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Vermeidung von Einstellungstagen nach Kündigung

Veröffentlicht:
10.01.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Arbeitsrecht

Grüezi Herr Pärli
Meinem Klient wurde per Ende Oktober das Arbeitsverhältnis von seinem damaligen Arbeitgeber gekündigt. Als Grund wurde die unterschiedliche Auffassung der Organisation und Teamführung in seinem Aufgabengebiet geltend gemacht. Er hat sich beim RAV und der Arbeitslosenkasse angemeldet und ist allen seinen Verpflichtungen während und nach der Kündigungsfrist nachgekommen. Nun verzögert sich der gesamte Prozess seit mehreren Wochen und ihm wurde daher noch keine Taggelder ausbezahlt. Die Informationen seitens Arbeitslosenkasse fliessen leider nur sehr zögerlich. Nach mehrfachen Anfragen wurde ihm mitgeteilt, dass der ehemalige Arbeitgeber zur Stellungnahme, bezüglich der näheren Hintergründe welche zur Kündigung führten, aufgefordert wurde. Dieser hat sich dafür ausserordentlich viel Zeit gelassen und nun nach erneuter Anfrage seitens ALK und neuer Frist zur Beantwortung zu einer endgültiger Stellungnahme bewogen. Die aktuelle Entwicklung zeichnet sich nun so aus, dass mein Klient zu einer Stellungnahme seinerseits aufgefordert wurde, da abzuklären gilt ob allenfalls eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit vorliegt. Zu dem Grund der unterschiedlichen Auffassung ist nun auch ein weiterer Grund, so sollen anscheinend Massnahmen nicht oder mangelhaft ausgeführt worden sein, aufgeführt. Meinem Klient ist in diese Richtung nichts bewusst, wie auch war dieser Grund während der Anstellung sowie beim Kündigungsgespräch kein Thema. Er ist nun arg verunsichert und weiss nicht wie er diesen Anschuldigungen entgegnen soll und keine Einstelltage befürchten muss. Im Allgemeinen ist er von dieser Kündigung sehr überrascht und auf dem falschen Fuss erfasst worden, da er während dem laufenden Arbeitsverhältnis nie ermahnt, geschweige denn vermahnt wurde. Zwischenzeitlich hat er per Februar 2017 eine neue Anstellung gefunden auf deren Beginn er sich auch sehr freut. Wie soll mein Klient nun vorgehen, damit sich der Prozess beschleunigt, er Einstellungstage der ALV vermeiden kann und vor allem eine gerichtliche Anfechtung der Kündigung vermieden werden kann? Der Klient möchte hohe Gerichts- und Anwaltskosten vermeiden, resp. kann er sich solche finanziell nicht leisten, falls die ALK die Kündigung zwar rechtsgültig, aber anfechtbar beurteilt.
Herzlichen Dank für Ihre Antwort!
Freundliche Grüsse, Barbara Dennler

