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Vorgehen gehen eine Senkung der Mietzinsmaxima für möblierte Zimmer?

Veröffentlicht:
07.12.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag, 

Zwei Gemeinden im Katon Luzern haben die maximalen Mietzinsmaxima für möblierte Zimmer (Kriterien: Küche und Dusche gemeinsam mit anderen teilen) deutlich gesenkt. Damit wollen sie auf den Wucher privater Anbieter reagieren. Das Mietzinsmaxima für möblierte Zimmer wurde in einer stadtnahen Gemeinde gar auf Fr. 600.- inkl. Nebenkosten gesenkt. Damit ist aus meiner Sicht kein kostendeckendes qualitativ einwandfreies Angebot mehr möglich.  Die Folge: Die Qualität der Angebote sinkt oder die privaten Anbieter weichen in andere Gemeinden aus. Meiner Ansicht ist diese Praxis stossend.

Der Beschluss wurde von den Sozialvorstehenden der jeweiligen Gemeinden gefasst. Wie kann ich dagegen vorgehen? Fallbezogen kann ich den Rechtsweg nicht beschreiten, da die sozialhilfebeziehenden Klienten gar kein Zimmer mehr zu diesen Preisen finden. Welche Instanz wäre anzugehen? Gibt es im Bereich der Sozialhilfe ein kantonales Aufsichtsorgan?

Was können Sie mir raten?

Besten Dank. 

Frage beantwortet am

Anja Loosli

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Vielen Dank für Ihre Frage. Ich entschuldige mich für die lange Bearbeitungsdauer und beantworte Ihre Frage gerne wie folgt:

Der beste Weg wäre, ein Rechtsmittel gegen einen konkreten Entscheid einzulegen. Das ist vorliegend nicht möglich, wie Sie schreiben, da keine Zimmer zum festgelegten Preis im Angebot seien. Meiner Ansicht nach wäre eine Überprüfung dieser neu eingeführten Praxis aber dennoch im Einzelfall und mittels Rechtsmittel möglich, weil ein Klient/eine Klientin ein entsprechendes Zimmer zum angebotenen und über der Limite liegenden Mietzins mieten und dann gegen den Entscheid der Gemeinde, den Mietzins nicht oder nicht länger als eine gewisse Zeit zu übernehmen, ein Rechtsmittel einlegen könnte. Er oder sie könnte geltend machen, dass diese Wohnkostenlimite für Zimmer nicht den örtlichen Verhältnissen entsprechen würden (siehe § 31 Abs. 1 SHG LU i.V.m. Kapitel C.4 Abs. 2 SKOS-Richtlinien).

Weiter stellt sich die Frage, ob eine abstrakte Normenkontrolle nach Art. 82 Abs. 2 BGG möglich ist. Sie schreiben, dass die Limite durch Beschluss der jeweiligen Sozialvorsteher einer Gemeinde gefasst wurde. Diese Beschlüsse können – ob in allfällige Mietrichtlinien der Gemeinde aufgenommen oder nicht – als Dienstanweisungen an Verwaltungsbehörden gedeutet werden und somit als Verwaltungsverordnungen. Diese sind nur dann anfechtbar sind, wenn sie Aussenwirkung haben, d.h. unmittelbar in die Rechtstellung der Bürger eingreifen, ohne dass gestützt auf sie Verfügungen getroffen werden, deren Anfechtung möglich und den Betroffenen zumutbar ist (BGE 122 I 44, 45). Da vorliegend im konkreten Fall d.h. wenn jemand ein Zimmer über der Mietzinslimite mieten würde, eine Verfügung erlassen würde (keine oder befristete Übernahme des Mietzinses über Grenzwert), ist eine abstrakte Normenkontrolle nach meiner Einschätzung nicht möglich.

Die Voraussetzungen für die von Ihnen erwähnte aufsichtsrechtliche Anzeige finden sich in § 180 VRG. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung ist die Aufsichtsbeschwerde zulässig gegen diesem Gesetz unterstellte Angestellte, Behördenmitglieder und Behörden, ausgenommen Regierungsrat und Kantonsgericht als Gesamtbehörden. Mit der Aufsichtsbeschwerde kann nach Abs. 2 Folgendes gerügt werden:

a. ungebührliche Behandlung in einem Verfahren;

b. unberechtigtes Verweigern oder Verzögerung einer Amtshandlung;

c. ungebührliche Behandlung in einem Anstaltsverhältnis;

d. ungebührliche Behandlung bei Massnahmen der Polizei.

Meiner Ansicht sind die Voraussetzungen für die aufsichtsrechtliche Anzeige durch den Beschluss der Senkung der Mietzinslimite für Zimmer nicht gegeben. Dieses Institut kommt deshalb nicht in Frage.

Es bleibt als letzte Möglichkeit neben dem rechtlichen Vorgehen im Einzelfall die politische Intervention auf Gemeindeebene.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.

Freundliche Grüsse

Anja Loosli Brendebach