Guten Tag
Situationsbeschrieb:
Für Herrn K. (1963) wurde wurde während der Bezugszeit vom ALV-Taggeld eine IV-Anmeldung gemacht, die Kasse hat weiterhin das volle Taggeld bezahlt. Herr K. wurde Ende Januar 2017 ausgesteuert, da seine Taggelder erschöpft waren. Die Rahmenfrist würde noch bis zum 31.05.2017 laufen.
Während dem Bezug des Arbeitlosentaggeldes wurde eine IV-Anmeldung gemacht. Nun finden wir in diversen Handbüchern folgende Formulierung: "Bis zum Entscheid der IV besteht gemäss Bundesgericht Anspruch auf ein ungekürztes Taggeld der ALV".
Fazit und Frage:
Ich kann nirgendwo eine Formulierung finden, die obengenannten Satz einschränken würde. Trotzdem gehe ich davon aus, dass sämtliche Anspruchsvoraussetzungen (übrige Taggelder/Rahmenfrist) für Arbeitslosentaggeld gegeben sein müssten, damit eine Vorleistungspflicht durch die Arbeitslosenkasse bestehen würde.
Deshalb meine Frage:
Hat Herr K. Anspruch darauf, dass die Arbeitslosenkasse (noch immer, bis zum Entscheid der IV) in Vorleistung geht oder stimmt meine Annahme, dass mit Ausschöpfen der Taggelder/Ablaufen der Rahmenfrist die Vorleistungspflicht der Arbeitslosenkassen erlischst?
Ich danke Ihnen bereits im Voraus herzlichst für die Auskunft!
Mit freundlichen Grüsse, Myriam Keller
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Keller
Die Vorleistungspflicht der ALV gegenüber der IV bezieht sich auf die Frage, ob von der Voraussetzung der Vermittlungsfähigkeit auszugehen ist.
Gemäss Art. 15 AVIG und Art. 15 AVIV gilt, dass bei einem laufenden IV-Verfahren diese Vermittelbarkeit zu vermuten ist, ausser es bestehe eine offensichtliche Vermittlungsunfähigkeit.
Besteht eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 20% ist die Vermittlungsfähigkeit zu vermuten. Vgl. zum Ganzen die AVIG-Praxis Arbeitslosenentschädigung B 252 ff. ; Zu finden unter http://www.treffpunkt-arbeit.ch/dateien/Kreisschreiben/AVIG-PraxisALEJanuar_2017.pdf
Selbstverständlich ist diese Vorleistungspflicht nur relevant, wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen neben der Vermittlungsfähigkeit bestehen. Etwa das Erfüllen der Beitragszeit innerhalb der Rahmenfrist (bzw. ein Tatbestand der Beitragsbefreiung). Auch kann eine Vorleistungspflicht nur bestehen im Umfang der Höchstzahl der Taggelder innerhalb der Rahmenfrist für den Bezug von Arbeitslosenentschädigungen.
Sind die entsprechenden Leistungen ausgeschöpft und besteht insoweit kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung - so fehlten natürlich auch die Voraussetzungen für eine Vorleistung.
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Peter Mösch Payot