Frage beantwortet am

Kurt Pärli

Expert*in Arbeitsrecht

Sehr geehrte Frau Demmler
Entschuldigen Sie vorerst die lange Bearbeitungszeit, wie so viele andere in dieser Zeit war auch in krank.
Gerne beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Ihrem Klienten wurde gekündigt und er machte daraufhin Anspruch auf Arbeitslosenunterstützungsleistungen geltend. Die Arbeitslosenversicherungsbehörden prüfen die Voraussetzungen des Bezuges und dabei u.a., ob die Arbeitslosigkeit selbst verschuldet wurde, was zur Einstellung in der Bezugsberechtigung führen kann, siehe dazu
Art. 30 AVIG
1 Der Versicherte ist in der Anspruchsberechtigung einzustellen, wenn er:
a. durch eigenes Verschulden arbeitslos ist;
b. zu Lasten der Versicherung auf Lohn- oder Entschädigungsansprüche gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber verzichtet hat;
Die Behörden prüfen also, ob ein Versicherter die Kündigung durch vorwerfbares Verhaltens verursacht hat (Fälle von litera a) bzw. sie prüfen auch, ob die Kündigung allenfalls nichtig ist (weil sie während der Sperrfrist ausgesprochen wurde) und sich der Arbeitnehmer nicht gegen die Kündigung gewehrt hat. Ich gehe nicht davon aus, dass die Arbeitslosenversicherung im von Ihnen geschilderten Fall annimmt, die Kündigung wäre nichtig. Zu erinnern ist, dass in der Schweiz das Prinzip der Kündigungsfreiheit gilt, selbst eine Kündigung aus missbräuchlichen Motiven ist eine gültige Kündigung (die höchstens zum Anspruch auf eine Entschädigungszahlung führt).
In Ihrem Fall geht es um Art. 30 Abs. 1 lit. a AVIG, dieser Artikel wird in der Verordnung konkretisiert:
AVIV, Art. 44Selbstverschuldete Arbeitslosigkeit2
1 Die Arbeitslosigkeit gilt insbesondere dann als selbstverschuldet, wenn der Versicherte:
a.
durch sein Verhalten, insbesondere wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten, dem Arbeitgeber Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben hat;
b.
das Arbeitsverhältnis von sich aus aufgelöst hat, ohne dass ihm eine andere Stelle zugesichert war, es sei denn, dass ihm das Verbleiben an der Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte;
c.
ein Arbeitsverhältnis von voraussichtlich längerer Dauer von sich aus aufgelöst hat und ein anderes eingegangen ist, von dem er wusste oder hätte wissen müssen, dass es nur kurzfristig sein wird, es sei denn, dass ihm das Verbleiben an der vorherigen Arbeitsstelle nicht zugemutet werden konnte;
d.
eine unbefristete zumutbare Stelle nicht angenommen hat und stattdessen ein Arbeitsverhältnis eingegangen ist, von dem er wusste oder hätte wissen müssen, dass es nur kurzfristig sein wird.
Nach der bundesgerichtlichen REchtsprechung liegt eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit im Sinne von Art. 44 Abs. 1 lit. a AVIV aber nur dann vor, wenn einem Versicherten eventualvorsätzliches Handeln vorgeworfen werden könnte. Das wäre dann der Fall, wenn die Arbeitgeberin ihre Unzufriedenheit klar geäussert und verbindliche Ziele vereinbart hätte, die vom Versicherten dann nicht beachtet worden wären.
Aus dem Urteil 8C_326/2014 vom 14.08.2014,. E. 3.3.3 . … Wie die Vorinstanz aber zu Recht ausführte, war die gesamte Mitarbeiterbeurteilung nicht derart ungenügend, indem u.a. die fachliche und soziale Kompetenz als positiv beurteilt wurden (Protokoll vom 17. Juli 2012), dass der Versicherte wissen konnte und musste, dass die unterbliebene, verlangte Leistungssteigerung und die bemängelte Zuverlässigkeit eine Kündigung zur Folge haben könnten und diese in Kauf nahm. Er selbst schätzte zudem die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten und dem Team als sehr gut ein, indem er am 17. Juli 2012 zur Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten zu Protokoll gab, es sei alles in bester Ordnung, dieser sage klar seine Meinung. Aus den dargelegten Umständen trat vorliegend die Unzufriedenheit der Arbeitgeberin mit der Leistung des Versicherten nicht derart klar zu Tage, dass auf eventualvorsätzliches Verhalten zu schliessen ist, zumal die Arbeitgeberin nirgends festhielt, dass sie bei fehlender Zielerreichung eine Kündigung in Erwägung ziehe. Damit ist die Einstellung in der Anspruchsberechtigung wegen selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit ungerechtfertigt. (.,..)
Eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit wird aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes kaum vorliegen. Sollten die Arbeitslosenversicherung dennoch so entscheiden, müsste ihr Klient gegen den Entscheid Einsprache einlegen. Das Einspracheverfahren ist kostenlos.
Genügen Ihnen diese Auskünfte? Bei Bedarf stehe ich Ihnen gerne mit weiteren Informationen zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
Kurt Pärli

Lieber Herr Pärli
Herzlichen Dank einmal mehr für die professionelle Antwort. Sie reicht mir zufriedenstellend.
E gueti Ziit bis zum nächsten Mal:-), Freundliche Grüsse Barbara Dennler