige keinen Unterstützungswohnsitz, so wird er vom Aufenthalts­kanton unterstützt (Art. 13 Abs. 2 ZUG, für Ausländer: Art. 21. i.V.m. Art. 13 ZUG).

Vorliegend hat die Klientin nach Einschätzung des kantonalen Sozialdienstes keinen Unterstützungswohnsitz, weshalb der Aufenthaltskanton für die Unterstützung zuständig wäre und damit – wenn allenfalls auch vorübergehend – grundsätzlich der Kanton, in dem sich die Klientin aktuell aufhält (Art. 13 ZUG). Das ist im Moment ein anderer Kanton als der Kanton Aargau, weshalb der Kanton Aargau und damit Ihre Gemeinde zumindest im Moment nicht mehr unterstützungspflichtig wäre.

Man kann sich vorliegend die Frage stellen, ob die Klientin im Kanton Aargau trotzdem einen Unterstützungswohnsitz hat, weil sie seit Jahren im Kanton lebt und grundsätzlich aufgrund des Wohnorts ihres Kindes auch im Kanton Aargau leben möchte. Allerdings gilt als Voraussetzung für die Begründung eines Unterstützungswohnsitzes die tatsächliche Niederlassung in einer Gemeinde mit einer ordentlichen Wohngelegenheit und der Absicht des dauernden Verbleibs (siehe u.a. Merkblatt «Örtliche Zuständigkeit in der Sozialhilfe» der SKOS). Vorliegend verfügte die Klientin im Kanton Aargau seit Jahren nicht über eine ordentliche Wohngelegenheit, weshalb von einem fehlenden Wohnsitz und lediglich von einem Aufenthalt ausgegangen werden darf.

Fazit: Es ist vorliegend grundsätzlich korrekt, wenn aktuell und solange sich die Klientin dort aufhält, die Aufenthaltsgemeinde im anderen Kanton zuständig ist.

Es macht Sinn, wenn nicht nur die Klientin sondern auch die Aufenthaltsgemeinde im anderen Kanton darüber informiert wird, damit diese weiss, dass sie als Aufenthaltsgemeinde vorerst die Unterstützung aufnehmen muss (Art. 13 bzw. Art. 20 Abs. 2 i.V.m. Art. 13 ZUG) und allenfalls ein Verfahren um Zuständigkeit einleiten kann (Richtigstellung nach Art. 28 ZUG oder Unterstützungsanzeige nach Art. 30 ZUG).

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach