Mein Klient arbeitet in einer Festanstellung zu 100%. Er hat einen monatlichen Fixlohn. Der Arbeitgeber bezahlt diesen jedoch jeweils erst zwischen dem 6-10. des Folgemonats. Gem. Art. 323 Abs. 1 OR ist der Lohn jeweils am Monatsende zu bezahlen wenn nichts anderes im AV hinterlegt ist. Gem. dem AV des KL sollte der Lohn jeweils am letzten des Monats ausbezahlt werden ausser der Lohn ist umsatzabhängig. Dann muss er bis am 6. des Monats ausbezahlt werden. Da er jedoch einen Fixlohn erhält nehme ich nicht an,d ass das der Fall ist.
Wie muss mein KL Vorgehen, damit er die rechtzeitige Lohnzahlung beim Arbeitgeber einfordern kann?
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Verträge muss man halten, das gilt auch im Arbeitsverhältnis und ist für die Arbeitgeber verpflichtet. Ihr Klient hat die Möglichkeit, den Arbeitgeber jeweils gleich am letzten Tag des Monats (wenn der Lohn noch nicht eingetroffen ist) mit einer Mahnung in Verzug zu setzen und die umgehende Bezahlung des Lohnes zu fordern. Selbstverständlich sollte vorher mit dem Arbeitgeber ein Gespräch gesucht werden.
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Guten Tag Herr Pärli
Danke für Ihre Antwort. Was sind wichtige Punkte, welche in der Mahnung in Verzug beinhaltet sein müssen?
Und was passiert, falls der Arbeitgendende die Mahnung nicht beachtet?
Danke für Ihre Rückmeldung.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
in der Mahnung muss eine Frist für die Bezahlung des Lohnes gesetzt werden. Wenn der Lohn am letzte Tag des Monats noch nicht auf dem Konto ist, kann die Mahnung z.B. mit einer Zahlungsfrist von 5 Tagen versehen werden. Trifft das Geld noch immer nicht ein, muss eine erneute Mahnung mit einer nochmaligen Frist angesetzt werden. Diese zweite und letzte Mahnung könnte verbunden werden mit dem Hinweis auf Art. 324 OR. Wenn der Lohn wiederholt ausbleibt oder zu spät ausgerichtet wird, hat der Arbeitnehmer das Recht, die Arbeitsleistung zu verweigern und hat dennoch Anspruch auf den Lohn. Aber Vorsicht, eine verzögerte Auszahlung von wenigen Tagen reicht nicht aus, der Lohn müsste länger nicht bezahlt werden.
Ich würde empfehlen, nach dem Gespräch (mit klaren Hinweisen auf die Rechtslage) erst die Mahnung mit Fristansetzung zu versuchen. Die Berufung auf Art .324 OR würde ich erst als ultima ration anwenden.
Bei alledem darf nicht ausser Acht gelassen werden ,dass der Kündigungsschutz in der Schweiz relativ schwach ausgestaltet ist. Würde der ARbeitgeber dem Arbeitnehmer künden, nachdem dieser auf seinem Recht, den Lohn fristgemäss zu erhalten, beharrte, wäre diese Kündigung zwar missbräuchlich im Sinne von Art. 336 OR. Zu beachten ist jedoch, dass auch eine missbräuchliche Kündigung eine gültige Kündigung ist und der Arbeitnehmer höchstens eine Entschädigung von wenigen (in einem Fall wie dem vorliegenden sicher nicht mehr als 2 ) Monatslöhnen vor Gericht erstreiten könnte.
Genügen Ihnen diese erweiterten Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme & freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Guten Tag Herr Pärli
Nochmals eine Nachfrage. Dieses Verfahren funktioniert grundsätzlich nur bei Arbeitgebenden, welche den Lohn sehr spät zahlen. Da bei meinem Klienten der Lohn gem. AV bis am 6 bezahlt werden muss und mein Klient in meistens so um den 10 erhält, geht das nicht.
Kann er trotzdem etwas machen, wenn sich die Situation mehrere Monate hintereinander wiederholt?
Das Problem ist eben, dass er die Rechnungen, insbesondere für die Wohnung zu viel zu spät bezahlen muss und teilweise Mahnkosten oder Bussen (CHF 100 für die Miete wenn sie zu spät gesendet wird) erhoben werden. Das sind erhebliche Mehraufwände für meinen Klienten.
Kann er etwas machen?
Freundliche Grüsse
Adina Nussbaumer
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Sie erwähnen, dass Ihr Klient einen Fixlohn erhält, gemäss Vertrag ist diesfalls der Fälligkeitstermin Ende Monat. Und, auch wenn der Termin 6. des Folgemonats gelten sollte (weil der Lohn doch umsatzabhängig ist), ist die Zahlung des Lohnes am 10. zu spät. Aber es ist natürlich schon so, dass angesichts der so oder so nur relativ kurzen Verspätungsdauer das Mahnverfahren nicht zielführend ist (der Lohn kommt ja, wenn auch ein paar Tage zu spät). Dennoch bleibt es für ihren Klienten ausserordentlich unbefriedigend, den Lohn immer zu spät zu erhalten.
Wenn die (knapp) zu spät Lohnzahlung für den Arbeitnehmer zu einem Schaden führt (Mahngebühren) und wenn dieser Schaden auf eine Vertragsverletzung zurückzuführen ist (zu spät entrichteter Lohn), dann kann dieser Schaden auf dem Wege einer Klage wegen Vertragsverletzung geltend gemacht werden. Der Schaden muss aber kausal mit der Vertragsverletzung zusammenhängen und dieser Kausalzusammenhang muss vom Arbeitnehmer bewiesen werden. Ob sich eine solche Schadenersatzklage lohnt, ist schwierig einzuschätzen. Dem Arbeitgeber gegenüber kann der Schaden als Folge des zu spät entrichteten Lohnes aber sicher einmal erwähnt werden; zusammen mit der eindringlichen Forderung, den Lohn künftig rechtzeitig zu entrichten.
