Guten Tag
Ich berate zurzeit einen Patienten (in stationärer psychiatrischer Behandlung), welcher sich aufgrund von Krankheit in einer finanziellen Notlage befindet. Folgende Situation:
Seit mehreren Jahren arbeitet der Patient beim selben Arbeitgeber. Anfang 2018 fiel er aufgrund von Schlafschwierigkeiten und dementsprechend grosser Müdigkeit vermehrt aus. Er war in regelmässigem Kontakt mit seinem Hausarzt, welcher ihm auch für einzelne Tage ein Arztzeugnis ausstellte. Zwischendurch arbeitete er immer wieder. Nachdem die Ferien- und Kompensationstage für die Arbeitsausfälle aufgebraucht waren, versuchten Arbeitgeber und Patient gemeinsam eine Lösung zu finden. Diese hatte zufolge, dass der Patient auf einen Arbeitsvertrag im Stundenlohn wechselte und während den letzten sechs Monaten ca. CHF 800 monatlich verdiente. Die Krankentaggeldversicherung, bei welcher die Krankmeldung erst per Klinikeintritt gemacht wurde, berechnet das Krankentaggeld nun auf der Basis des versicherten Verdienstes von CHF 800 (gerundet).
Medizinisch gesehen ist davon auszugehen, dass die Arbeitsausfälle und zunehmende Schlafschwierigkeiten mit der in der Klinik diagnostizierten depressiven Symptomatik zusammenhängen.
- Wäre der Arbeitgeber in diesem Fall in der Pflicht, eine Krankmeldung zu machen? (d.h. vermehrte Arbeitsausfälle durch Krankheit)
- Welche Möglichkeiten gibt es, um rückwirkend eine Krankmeldung zu machen bzw. den Lohn vor Vertragswechsel als versicherten Lohn anzugeben?
Diese Frage gehört möglicherweise in ein anderes Forum: - Was schlagen Sie als weitere Schritte vor, damit der Patient finanziell abgesichert ist? Er ist noch immer bei der Firma angestellt, seit Dezember 2018 und bis auf Weiteres 100% arbeitsunfähig.
Ich danke Ihnen im Voraus um die geschätzte Unterstützung.
Freundliche Grüsse
Jana Schneeberger
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Schneeberger
Gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt: Fraglich ist, ob der seinerzeitige Wechsel des Vertrages gültig ist. Dass ist dann der Fall, wenn die Vertragsänderung erst nach Ablauf der Kündigungsschutzsperrfrist (OR 336c) erfolgt ist. Hat die Arbeitgeberin diese Sperrfrist respektiert, so ist die Vertragsänderung gültig, denn die Arbeitgeberin hätte - nach Ablauf der im konkreten Fall anwendbaren Sperrfrist - das Arbeitsverhältnis auch gültig künden können. Zu prüfen ist indes zusätzlich, ob im Zeitpunkt der Reduktion des Pensums die Arbeitgeberin die Krankentaggeldversicherung informiert hat, dass eine teilweise ARbeitsunfähigkeit weiterhin vorliege. Je nach Art der im fraglichen Betrieb abgeschlossenen Krankentaggeldversicherung hätte ev. die Möglichkeit bestanden, dass Ihre Klientin für den arbeitsunfähigen Teil weiterhin in der Taggeldversicherung verbleiben wäre.
Angesichts der vorliegenden Informationen ist mir nicht möglich, die Frage detaillierter zu beantworten. Sie müssen unbedingt den Arbeitsvertrag,ein allfälliges Reglement des Betriebes (das u.a. die Frage der Lohnfortzahlung bestimmt) sowie die Bedingungen Krankentraggeldversicherung beschaffen (Versicherugnsvertrag, allgemeine und besondere Vertragsbestimmungen). Zu prüfen ist vorab auch noch, ob ein Gesamtarbeitsvertrag die Frage der Lohnfortzahlung regelt. Weiter ist notwendig, dass Sie die genauen Umstände der Reduktion des Pensum in Erfahrung bringen sowie natürlich den neuen Vertrag .Wenn Sie diese Dokumente beschafft haben, können Sie sich gerne mit zusätzlichen Fragen erneut ans Forum wenden. Bereits jetzt müssen Sie mit der Klientin auch die Frage einer IV-Anmeldung thematisieren, soweit dies nicht ohnehin schon geschehen ist. Auch die Bestimmungen der Pensionskasse sind zu beschaffen und ggf. ist die Pensionskasse ebenfalls über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren.
Genügen Ihnen dies Auskünfte vorläufg?
Mit Dank für Ihre Antwort und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli