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Vorleistungspflicht ALV bei Wohnsitz in D

Veröffentlicht:
03.01.2020
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Herr Mösch Payot

Meine Klientin arbeitet aus gesundheitlichen Gründen noch 40%. Das Krankentaggeld für die restlichen 60% ist mittlerweile ausgeschöpft, der Arbeitsvertrag wurde entsprechend auf 40% angepasst. Die IV-Abklärung wird noch etliche Monate andaueren, Gutachtertermine sind erst für Ende Februar angesetzt.  Kann Sie trotz Wohnsitz in D für die 60% Vorleistung bei der ALV ihres Arbeitskantons beantragen? Falls ja: zur Zeit ist sie für die 40% gesund geschrieben. Bräuchte sie ein neues Arztzeugnis, welches für weitere 20% eine Arbeitsfähigkeit in adaptierter Tätigkeit attestiert (so wie bei Personen, die gänzlich arbeitsunfähig sind), oder ist das bei Teilarbeitsfähigkeit nicht notwendig?

Herzlichen Dank für Ihre Antwort im Voraus!

Freundliche Grüsse

Katrin Schenker

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Schenker

Zunächst: bei einer bestehenden Restarbeitsfähigkeit von 40% kann die Vermittlungsfähigkeit nicht in Frage gestellt werden, weswegen sich diesbezüglich auch nicht die Frage der Restarbeitsfähigkeit von 20% stellt, welche als Voraussetzung gilt, dass bei gleichzeitigem IV-Verfahren die ALV vorleistungspflichtig ist (vgl. Art. 15 Abs. 2 AVIG und Art. 15 Abs. 3 AVIV.

Unabhängig davon gilt aber, dass der Wohnsitz in der Schweiz - unter anderen -  eine eigenständige weitere Anspruchsvoraussetzung für Leistungen der Schweizerischen ALV darstellt (Art. 8 Abs. 1 lit. c und Art. 12 AVIG).

Von einem Wohnsitz in der Schweiz ist im ALV-Recht auszugehen, wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt in der Schweiz besteht (vgl. Bundesgerichtsentscheid C 290/03 vom 6.3.2006).

Bei einem Wohnsitz in Deutschland sind also, auch für Grenzgänger mit Beschäftigung in der Schweiz, Ansprüche im Wohnsitzstaat, also in Deutschland geltend zu machen. Wobei Beschäftigungszeiten in der Schweiz etc. im Rahmen der dortigen Anspruchsklärung angerechnet wird.

Eine einzige Ausnahme besteht für Personen, die dem Rheinschifferabkommen unterstehen, die können sich bei Arbeitslosigkeit sowohl im Sitzstaat der Reederei- wie im Wohsitzstaat anmelden. Vgl. dazu AVIG-Praxis, B 142 (Stand 1.7.2019).

Ich hoffe, das dient Ihnen - Beste Grüsse

Peter Mösch Payot