Zum Inhalt oder zum Footer

UVG und BVG beim Eintritt ins AHV-Alter

Veröffentlicht:
23.10.2017
Status:
Beantwortet
Rechtsgebiet:
Sozialversicherungsrecht

Guten Tag, ich habe ein paar Fragen:
UVG: Kann die Komplementärrente noch weiter gekürzt werden, wenn eine UVG versicherte Person ins AHV Alter kommt, bisher keine BVG-Rente bezogen hat, und dann durch diese über die 90% Limite (Überentschädigung) der obligatorischen Leistungen kommt? oder erhält die Person die BVG Altersrente ungeachtet der anderen Versicherungsleistungen?
Wie ist das genau beim Zusammentreffen dieser obligatorischen Versicherungen bei der Pensionierung?
Wie ist es betr. BVG-Überobligatorium, wird das getrennt betrachtet oder nicht?
AHV Vorbezug oder andere lebenslange Kürzungen und Plafonierung (Ehepaar), wird diese dann auch gekürzt? Meiner Meinung nach ja, weil die Kürzungen ja lebenslänglich sind oder irre ich mich?
Vielen Dank für die Rückmeldung.
Freundliche Grüsse

Frage beantwortet am

Peter Mösch Payot

Expert*in Sozialversicherungsrecht

Sehr geehrte Frau Ruf
Ihre Frage betrifft die Koordination von UVG-Komplementärrenten mit BVG-Renten.
Grundsätzlich gilt für die Frage der Koordination das ATSG, so für die Koordination von AHV-Renten und UVG-Renten. Auch das UVG kennt einige Sonderregeln. Namentlich wird die UVG-Invalidenrente grundsätzlich lebenslänglich ausbezahlt.
Mit dem neuen UVG wurde per 1.1.2016 eine Regelung aufgenommen, welche vorsieht, dass UVG-IV-Renten mit Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters gekürzt werden (Art. 20 Abs. 2ter UVG). Dabei ist die Kürzung um so höher je näher der Unfallzeitpunkt dem ordentlichen Rentenalter ist. Für jene. Kürzung spielt hingegen die Höhe der AHV- oder der BVG-Rente keine Rolle
Art. 20 Höhe
1 Die Invalidenrente beträgt bei Vollinvalidität 80 Prozent des versicherten Verdienstes; bei
Teilinvalidität wird sie entsprechend gekürzt.
2 Hat der Versicherte Anspruch auf eine Rente der IV oder auf eine Rente der Alters- und
Hinterlassenenversicherung (AHV), so wird ihm eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht in
Abweichung von Artikel 69 ATSG der Differenz zwischen 90 Prozent des versicherten Verdienstes und
der Rente der IV oder der AHV, höchstens aber dem für Voll- oder Teilinvalidität vorgesehenen
Betrag.Die Komplementärrente wird beim erstmaligen Zusammentreffen der erwähnten Renten
festgesetzt und lediglich späteren Änderungen der für Familienangehörige bestimmten Teile der
Rente der IV oder der AHV angepasst.
2bis Absatz 2 ist auch anwendbar, wenn der Versicherte Anspruch auf eine gleichartige Rente einer
ausländischen Sozialversicherung hat.
2ter Die Invalidenrente nach Absatz 1 und die Komplementärrente nach Absatz 2 einschliesslich der
Teuerungszulagen werden in Abweichung von Artikel 69 ATSG beim Erreichen des ordentlichen
Rentenalters für jedes volle Jahr, das der Versicherte zum Unfallzeitpunkt älter als 45 Jahre
war, wie folgt gekürzt:
a. bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 40 Prozent: um 2 Prozentpunkte, höchstens aber um 40
Prozent;
b. bei einem Invaliditätsgrad unter 40 Prozent: um 1 Prozentpunkt, höchstens aber um 20 Prozent.
Als Spezifika gilt im Weiteren Art. 22 UVG der vorsieht, dass eine UVG-Rente mit Bezug einer AHV-Rente, spätestens aber mit Erreichen des ordentlichen AHV-Rentenalters im Übrigen nicht mehr revidiert werden kann.
Für die weitergehende Frage der Koordination von AHV-Renten und UVG-Komplementärrenten mit BVG-Renten gilt das BVG. Dieses besagt in Art. 34a, dass eine BVG-Invaliden- oder Altersrente nur soweit gewährt wird, dass diese Renten zusammen mit den Renten der AHV und des UVG kein Überentschädigung ergeben. Im Übrigen gilt Art. 66 Abs. 2 ATSG auch im BVG-Bereich (so Art. 34a Abs. 2 BVG). Das heisst, dass die Renten im Prinzip kumulativ gewährt werden.
Die Überentschädigungsgrenze liegt bei 90% des mutmasslich entgangenen Verdienstes, also des Verdienstes, welche die Person im Gesundheitsfall hätte.
Im Weiteren gilt gemäss Art. 34a Abs. 4 BVG, dass die Kürzungen der UVG-Komplementärrente, wie sie gemäss Art. 20 UVG vorgenommen werden, NICHT durch eine höhere BVG-Rente ausgeglichen wird.
Bei der Pensionierung gilt gemäss Art. 24a Abs. 2 BVV2, dass die Leistungen im gleichen Umfang gewährt werden nach der Pensionierung.
Eine spätere Kürzung/Anpassung ist nur dann vorgesehen, wenn durch einen Unfall nach der Pensionierung (bei dann noch Erwerbstätigen) eine UVG-Rente oder eine der Militärversicherung neu ausgerichtet würde (vgl. Art. 24a Abs. 3 BVV2).
Im Überobligatorium kann die Pensionskasse hiervon abweichende Regelungen für die Koordination vorsehen. Insoweit sind die genannten BVG-Regeln nicht obligatorisch anwendbar (vgl. Art. 49 BVG).
Ich hoffe, das dient Ihnen.
Prof. Peter Mösch Payot