Als weitere Lösung für die finanziellen Probleme ihres Klienten bietet sich allenfalls ein Begehren auf Lohnvorschuss an. Dieses Begehren stützt sich auf Art. 323b Abs. 4 OR. Die Bestimmung lautet:
4 Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer nach Massgabe der geleisteten Arbeit den Vorschuss zu gewähren, dessen der Arbeitnehmer infolge einer Notlage bedarf und den der Arbeitgeber billigerweise zu gewähren vermag.
Ihr Klient könne also gegen Ende Monat schon mal z.B. 2/3tel des Lohnes als Vorschuss vorlangen. Voraussetzung ist aber die Notlage, das müsste der Arbeitnehmer beweisen.
Genügen IHnen diese zusätzlichen Informationen?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
Guten Tag Herr Pärli
Danke für Ihre Rückmeldung. Wie muss im Falle eines Begehrens auf Lohnvorschuss vorgegangen werden und was wird als Notlage angesehen?
Freundliche Grüsse
Adina Nussbaumer
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Das Begehren um Lohnvorschuss müssen sie gegenübet der Arbeitgeberin stellen. Als Notlage gilt gemäss Gerichtspraxis wenn dem Arbeitnehmer ohne Lohnvorschuss die Pfändung droht.Auch eine drohende Kündigung der Wohnung wegen finanziellet Probleme kann allerdings bereits als Notlage ausreichen.
Genügen Ihnen diese Auskünfte ? Mit freundlichen Grüssen, Kurt Pärli
Guten Tag
Wie muss rechtlich korrekt Vorgegangen werden beim Begehren? Welche Unterlagen sind nötig? Welche Informationen müssen im Gesuch enthalten sein?
Freundliche Grüsse
Adina Nussbaumer
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Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Guten Tag
Ich kann Ihnen nur sehr allgemein antworten, da ich keinen Zugang zu den Akten (Vertrag, bisherige Korrespondenz, bisherige Abmachungen usw.) habe. Eine dieseezügliche Unterstützung ist im Rahmen des Forums auch nicht vorgesehen.
In allgemeiner Form kann ich Ihre erneute Frage wie folgt beantworten:
Die rechtliche Grundlage findet sich in Art. 323 Abs. 4 OR:
«Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer nach Massgabe der geleisteten Arbeit den Vorschuss zu gewähren, dessen der Arbeitnehmer infolge einer Notlage bedarf und den der Arbeitgeber billigerweise zu gewähren vermag»
Eine Notlage liegt gemäss Praxis wie erwähnt vor, wenn dem Arbeitnehmer ohne Ausrichtung eines Vorschusses ein Nachteil drohen würde, etwas wenn eine Ausweisung aus der Wohnung, eine Pfändung oder Zwangsvollstreckung oder gar eine Gefängnisstrafe drohen (z.B. wegen Nichtbezahlung von Unterhaltsbeiträgen).
Von der Vorschusspflicht betroffen sind alle Lohnbestandteile, also auch der 13. Monatslohn pro rata temporis, Anteile am Geschäftsergebnis (Art. 322a OR), Provisionen (Art. 322b OR), nicht aber Gratifikationen (Art. 322d OR) und Abgangsentschädigungen (Art. 339b f. OR), denn diese Ansprüche im Zeitpunkt des Vorschussbegehrens noch nicht entstanden sind.
Höhe des Vorschusses: Der Vorschuss bemisst sich einerseits nach dem Wert der bereits geleisteten Arbeit und andrerseits nach dem Betrag, welcher zur Abwendung der Notlage erforderlich ist. Gefordert werden kann also nur ein Vorschuss für bereits erbrachte Leistungen. Das ergibt sich ohne Weiteres aus dem Gesetzestext: «nach Massgabe der geleisteten Arbeit». Am nächsten Fälligkeitstermin wird der Vorschuss vom Lohnguthaben abgezogen. Zu bemekren ist weiter, dass Arbeitgebende nur vorschusspflichtig sind, wenn ihnen eine Zahlung „billigerweise“ zugemutet werden kann, was sich i.d.R. nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit richtet. In aller Regel liegt diese Voraussetzung vor.
Schliesslich ist noch wichtig: Die Bestimmung zur Vorschusspflicht (Art. 323 Abs. 4 OR) ist eine zwingende Norm (siehe Art. 361 Abs. 1 OR). Das bedeutet: die Vorschusspflicht kann weder durch Vereinbarung unter den Parteien, noch durch Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag erweitert oder beschränkt werden. Aber, Arbeitgebende dürfen freiwillig einen höheren Vorschuss zu gewähren, als es das Gesetz vorschreibt.
Soweit die Rechtslage. Wie nun der Antrag an den Arbeitgeber genau formuliert sein muss, kann im Rahmen dieses Forums nicht beantwortet werden, da hierfür genaue Informationen über den Fall vorliegen müssten. Primär würde ich in einer solchen Situation aber ohnehin vorerst mit der Arbeitgeberin das GEspräch suchen und dabei die Vorschussfrage thematisieren und anschliessend, sofern noch erforderlich, das Anliegen mit einem Hinweis auf Art. 323 Abs. 4 OR einen Vorschuss verlangen und dabei auf die ansonsten drohende Notlage hinweisen.
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen - Kurt Pärli