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Vermögensreduktionen über Fr. 10'000.- ab Jahr 2002 belegen Ergänzungsleistungen (ZH)

Veröffentlicht:
04.04.2018
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag Herr Mösch
Wir haben für unsere Klientin von der Durchführungsstelle für Zusatzleistungen der zuständigen Gemeinde die Aufforderung erhalten Vermögensreduktionen über Fr. 10'000.- für folgende Jahre zu begründen (unter anderem mit Belegen/Rechnungen etc.):
2002
2005
2007
2008
2010
2011
2016
Falls diese Reduktionen nicht belegt werden können, sei ein Vermögensverzicht über einige Fr. 10'000.- einzurechnen.
Wohlbemerkt hat diese Klientin bereits viele Revisionen hinter sich gebracht, ohne dass solche Abklärungen getätigt wurden seitens der zuständigen Durchführungsstelle. Mir wurde mitgeteilt, dass dies dazumal versäumt wurde.
Darf die Durchführungsstelle dies rechtlich gesehen verlangen und in wie weit ist hierbei die Verjährung der Aufbewahrungspflicht solcher Belege der Klientin relevant?
Besten Dank im Voraus.
Freundliche Grüsse
Andrea Blumer

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrter Frau Blumer

  1. Materiellrechtlich gilt, dass für den Anspruch auf Ergänzungsleistungen, dass Einkünfte und Vermögenswerte (bzw. deren anrechenbarer Verzerr), auf die verzichtet worden ist, angerechnet werden kann (Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG).
  2. Ein Verzicht im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. g ELG ist gegeben, wenn die versicherte Person ohne rechtliche Verpflichtung oder ohne adäquate Gegenleistung auf Vermögen verzichtet hat, wenn sie einen Rechtsanspruch auf bestimmte Einkünfte und Vermögenswerte hat, davon aber faktisch nicht Gebrauch macht bzw. ihre Rechte nicht durchsetzt, oder aus von ihr zu verantwortenden Gründen von der Ausübung einer möglichen und zumutbaren Erwerbstätigkeit absieht (Urteil 9C_586/2017 vom 05.12.2017; BGE 140 V 267 E. 2.2 S. 270; BGE 131 V 329 E. 4.4).
  3. Das Vorliegen dieser Frage ist eine Beweisfrage. Belegt die EL-berechtigte Person nicht, dass ein Vermögensverbrauch vorlag (bzw. eine Hingabe gegen eine adäquate Gegenleistung), so kann sie sich nicht auf den vorhandenen Vermögensstand berufen, sondern muss sich einen Vermögensverzicht entgegenhalten lassen (BGE 121 V 206). Es genügt dabei nicht, dass die rentenberechtigte Person den Vermögensverbrauch nur glaubhaft machen kann.
  4. Die hier aufgeworfene Frage, ob ein solcher Vermögensverzicht auch nach mehreren Fallrevisionen noch geltend gemacht werden kann, wurde direkt - soweit ersichtlich - vom Bundesgericht noch nicht explizit beantwortet. Aufgrund allgemeiner Rechtsgrundsätze ist aber davon auszugehen, dass mehrere Fallrevisionen, die in der Vergangenheit stattgefunden haben, nichts daran ändern, dass die EL zumindest für die Zukunft den jeweiligen Anspruch auf EL neu prüfen kann. Da die Frage des anrechenbaren Vermögens auch für den zukünftige Anspruch von Relevanz ist, dürfte es wohl nicht unzulässig sein, die Frage nach Vermögen, bzw. nach Verzichtsvermögen in der Vergangenheit, unabhängig von früheren Beurteilungen neu zu prüfen. Es ist zu raten, dass soweit als möglich gegenüber der EL alle Indizien dargetan werden, die für einen entsprechenden Vermögensverbrauch sprechen. Inkl. allfällige schriftlich einzureichende Aussagen von Dritten.
  5. Da - und vor allem wenn - im Fall aber eventuell auch Rückerstattungsforderung für bereits erfolgte EL-Leistungen erfolgen sollten, so kann aber das Prinzip von Treu und Glauben hier eine besondere Bedeutung erhalten (vgl. dazu Art. 53 Abs. 2 ATSG).
    Ich hoffe, das dient Ihnen.
    Peter Mösch Payot