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Verlustscheine aus anderer Gemeinde

Veröffentlicht:
07.09.2021
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Schuldenberatung

Guten Tag Frau Platania

Ich begleite einen Klienten seit neun Monaten im Rahmen der Betrieblichen Sozialberatung im Zusammenhang mit seinen Schulden. Nach einer längeren Abklärungsphase zur Sichtung der Schulden und zur Beobachtung, wie sich der Klient an die Vereinbarungen (Einrichten von Daueraufträgen, regelmässig Quittungen vorlegen, regelmässsige Gespräche) hält, haben wir ein Sanierungsbudget erstellt und mit Hilfe eines Darlehens des Arbeitgebers die offenen Schulden beglichten (offene Rechnungen inkl. Schulden welche bereits in Betreibung waren und so eine Lohnpfändung nach sich zogen). Die Lohnpfändung konnte dann aufgehoben werden und der Klient kann seit gut einem halben Jahr mit dem Sanierungsbudget die laufenden Rechnungen gut bezahlen und das Darlehen in monatlichen Raten an den Arbeitgeber zurückzubezahlen. Die Abzahlung läuft noch bis Ende 2022. Was zu wenig beachtet wurde bzw. der Klientin nicht gesagt hat, dass er von 2017-2018 ein Jahr in einer anderen Gemeinde gewohnt hatte und dort alte Verlustscheine offen sind in der Höhe von rund CHF 25'000. Diese hat das Betreibungsamt nun wieder atkiviert und will die Betreibung einleiten.- Wahrscheinlich durch die Kenntnis, dass dort nun keine Betreibungen mehr offen sind!

Hat der Klient nun über den Rechtsvorschlag "Begründung: kein neues Vermögen" Chancen, dass dies aktzeptiert wird? Ansonsten wird wieder eine Lohnpfändung die Konsequenz sein und dann kann er weder die laufenden Steuern bezahlen noch das Darlehen an den AG zurückbezahlen. Wie schätzen Sie dies ein? Haben wir eine andere Möglichkeit? Besten Dank für Ihre Hilfe.

Frage beantwortet am

Doris Platania

Expert*in Schuldenberatung

Sehr geehrte Frau Nikles,

Danke für Ihre Frage.

Es ist sehr wichtig alle Schulden, auch aus anderen Wohnkantonen, in eine Schuldensanierung einzubeziehen, damit eine Gesamtlösung angestrebt werden kann. Alte Verlustscheine sind 20 Jahre gültig und können jederzeit vom Gläubiger, oder dessen Vertreter (z.B. Inkassobüro), wieder neu betrieben werden.

Es ist also nicht das Betreibungsamt, welches neu betreibt, sondern der Gläubiger (oder der Gläubigervertreter), der den Weg über das Betreibungsamt geht.

Den Rechtsvorschlag mit der Begründung "kein neues Vermögen" kann Ihr Klient nur erheben, wenn die Verlustscheine aus der anderen Gemeinde aus einem Privatkonkurs entstanden sind. Sind es normale Verlustscheine aus einer alten Lohnpfändung, funktioniert diese Einrede nicht und es würde zu einer normalen Lohn-Pfändung kommen.

Ein Lösungsvorschlag könnte sein, dass Sie auch den "neuen" Gläubigern den gleichen Sanierungsvorschlag machen, wie zuvor den anderen Gläubigern unter dem Grundatz der Gleichbehandlung. Dann müssten Sie auf den "guten Willen" der Gläubiger hoffen, diesem Vorschlag zuzustimmen. Eventuell mit der Bitte, dass die Sanierung sonst gescheitert wäre  und es eventuell zu einem Privatkonkurs kommen könnte.

Um Zeit zu gewinnen, kann Ihr Klient einen Antrag ans Zivilgericht stellen für eine gerichtliche Stundung nach Art. 333 SchKG, für eine einvernehmliche private Schuldenbereinigung und Sie als Sachwalter beantragen. Bei dem Antrag könnten Sie die Situation schildern und einen möglichen Lösungsweg vorschlagen.

Oder Sie wenden sich alternativ an die Schuldenberatungsstelle, des Kantons in dem Ihr Klient wohnhaft ist und überlegen, je nachdem in einer Zusammenarbeit, wie in diesem Fall vorgegangen werden kann.

Es sind viele Fragen offen, beispielsweise über die Gesamtschuldenhöhe, das Budget ihres Klienten und die Zusammensetzung der neuen "alten" Schulden. Das spielt alles eine Rolle für das weitere Vorgehen und welches Verfahren Sinn machen kann.

Bei Plusminus im Kanton BS findet das über eine so genannte Fachberatung statt. Aber das macht vermutlich jede kantonale Schuldenberatungsstelle etwas anders.

Falls Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne melden.

Freundliche Grüsse

Doris Platania