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Verzicht auf Erbschaft

Veröffentlicht:
12.10.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag
Die Mutter von einem Klienten ist verstorben. Erben sind der Ehemann der Verstorbenen und ihre Kinder. Das Ehepaar hatte einen gemeinsamen Sohn, welcher von uns sozialhilferechtlich unterstützt wird. Die Erblasserin hatte noch eine Tochter aus einer anderen Beziehung (Halbschwester von meinem Klient). Mein Klient und dessen Halbschwester haben das Erbe zu Gunsten des Ehemannes bzw. Vater und Stiefvater ausgeschlagen. Das Erbschaftsamt erklärt, dass eine Ausschlagung von beiden Kindern erfolgen musste, damit es nicht eine Querschenkung von der Stieftochter an den Stiefvater gab (Tochter der Erblasserin ist nicht die Tochter vom Ehemann der Erblasserin, sie ist seine Stieftochter). Die Ausschlagung der Erbschaft von meinem Klient kommt jedoch u.E. einem Verzicht gleich. Er hat also zu Gunsten seines Vaters verzichtet. Somit hat mein Klient vermutlich auf Vermögenswerte verzichtet, die seine Existenz zumindest vorübergehend hätte sichern können. Die erbrechtliche Auseinandersetzung wurde nicht gemacht. Da der Ehemann Alleinerbe ist, liegt lediglich ein Inventar vor. Welche sozialhilferechtlichen Konsequenzen hat dies für meinen Klient?
In einem anderen Fall hat eine Klientin einen Erbverzichtsvertrag zu Gunsten des Vaters unterzeichnet. Die Mutter der Klientin war schwer krank. Aus diesem Grund haben die Nachkommen im April 2017 einen Erbverzichtsvertrag zu Gunsten des Vaters unterzeichnet. Dies mit dem Gedanken, dass der Vater im Todesfall seiner Ehefrau nicht die gemeinsame Liegenschaft verkaufen muss. Die Mutter ist im August 2017 verstorben. Da ein Erbverzichtsvertrag unterzeichnet wurde schied meine Klientin bereits vorgängig aus der Erbengemeinschaft aus. Als sie den Erbverzichtsvertrag im April 2017 unterzeichnete war sie bereits von der Sozialhilfe unterstützt. Sie ist auch inskünftig auf Sozialhilfe angewiesen. Hätte sie allerdings nicht auf die Erbschaft verzichtet, hätte das Vermögen für eine gewisse Zeit ihre Existenz gesichert. Welche sozialhilferechtlichen Konsequenzen hat dies für die Klientin?
(gesetzliche Bestimmungen: Kant. Appenzell A. Rh.)

Frage beantwortet am

Anja Loosli Brendebach

Expert*in Sozialhilferecht

Sehr geehrte Frau Abderhalden
Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich beantworte diese gerne folgendermassen:
Nach Lit. A.4.1 der SKOS- Richtlinien (auf welche in Art. 3 der Verordnung zum Sozialhilfegesetz des Kantons Appenzell Ausserrhoden verwiesen wird) sind Leistungen der Sozialhilfe subsidiär zu allen anderen möglichen finanziellen Leistungen. Rechtsansprüche sind deshalb durchzusetzen und jegliche finanzielle Leistungen Dritter erhältlich zu machen. Dies bedeutet auch, dass eine Erbschaft - unter der Voraussetzung, dass sie nicht überschuldet ist - anzunehmen und zu teilen ist. Schlägt eine unterstützte Person während der Unterstützung eine Erbschaft aus bzw. unterzeichnet einen Erbverzichtsvertrag, so verletzt sie diese Pflichten. Diese Pflichtverletzung kann zur Folge haben, dass die Sozialhilfe die Leistungen einstellen darf. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn die Sozialhilfe vorgängig der Ausschlagung bzw. dem Erbverzicht die unterstützte Person ausdrücklich auf ihre Pflichten und die Folgen bei der Verletzung hingewiesen hat. Andernfalls ist lediglich eine Kürzung der Unterstützungsleisten und allenfalls Verwandtenunterstützung zu prüfen.
Ich hoffe, Ihnen damit weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüssen
Anja Loosli Brendebach