Guten Tag
Ich habe eine Frage betr. der Verrechnung von Heimkosten. Und zwar bin ich Beistand einer Jugendlichen (13), die in einem Heim platziert war. Die Platzierung wurde von Seiten des Heims abgebrochen, da sich die Jugendliche nicht an Auflagen gehalten halt. Der offizielle Austritt wurde per 31.12.19 festgehalten. Die Jugendliche war jedoch ab dem 15.12. nicht mehr im Heim und die Mutter räumte ihr Zimmer schliesslich am 20.12. definitiv. Das Heim hat jedoch die Kosten bis am 31.12. an die Gemeinde verrechnet, wovon die Gemeinde den Elternbetrag von CHF 25.-/Nacht an die Erziehungsberechtigten weiterverrechnet. Ist dies rechtens? Die Jugendliche hat den Wohnort im Aargau, das Heim befindet sich in Basel-Stadt und ist IVSE anerkannt.
Besten Dank für eine Rückmeldung
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Karin Anderer
Expert*in Kindes- und Erwachsenenschutz
Sehr geehrter Herr Reinhard
Mangels Sachverhaltskenntnissen kann ich Ihnen die (im Detail komplexe) Frage nicht beantworten. Hier ein paar Anhaltspunkte.
Entweder handelt es sich um eine freiwillige Platzierung und die Mutter oder die Eltern haben mit der Einrichtung den Platzierungsvertrag abgeschlossen oder aber die KESB hat die Platzierung behördlich gestützt auf Art. 310 ZGB angeordnet und war somit Vertragspartner.
Es ist Sache des Heims als kündigende Partei, sich mit der Vertragspartnerin (Mutter oder Eltern oder KESB) über die Kündigung oder sofortige Auflösung des Heimvertrags und den Kündigungsfolgen zu einigen. Möglicherweise sind im Heimvertrag Kündigungsbestimmungen (formale Art der Kündigung samt Kündigungsfolgen) enthalten. Unklar ist, ob der„ offizielle Austritt per 31.12.2019“ von den Parteien vereinbart wurde. Wenn ja, dann haben sich die Parteien auf einen bestimmten Austrittstag geeinigt und das Entgelt ist bis dahin geschuldet. Gibt es keine Kündigungsregelung im Heimvertrag und wurde zwischen den Parteien nichts vereinbart, ist auf die Reglungen des Auftragsrechts zurückzugreifen (Art. 394 ff. OR).
Die vertragliche Ebene zwischen dem Heim und der Mutter (bzw. Eltern) oder der KESB ist von der Kostenübernahmegarantie nach IVSE abzugrenzen.
Das Heim kann nach Art. 24 Abs. 1 IVSE als Verrechnungseinheit den Kalendertag abrechnen, d.h. es werden die Tage vom Eintritts- bis zum Austrittstag in Rechnung gestellt (vgl. dazu Kommentar zur Interkantonalen Vereinbarung für soziale Einrichtungen (IVSE), gültig ab 1.1.2008, abrufbar auf https://ch-sodk.s3.amazonaws.com/media/files/02_15.10.01_Kommentar_zur_IVSE_dt.pdf, Art. 24). Wenn die Parteien den Austritt auf den 31.12.2019 vereinbart haben, so scheint es mir, ohne allerdings über die notwendigen Sachverhaltskenntnisse zu verfügen, nicht abwegig, bis zum Austrittstag die Elternbeiträge (Beiträge der Unterhaltspflichtigen nach Art. 22 IVSE) in Rechnung zu stellen.
Die Mutter soll sich von der IVSE-Verbindungsstelle die Regelung erläutern lassen und nach den gesetzlichen Grundlagen nachfragen. Vielleicht können Sie sie dabei unterstützen.
Ich hoffe, die Antwort hilft Ihnen trotzdem weiter und ich grüsse Sie freundlich.
Luzern, 21.2.2020
Karin Anderer