Sehr geehrte Damen und Herren
Wir wurden als KESB mit folgender Frage einer Alters- und Pflegeheimleiterin konfrontiert: Wer kann den Pensions- (Heim-)Vertrag unterschreiben, wenn die Bewohnerin ins Heim via eine FU untergebracht wurde. Die FU erfolgte durch das Kantonsspitals, wir als KESB haben bis anhin keine Mitteilung über diese FU erhalten oder von dieser gewusst. Es stellt sich für uns die Frage, ob bei so einer Unterbringung diese überhaupt durch einen Pensions-Heimvertrag abzusichern bzw. deren Finanzierung sichergestellt werden muss/kann. Falls ja, dann gehen wir davon aus, dass ein Beistand notwendig ist. Wie sehen Sie die Situation?
Vielen Dank für Ihre Antwort und beste Grüsse
L. Sch.
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Sehr geehrte Frau Sch.
Zuständig für die Anordnung einer fürsorgerischen Unterbringung ist die KESB oder eine Ärztin bzw. ein Arzt. Eine ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung fällt spätestens nach sechs Wochen dahin, sofern bis zu diesem Zeitpunkt nicht ein Unterbringungsentscheid der KESB vorliegt (Art. 429 Abs. 2 ZGB und Art. 21 Abs. 1 EG KESR des Kantons Uri).
Art. 430 ZGB schreibt das Verfahren für die ärztliche FU vor. Die betroffene Person ist von der Ärztin oder dem Arzt persönlich zu untersuchen und anzuhören. Der Unterbringungsentscheid enthält u.a auch den Befund, die Gründe und den Zweck der Unterbringung. Ein Exemplar des Unterbringungsentscheids wird der betroffenen Person ausgehändigt; ein weiteres Exemplar wird der Einrichtung bei der Aufnahme der betroffenen Person vorgelegt. Die Ärztin oder der Arzt informiert, sofern möglich, eine der betroffenen Person nahestehende Person schriftlich über die Unterbringung und die Befugnis, das Gericht anzurufen.
Nach Art. 21 Abs. 3 EG ZGB ist im Kanton Uri auch der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Unterbringungsentscheid zuzustellen. Hier ist das offenbar unterblieben. Hinweis zum Qualitätszirkel: Ob eine ärztlich angeordnete FU aus dem Spital in ein Alters- und Pflegeheim sinnvoll ist, oder ob nicht besser der Spitalsozialdienst wertvolle Abklärungen und Weichenstellungen bereits hätte vornehmen können, wäre im Sinne eines „standardisierten Ablaufs“, zu diskutieren. In der Regel sind Alters- und Pflegeheimaufenthalte von längerer Dauer und umfangreiche Abklärungen der sozialen Situation notwendig; das spricht eher für eine FU-Anordnung und Einleitung einer Abklärung durch die KESB.
Die FU ist eine freiheitsbeschränkende Massnahme, konkret eine Freiheitsentziehung und die Rechtsfolge der Unterbringung besteht darin, dass sich die betroffene Person die Einweisung in die Einrichtung gefallen lassen muss (Gassmann/Bridler, FHB Kindes- und Erwachseneschutzrecht, N 9.99). Der Aufenthalt ist deshalb nicht von einem Betreuungsvertrag abhängig, er ist hoheitlich angeordnet.
Da der FU maximal 6 Wochen dauert, kommt die KESB relativ rasch ins Spiel. Es kann aber auch sein, dass sich die FU in einen freiwilligen Aufenthalt ändert, z.B. weil sich die betroffene Person entscheidet, im Alters- und Pflegeheim zu bleiben.
Die Einrichtung kann mit der betroffenen Person einen Betreuungsvertrag abschliessen, der aber, solange der FU andauert, nicht den Aufenthalt zum Gegenstand haben kann, sondern nur die anderen Modalitäten. Mit der Anordnung der FU werden diese Details ja nicht geregelt. Ist die betroffene Person urteilsunfähig, so kann eine vertretungsberechtigte Person (Art. 382 i.V.m. Art. 378 ZGB) diesen Vertragsmodalitäten abschliessen.
18 Abs. 2 EG ZGB des Kantons Uri regelt die Kostentragung für Kindes - und Erwachseneschutzmassnahmen: Können die Kosten für Massnahmen, die die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Einzelfall getroffen hat, nicht von der betroffenen Person bezahlt werden, hat jene Gemeinde den fehlenden Betrag zu bezahlen, die für die wirtschaftliche Sozialhilfe gemäss dem Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe zuständig ist.
Bleibt die Finanzierung unklar, so ist vom Heim eine subsidiäre Kostengutsprache beim unterstützungspflichtigen Gemeinwesen einzuholen. Da Sozialhilfebehörden in der Regel keine rückwirkenden Ausstände bzw. Schulden übernehmen, ist ein Heim gut beraten, anlässlich des Eintrittsmanagements die Heimfinanzierung zügig zu klären.
Fazit:
Wenn die Finanzierung nicht geregelt werden kann, sind die Kosten nach Art. 18 Abs. 2 EG KESR gesichert, das Heim hat aber rechtzeitig eine subsidiäre Kostengutsprache einzuholen.
Ist die Person wahrscheinlich längerfristig nicht in der Lage, sich um ihre Angelegenheiten zu kümmern, sind keine vertretungsberechtigten Personen vorhanden und zeichnet sich jetzt schon ein längerer Aufenthalt im Alters- und Pflegeheim ab, so ist eine Abklärung durch die KESB angezeigt. Die hätte idealerweise schon durch den Spitalsozialdienst vorgespurt werden können.
Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.
Luzern, 9.9.2019
Karin Anderer