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Vermögensverzicht EL aufgrund Schenkung an Stiftung

Veröffentlicht:
15.04.2021
Kanton:
Schwyz
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Sehr geschätzte Damen

Eine 85-jährige Klientin ist ein Pflegeheim eingetreten. Da die EL einen Vermögensverzicht von Fr. 425'872.00 bzw., ein anrechenbares Vermögen von Fr. 84'261.00 einrechnet. Besteht ein Unterstützungsanspruch von rund Fr. 44'000.00 pro Jahr.

Das Vermögen nahm gemäss der bevollmächtigten Person aus folgenden Gründen ab:

Die Eheleute waren im Besitz einer StWE-Wohnung. Diese wurde am 1. August 2005 an eine religiöse Stiftung verschenkt (notariell beglaubigte Schenkung ohne Gegenleistung mit Grundbucheintrag). Das Ehepaar konnte in der Folge kostenlos in der Wohnung leben. Die Wohnung wurde im Jahr 2004 mit einem Wert von Fr. 442'112.- versteuert. Bei der Schenkung lag keine Verschuldung vor, da die Wohnung unter anderem mit den Pensionskassengeldern des Ehemanns finanziert wurde.
Die Kosten und der Unterhalt der Wohnung waren gemäss der bevollmächtigten Person für die Eheleute zu hoch, was u.a. der Grund für die Schenkung auslöste. Die Nebenkosten wurden nach der Schenkung von der Stiftung bezahlt (ca. Fr. 5'000.00 /Jahr). Die Attikawohnung wird inzwischen für ca. Fr. 2'000.00 / Monat vermietet.

Weitere Gründe für die Vermögensabnahme:
2009 – 2015: Fr. 26'000.00; Unterstützung der MS-erkrankten Tochter nach dem Kloster-Austritt
2016: Fr. 13'379.-; neues Fahrzeug, Unterstützungen Tochter Fr. 6'000.-
2017: Fr. 53’717.-; Einrichtungsgegenstände Wohnung Fr. 22'000.00; Spenden Fr.12'000.00 Unterstützungen Tochter Fr. 10'500.00
2018 – 2019: Unterstützungen Tochter Fr. 2'000.00 pro Jahr

Nach dem Tod des Ehemannes wurden alle Akten und Belege entsorgt. Neben den Bankkontoauszügen liegt nur noch die notariell beglaubigte Schenkung der Stiftung vor.

Die Klientin hat den Stiftungspräsidenten für sämtliche Angelegenheiten bevollmächtigt. Die bevollmächtigte Person war früher als Treuhänder tätig.

Die Verwandtenunterstützung durch die Tochter ist nicht gegeben.

Von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten, gemäss Antwort sozialinfo.ch 11.08.2020 von Anja Loosli ist nicht auszugehen.

Folgende Fragen stellen sich:
EL:
- die Ausgaben an die EL können nicht mehr belegt werden. Gibt es eine andere Möglichkeit die Ausgaben bestätigen zu lassen?
- da die Stiftung die Nebenkosten bezahlte und diese belegt werden können, hat die EL diese zu berücksichtigen?

Beteiligung der Kosten durch die Stiftung
- besteht die Möglichkeit die Stiftung an den Kosten zu verpflichten? Die Stiftung nimmt immerhin Mietkosten von Fr. 2'000.00 /Monat ein (für eine freiwillige Beteiligung von Fr. 500.00 / Monat zeigt sich die Stiftung offen).

- in der Antwort Sozialinfo.ch vom 21.02.2016 hat Manfred Seiler folgendes mitgeteilt: "Eine andere, aus meiner Sicht eher theoretische Möglichkeit wäre die Prüfung der Sittenwidrigkeit einer Vermögensentäusserung nach Art. 20 OR. Dazu stellen sich jedoch eine Reihe von privatrechtlichen Fragen, die generell vertieft geklärt werden müssten oder die Klärung an Hand eines konkreten Falles." Besteht hier allenfalls die Möglichkeit die Stiftung in die Pflicht zu nehmen?

