Guten Tag
Dem Klienten wurde die Auszahlung der Unfalltaggelder durch den Arbeitgeber verweigert. Als Grund hat der Arbeitgeber "Schuldenausstände seitens Arbeitnehmer" angegeben.
Ist dieses Vorgehen zulässig, selbst wenn der Arbeitnehmer welche "Schulden gegenüber AG" hätte? Es erfolgte keine schriftliche Mitteilung seitens AG im Voraus. Die Unfallscheine hat der AN jeweils abgegeben, war im Zeitpunkt des Unfalles oblig. UVG versichert und ist weiterhin zu 100% AUF.
Besten Dank für die Rückmeldung.
freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Schmidt
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Grundsätzlich darf die Arbeitgeberin Lohnforderungen des ARbeitnehmers mit Forderungen der Arbeitgeberin gegenüber dem Arbeitnehmer verrechnen. Art. 323b OR setzt allerdings eine Schranke. Zulässig ist die Verrechnung nur bis zum Existenzminimum des Arbeitnehmers. In dieses darf nur eingegriffen werden, wenn die Forderung der Arbeitgeberin auf einem Schaden beruht, den der Arbeitnehmer der Arbeitgeberin absichtlich zugeführt hat.
Nun schreiben Sie aber, dasss die Arbeitgeberin Unfalltaggelder nicht ausrichtet. D.h., es liegt ein Unfall vor und der ARbeitnehmer hat gestützt darauf Anspruch auf Leistungen des Unfallversicherers (auf ein Taggeld von 80% des versicherten Lohnes). Hier verhält es sich nun etwas anders. Nach Lehre und Rechtsprechung darf die Arbeitgeberin ihre Forderungen nicht mit Unfallversicherungstaggeldern verrechnen. Begründet wird dieses Rechtslage mit Art. 20 Abs. 2 ATSG, die hier analog Anwendung finde (So Streiff/Rudolph/Von Kaenel, N 5 zu Art. 323b OR mit Verweis auf App.Gerichts BS, in JAR 1993, S. 152).
Das Vorgehen der Arbeitgeberin ist deshalb unzulässig.
Genügen IHnen diese Auskünfte? Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli