Nach längerer Beistandschaft gem. Art. 308 ZGB wurde der KM, die im Kanton FR wohnt, die elterliche Sorge entzogen. Der Junge ist schon länger plaziert und lebt seit Jahren bei der Pflegemutter im Kanton AG. Der Junge bezieht eine Kinderrente zur IV Rente, des eben verstorbenen Vaters, der im Kanton AG wohnhaft war. Nun erhält er eine Halbwaisenrente anstelle der Kinderrente IV. Das Pflegegeld wird an die Pflegemutter weitergeleitet.
Als Vormund werden mir nun die Rechnungen für den Versorgerbeitrag zugestellt. Ich bin der Meinung, der Versorgerbeitrag muss durch die Mutter bezahlt werden. Kann sie sich den nicht leisten, müsste sie Unterstützung durch die Sozialhilfe der Wohngemeinde beantragen. Da sie immer mal wieder umzieht, auch zwischen den Kantonen Freiburg und Waadt, habe ich bereits mehrere Gemeinden dirket kontaktiert, da die Kindsmutter sich von sich aus nicht darum kümmert. Ohne Erfolg.
Wie kann ich weiter vorgehen, um den Versorgerbeitrag geltend zu machen'
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Grüezi
In welchem Kanton hat die KESB, die die Vormundschaft führt, ihren Sitz?
Freundliche Grüsse
Karin Anderer
Der Sitz ist im Kanton AG, KESB Baden
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Grüezi
Auch die Mutter ist ihrem Sohn gegenüber unterhaltspflichtig (Art. 276 Abs. 2 ZGB). Ihre Unterhaltspflicht ist, sofern nicht bereits geschehen, zu prüfen und zu vereinbaren, ggf. muss sie auf Unterhalt eingeklagt werden. Die Geltendmachung des Unterhalts gehört zu den Aufgaben einer Vormundsperson (Art. 327c ZGB; m.w.H. zu den konkreten Aufgaben des Vormunds, vgl. BK Affolter-Fringeli/Vogel, Art. 327c ZGB, N 25 ff.).
Der Anspruch des Vater auf die Kinderrente der IV, die ihm der Entlastung seiner Unterhaltspflicht diente, ging mit seinem Tod unter. Nun hat der Sohn einen eigenen (originären) Rentenanspruch auf die Waisenrente der AHV, die ihm zur Deckung seines Unterhalts dient. Dazu kommt der Unterhaltsbeitrag der Mutter. Auch Kinderzulagen sind von der Mutter weiterzuleiten, sofern sie einen Anspruch darauf hat. Zu prüfen sind ggf. weitere Ansprüche, z.B. auf Ergänzungsleistungen, auf eine Waisenrente aus der beruflichen Vorsorge des Vaters und auf Sozialversicherungsleistungen der Mutter, die der Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht dienen.
Der Kindesunterhalt setzt sich insbesondere aus den Kosten von Betreuung, Erziehung, Ausbildung und Kindesschutzmassnahmen zusammen (Art. 276 Abs. 2 ZGB), hier also aus den Platzierungskosten (sofern noch geschuldet und nicht subventioniert), den individuellen Nebenkosten und dem Elternbeitrag. Reichen die Unterhaltsleistungen für die Finanzierung des Kindesunterhalts nicht aus, so hat der Junge Anspruch auf Sozialhilfeleistungen (Art. 11 und 12 BV). Diese sind an seinem Unterstützungswohnsitz geltend zu machen, also auch der ausstehende Elternbeitrag (vgl. Online-Handbuch Soziales des Kantons Aargau, Kapitel 15 Finanzierung von Kindesschutzmassnahmen).
Der Unterstützungswohnsitz des Jungen richtet sich nach § 22 EG ZGB/AG i.V.m. Art. 6 SPG/AG und Art. 7 Abs. 3 lit. a ZUG. Verweigert die zuständige Sozialhilfebehörde einen Entscheid, erheben Sie eine Rechtsverzögerungs- oder Rechtsverweigerungsbeschwerde.
Ich hoffe, die Angaben sind nützlich und ich grüsse Sie freundlich.
Luzern, 21.1.2023
Karin Anderer