Vielen Dank für Ihre Antwort

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Lieber Philipp

Gerne beantworte ich deine Anfrage, soweit mir dies in diesem Forum möglich ist, da es sich durchwegs um Fragen ausserhalb des Sozialhilferechts handelt.

  • Fragen zu den EL:

Bis Ende letztes Jahr war lediglich der Tatbestand des Vermögensverzichts massgebend, ab diesem Jahr wird auch berücksichtigt, wenn jemand vor EL-Bezug über seine Verhältnisse lebte (vgl. dazu Art. 11a ELG). Deine Frage betrifft den Vermögensverzicht, der aus der Schenkung der Liegenschaft an die Stiftung resultierte. Von einer Verzichtshandlung wird ausgegangen, wenn ohne Rechtspflicht und äquivalente Gegenleistung Vermögen veräussert wird. Davon geht offenbar die EL in Bezug auf die Liegenschaft aus. Ungünstig ist, dass das Ehepaar die faktische Nutzniessung nicht eintragen liess. Denn wäre dies passiert, sieht die Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL) vor, dass diese (kapitalisiert) vom entäusserten Vermögen in Abzug gebracht wird (Rz. 3532.07 WEL). Wenn aber nachgewiesen werden kann, dass das Paar analog einer Nutzniessung in der Wohnung leben durfte und dies auch so über mehrere Jahre geschah, dann scheint es mir angezeigt, dass die EL diese Tatsache analog der Einräumung einer Nutzniessung berücksichtigt. Dabei könnte der kapitalisierte Mietwert vom Liegenschaftswert in Abzug gebracht werden ohne Wohnkosten, falls die Stiftung belegen könnte, dass sie für diese Kosten aufgekommen ist (vgl. konkretes Beispiel mit einer Nutzniessung Anhang 14.3 der WEL). Ob sich bereits die Rechtsprechung mit dieser Frage in einem ähnlichen Fall auseinandergesetzt hat, kann vorliegend nicht beantwortet werden.

Generell ist anzumerken, dass die EL von einem Vermögensverzicht ausgeht, wenn die Vermögensabnahme nicht belegt werden kann, dabei sehen die WEL in Rz. 3532.09 ff. ebenfalls Ausnahmen bzw. Korrekturen vor. Ob diese im vorliegenden Fall weiterhelfen, muss ich offen lassen.

  • Beteiligung der Stiftung aus den Einnahmen

Ich sehe keine Rechtsgrundlage, die Stiftung zu verpflichten. In Frage käme ein Leberentenvertrag (Art. 516 OR), der jedoch Schriftlichkeit voraussetzt (Art. 517 OR). Ob der zur Diskussion stehende Betrag von Fr. 500 seitens EL als Leistung mit ausgesprochenen Fürsorgecharakter betrachtet und damit nicht angerechnet würde (Art. 11 Abs. 3 lit. c ELG), kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden. Ich verweise dazu auf Rz. 3412.05 WEL. Allenfalls wäre es auch ein Betrag, der vom veräusserten Wert in Abzug gebracht werden könnte - analog der Nutzniessung (siehe oben).

  • Sittenwidrigkeit der Vermögensveräusserung

Das ist aus meiner Sicht eine schwierige Frage, zumal vorgängig noch die Frage der Verjährung beantwortet werden müsste, da der Verkauf bzw. Kauf der Liegenschaft schon 15 Jahre her ist. Die Sittenwidrigkeit könnte darin erblickt werden, dass die Stiftung etwa das besondere Vertrauensverhältnis zu den Ehegatten ausgenutzt hat, um die Liegenschaft geschenkt zu erhalten. Dieser Beweis zu führen, scheint mir doch sehr schwierig, zumal du selber schreibst, dass die Ehegatten die Liegenschaft verkauft hätten, weil sie die laufenden Kosten nicht mehr bestreiten konnten, die Stiftung im Gegenzug dafür aufgekommen sei.

Ich hoffe, dir damit deine Fragen zumindest ansatzweise beantwortet zu haben.

Herzliche Grüsse

Ruth