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verweigerter Kantonswechsel

Veröffentlicht:
03.07.2019
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Guten Tag

Einer Klientin wurde der Kantonswechsel verweigert. Der Entscheid ist rechtskräftig und die Klientin wird den Kanton NW spätestens per 31.07.2019 verlassen müssen. Die zuständige Gemeinde ist demnach noch bis max. 31.07.2019 für die Ausrichtung der wirtschaftlichen Sozialhilfe (im Rahmen der Nothilfe) zuständig, längstens jedoch, solange sich die Klientin noch im Kanton aufhält.

Die Frau hat per 01.11.2019 Wohnsitz im Kanton NW begründet. Damals war der Kantonswechsel noch nicht genehmigt. Aufgrund der Absicht des dauernden Verbleibs wurde die Klientin per 01.12.2019 (nach dem Übergangsmonat) von der NW Gemeinde regulär mit WSH am Aufenthaltsort unterstützt. Sie hatte bereits zuvor Anspruch auf WSH in einer Zürcher Gemeinde. 

Meine Frage: Ist die Gemeinde im Kanton ZH (von dort, wo die Klientin zugezogen ist) dazu verpflichtet, die von 01.12.2018-31.07.2019 ausgerichtete WSH der NW Gemeinde zurückzuerstatten? Aufgrund welcher Rechtsgrundlagen ist sie dazu verpflichtet/ nicht verpflichtet?

 

Besten Dank und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Cathrin Habersaat-Hüsser

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Tag

Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Sozialhilfe (SHG NW, SR 761.1) besagt, dass die Durchführung der Sozialhilfe jener Politischen Gemeinde obliegt, «in der die hilfesuchende Person den Unterstützungswohnsitz gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG) hat; vorbehalten bleiben Bestimmungen in der eidgenössischen und kantonalen Spezialgesetzgebung.» Der Unterstützungswohnsitz einer volljährigen Person befindet sich dort, wo sie sich mit der Absicht des dauernden Verbleibens auf unbestimmte Zeit aufhält und sich tatsächlich und für Dritte erkennbar niedergelassen hat (vgl. Art. 4 ZUG). Das gilt auch für Ausländerinnen und Ausländer (Art. 20 ZUG).

Im vorliegenden Fall scheint die Wohnsitznahme im Kanton Nidwalden unbestritten. Die Person hat sich mit der Absicht des dauernden Verbleibes niedergelassen; dies stellt den subjektiven Aspekt dar, sich mit der Absicht des dauernden Verbleibens auf unbestimmte Zeit an einem Ort aufhalten zu wollen und zu können. Dafür sprechen vorliegend wichtige Indizien (objektive Aspekte), namentlich die äusseren Umstände des tatsächlichen Aufenthalts, aber auch Indizien wie die Anmeldung und das Bemühen um die ausländerrechtliche Anwesenheitsbewilligung.

Bei einem Wegzug oder Umzug von ausländischen Personen (mit Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, inkl. Flüchtlinge mit Asylgewährung) ausserhalb der EU/EFTA vom Bewilligungskanton (hier: ZH) in einen anderen Kanton, wo sie Wohnsitz nehmen (hier: NW) wird durch den Wegzug und Umzug Wohnsitz im neuen Kanton begründet. Das gilt auch, wenn das Bewilligungsverfahren für den Umzug noch nicht abgeschlossen sein sollte.

Ein Wohnsitz nach Zuständigkeitsgesetz kann eben von einer ausländischen Person auch begründet werden, wenn die ausländerrechtliche Bewilligung für den Umzug (noch) nicht erfolgt ist. (vgl. dazu VB.2001.00112 vom 21. Juni 2001 E. 2e:  «Das Ausländerrecht regelt nur die Auswirkungen des fürsorgerechtlichen Status auf den fremdenrechtlichen, während die Bestimmung der unterstützungsrechtlichen Stellung der Ausländer dem Sozialhilferecht, im interkantonalen Verkehr dem ZUG, vorbehalten bleibt.»

Die Zuständigkeit fällt aber weg, wenn der Kantonswechsel rechtkräftig abgelehnt wird. In diesem Fall kann, vorbehältlich einer Unmöglichkeit der Rückkehr aus medizinischen Gründen, die Rückkehr in den Bewilligungskanton verlangt werden, und es muss nur Notfallhilfe geleistet werden, bis die Rückkehr möglich ist. Verweigert die betroffene Person die Rückkehr, hat sie grundsätzlich keinen Anspruch mehr auf ordentliche Unterstützungsleistungen, vorbehalten bleibt die Notfallunterstützung (Art. 20 Abs. 2 i.V.m. Art. 13 ZUG).

(Siehe zum Ganzen Merkblatt der SKoS zur örtlichen Zuständigkeit (Ziff. 5.5) und das Grundlagenpapier der SKOS zur Unterstützung von Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs.In § 8 der Vollzugsverordnung zum Gesetz über die Sozialhilfe (SHV NW, SR 761.11) steht, dass sich die Bemessung der Sozialhilfe an den Empfehlungen der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien inkl. Der Ergänzungen bis 12/16) orientieren, der Anhang 1 jedoch vorgehe, welcher in diesem Zusammenhang jedoch nicht relevant ist. In den SKOS-Richtlinien findet sich jedoch auch keine konkrete Regelung zum abgelehnten Kantonswechsel.)

Für den von Ihnen geschilderten Sachverhalt heisst dies nun, dass solange die Ablehnung des Kantonswechsels noch nicht rechtskräftig ist (also ein Rechtsmittel ergriffen wurde, die Frist bis zur Rechtskraft noch läuft), ist die Person mit ordentlicher Sozialhilfe im Kanton Nidwalden zu unterstützen.

Sobald die Ablehnung der Kantonswechsel mit Rechtskraft abgelehnt wurde (die Frist für Rechtsmittel ist also abgelaufen) besteht bei einer Person aus einem Drittstaat oder bei einem Flüchtling mit Asylgewährung (aus dem Sachverhalt geht nicht hervor, ob es sich um diese Konstellation handelt) nur noch Anspruch auf Notfallhilfe, solange bis die Rückkehr in den Bewilligungskanton möglich ist, d.h. wohl bis zum festgesetzten Datum (31.7.2019). Danach ist gar keine Leistung mehr geschuldet. Diese Leistungen können Sie auch nicht dem Kanton Zürich verrechnen. Dies ergibt sich aus den obigen Bestimmungen des ZUG.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben geholfen zu haben.

Freundlich grüsst

Cathrin Habersaat