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Vermögender Ehemann in Thailand

Veröffentlicht:
10.12.2021
Kanton:
Glarus
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialhilferecht

Sehr geehrte Damen und Herren

Eine Sozialhilfeklientin, welche in diesem Jahr wegen gesundheitlichen Problemen aus Thailand in die Schweiz zurückgekehrt ist, hat die Sozialen Dienste darüber informiert, dass ihr Ehemann, welche weiterhin in Thailand lebt, über Vermögen in der Höhe von fast CHF 200'000.00 verfügt. Die entsprechenen Bankauszüge liegen vor. Das Ehepaar ist im Jahre 2019 mit Hilfe einer Erbschaft von über CHF 300'000.00, welche die Klientin erhalten hat, ausgewandert. Aufgrund Unerfahrenheit hat sie den ganzen Betrag auf das Konto ihres Ehemanns überwiesen, welcher seither alleine über das Geld verfügt. Es stellen sich aus Sicht der Sozialhilfe nun folgende Fragen:

- Wie können die Sozialen Dienste den in Thailand wohnhaften Ehemann zur Finanzierung des Lebensunterhaltes seiner Frau verpflichten? Welche Möglichkeiten gibt es hierzu?

- Wie soll sich die Klientin nun verhalten, damit sie das, was noch an Geld übrig ist, vom Ehemann holen kann und welche strafrechtlichen Möglichkeiten bestehen in einem solchen Fall? 

Besten Dank für Ihre Antwort und freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Ruth Schnyder

Expert*in Sozialhilferecht

Guten Abend

Besten Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte, soweit dies mir im Rahmen dieses Forums möglich ist. Entschuldigen Sie bitte die arbeitsbedingt verzögerte Antwort.

So wie Sie die Situation schildern, liegt kein Rechtstitel über eine Schuld des Ehemannes gegenüber der Ehefrau vor, z.B. ein Darlehensvertrag, ein Treuhandvertrag, ein Gerichtsurteil, eine Schuldanerkennung. Sie hat ihm einfach die Summe auf sein Konto überwiesen. Vielleicht hat das Ehepaar davon und vom übrigen Vermögen/Einnahmen gelebt.

Ohne Rechtstitel dünkt es mich sehr fraglich, ob es betreibungsrechtlich eine Möglichkeit gibt, die Geldsumme einzufordern. Bei diesem Unterfangen wäre von Vorteil, wenn das Geld auf einem Schweizer Konto liegen würde, womit eine Arrestlegung (Art. 271 SchKG) als mögliche Vorgehensweise in Frage käme. Wie mir aber scheint, müsste der Rechtstitel noch etabliert werden, um überhaupt an ein wirksames betreibungsrechtliches Vorgehen zu denken. Ich rate Ihnen aber, sich bei meinen Kolleginnen und Kollegen des Forums Schuldenberatung in Bezug auf die wirksame Geltendmachung einer Forderung im internationalen Verkehr beraten zu lassen, allenfalls auch zur Arrestlegung.

Um einen Rechtstitel zu erwirken, könnte ich mir am ehesten ein eherechtliches Vorgehen vorstellen.

Sind die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten aufzuschlüsseln, erfolgt nach Schweizer Recht eine güterrechtliche Auseinandersetzung. Die güterrechtliche Auseinandersetzung (je nach Güterstand  folgt diese unterschiedlichen Regeln) findet typischerweise im Rahmen eines Scheidungsverfahrens statt. Falls Ihre Klientin die Scheidungsvoraussetzungen nach Art. 111 ff. ZGB nicht erfüllen würde, könnte sie im Rahmen eines Eheschutzverfahrens die Gütertrennung (Art. 176 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB) beantragen. Diese bedingt vorgängig auch eine güterrechtliche Auseinandersetzung (siehe dazu die Webseite Zivil- und Strafrechtspflege des Kantons Zürich). Falls das Geld in der Schweiz auf einem Konto liegt, könnten für die Dauer des Verfahrens auch Sicherungsmassnahmen (Art. 178 ZGB) beantragt werden (desgleichen im Scheidungsverfahren), allenfalls auch Geldleistungen (Unterhalt o.ä.) für die Dauer des Verfahrens. Wegen der internationalen Verhältnisse müsste im vorliegenden Fall aber die Zuständigkeit und das anwendbare Recht bestimmt werden. Auch müsste geklärt werden, inwieweit Sicherungsmassnahmen bei Vermögen im Ausland – falls dem so wäre - möglich wären. Zu guter Letzt müsste dann geprüft werden, wie ein allfälliger Rechtstitel international durchgesetzt werden kann. Aufgrund dieser Ausgangslage scheint dies doch ein recht komplexer Fall zu sein und eine anwaltliche Vertretung sinnvoll, finanziert im Rahmen unentgeltlicher Rechtspflege oder über situationsbedingte Leistungen seitens Sozialhilfe (zu Ansätzen der unentgeltlichen Rechtspflege). Vorgängig könnte sich die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Kantonsgericht Glarus oder der kantonalen Schlichtungsbehörde lohnen: Häufig erteilen Gericht auch Rechtsauskünfte und helfen bei Bedarf sogar bei Eingaben. Der Vollständigkeit halber möchte ich darauf hinweisen, dass auch die Sozialhilfe vor Gericht klagen könnte, da sie im Umfang der Bevorschussung in den Anspruch subrogiert (Art. 131a ZGB und 176a ZGB). Fraglich ist, ob es sich bei dieser Frage um einen Unterhaltsanspruch handelt (nur in diesen subrogiert die Sozialhilfe), wenn im Kern das Güterrecht eigentliches Thema ist. Da neben der güterrechtlichen Frage auch der Unterhalt geklärt werden müsste, könnte auch das Güterrecht davon erfasst sein. Aufgrund der Komplexität des Falls scheint mir aber wichtig, dass in erster Linie die Klientin selber vor Gericht geht und ihre Ansprüche geltend macht, die Sozialhilfe ihre potentiellen Ansprüche sichert. 

Für ein strafrechtliches Vorgehen müsste ein strafrechtlich relevantes Delikt vorliegen. Als relevanten Straftatbestand sehe ich, wenn überhaupt, eine Veruntreuung (Art. 138 StGB). In dieser Frage könnte sich eine Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft lohnen. Dabei könnte auch geklärt werden, inwieweit ein strafrechtliches Vorgehen in diesem internationalen Kontext nutzbringend sein könnte.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen möglich Wege aufgezeigt zu haben. Da es sich im Kern nicht um eine sozialhilferechtliche Frage handelt, ist es mir leider nicht möglich, weiter in die Tiefe zu gehen.

Ich wünsche Ihnen eine schöne Festtagszeit.

Freundliche Grüsse

Ruth Schnyder