Guten Tag
Gerne würde ich folgenden Sachverhalt abklären:
Herr O. bezog einige Monate wirtschaftliche Sozialhilfe, bis man auf den Kontoauszügen entdeckte, dass er Einnahmen von seiner sehr wohlhabenden Frau parallel zu der WSH erhielt. Herr O. wurde daraufhin abgelöst, meldete sich aber regelmässig, weil er wieder WSH beziehen wollte. Man wies Herr O. mehrfach daraufhin, den Unterhalt mit seiner Frau zu klären, sowie im Falle einer Scheidung den Nachehelichen Unterhalt zu klären.
Herr O. hat sich nun wieder gemeldet und ist gemäss seiner Aussage auf Sozialhilfe angewiesen. Er ist mittlerweile seit Januar 24 von seiner Ex-Frau gerichtlich geschieden und erhielt, wie im Scheidungsurteil festgehalten, von Januar 24- März 24 Unterhaltszahlungen von seiner Ex-Frau. Meine Abklärungen beim Bezirksgericht, mit dem Bezirksrichter, der für den Scheidungsfall zuständig war, ergaben, dass Herr O. auf den Nachehelichen Unterhalt verzichtet hat.
Meine Frage wäre nun, inwiefern sich das auf sein Budget auswirken würde. Herr O. hat wissentlich auf geregelte Einnahmen, die weit über dem Existenzminimum der WSH liegen, verzichtet. Würde in seinem Fall der Nothilfeansatz ausbezahlt werden oder müsste man eine Kürzung in Betracht ziehen?
Ich bedanke mich vielmals für Ihre Rückmeldung.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage, die ich gerne folgendermassen beantworte:
Nach § 3 Abs. 2 des Sozialhilfegesetzes des Kantons Luzern (SHG LU) ist finanzielle Unterstützung dann zu gewähren, wenn eine hilfsbedürftige Person nicht in der Lage ist, sich selber zu helfen oder wenn die Hilfe Dritter nicht oder nicht rechtzeitig erhältlich ist. In § 27 SHG LU wird präzisiert, dass bedürftig sei, wer seinen Lebensbedarf und den seiner Familienangehörigen im Sinn des eidgenössischen Zuständigkeitsgesetzes nicht rechtzeitig oder nicht hinreichend mit eigenen Mitteln, durch Arbeit oder mit Leistungen Dritter bestreiten kann.
Gemäss Sachverhalt wurde der heutige Antragsteller von der Sozialhilfe finanziell unterstützt, ist aber – zu einem unbekannten Zeitpunkt – abgelöst worden, weil er verschwiegene Einnahmen von seiner getrenntlebenden Ehefrau hatte. Nun meldet er sich wieder als bedürftig. Er verfügt nicht mehr über die Einnahmen der Ehefrau, weil er im Scheidungsverfahren auf Unterhalt verzichtet hat. Wenn er auch sonst nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, ist er bedürftig und muss grundsätzlich von der Sozialhilfe unterstützt werden.
Es stellt sich nun die Frage, ob vorliegend deshalb eine Ausnahme davon gemacht werden kann, weil der Klient zwischen der Ablösung aufgrund der finanziellen Zuwendungen durch seine heute geschiedene Ehefrau und dem heutigen Zeitpunkt von der Sozialhilfe darauf aufmerksam gemacht wurde, dass er mit seiner Ehefrau den Unterhalt bzw. den nachehelichen Unterhalt klären müsse und er dies nicht getan hat.
In § 30 SHG LU findet sich die Bestimmung, dass die wirtschaftliche Sozialhilfe bei Fehlverhalten eingestellt werden könne. In § 14 As. 3 SHV LU wird präzisierend festgehalten, dass die ganze oder teilweise Einstellung insbesondere dann möglich sei, wenn sich eine hilfebedürftige Person weigere, einen ihr zustehenden, bezifferbaren und durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Ersatzeinkommen geltend zu machen. Aus dieser Formulierung folgt meiner Ansicht nach, dass die unterstützte Person von der Sozialhilfe aufgefordert werden muss, den Rechtsanspruch geltend zu machen und ihr auch die Folgen der Nichtgeltendmachung aufgezeigt worden sein müssen. Nur dann kann die Nichtgeltendmachung eines Rechtsanspruchs als Weigerung angesehen werden. Auch die SKOS sieht in SKOS-RL F.3 dieses Vorgehen vor. In Erläuterung b von SKOS-RL F.3 wird ausdrücklich festgehalten, dass die Sozialhilfe eine schriftliche Auflage machen müsse und die Konsequenzen bei Nichtbefolgung androhen müsse. Sonst könnten die Leistungen nicht eingestellt werden.
Wie gesagt, geht es vorliegend nicht um die Einstellung der Unterstützungsleistungen, weil der ehemalige Klient für eine gewisse Zeit nicht unterstützt wurde (wie lange geht aus dem Sachverhalt nicht hervor). Es erscheint mir deshalb heikel, die Bestimmungen betreffend Einstellung heranzuziehen, um die Aufnahme der Unterstützung abzulehnen. Aber auch bei analoger Anwendung dieser Bestimmung auf den vorliegenden Sachverhalt scheint es für mich sehr fraglich, ob die Voraussetzungen für die Ablehnung der Wiederaufnahme gegeben wären. So ist für mich offen, ob der ehemalige Klient schriftlich aufgefordert wurde, seinen Anspruch gegenüber seiner nun geschiedenen Ehefrau geltend zu machen und ob ihm auch aufgezeigt wurde, was die Konsequenzen wären, wenn er den Anspruch nicht geltend macht. Ich sehe deshalb die Voraussetzungen für die Ablehnung der Wiederaufnahme wegen dem Verzicht auf den nachehelichen Unterhalt eher nicht gegeben.
Sie stellen nun die Frage, ob in diesem Fall die Unterstützungsleistungen gekürzt werden könnten. Abgesehen davon, dass der Klient auf den nachehelichen Unterhalt offenbar während einer Phase verzichtet hat, in der er nicht unterstützt wurde, braucht es als Voraussetzung für die Kürzung der Unterstützung eine vorgängige schriftliche Auflage oder Weisung (§ 29 SHG LU) oder es muss sich um eine ausdrücklich im Gesetz genannte Pflicht handeln (z.B. Auskunftspflicht, § 7 SHG LU). Wenn die Sozialhilfe die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zu keinem Zeitpunkt als Auflage verfügt hat, ist nun keine Kürzung der Unterstützungsleistungen möglich, auch wenn dies nicht befriedigend ist.
Nach der Wiederaufnahme der Unterstützung lässt sich aber die Frage stellen, ob der Klient rechtlich auf seinen Verzicht auf Unterhalt zurück kommen kann und eine nacheheliche Rente wegen veränderten Verhältnissen (Bedürftigkeit) verlangen kann. Dann ist er dazu aufzufordern mit Androhung der entsprechenden Konsequenzen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort helfen zu können.
Freundliche Grüsse