Guten Tag
Mein Klient erhält seit März 2017, mit der Übernahme des Betriebes durch einen neuen Geschäftsführer, unvollständige und unregelmässige Lohnzahlungen. Laut seinem Arbeitsvertrag steht ihm ein Nettolohn inkl. 13. Monatslohn und Kinderzulagen von rund CHF 7‘000.- zu. Von diesem wurden ihm in den Monaten Mai, Juni, September, Oktober und November 2017 lediglich CHF 5‘000.- ausbezahlt. Von dem Monat Juli ist lediglich eine Restzahlung in Bar von CHF 1‘800.- schriftlich belegt. Der Lohn vom Monat März 2017 – insgesamt CHF 6‘000.- – wurde ebenfalls in Bar ausbezahlt, dies bezeugen zwei Quittungen. Die Abrechnungen von den Monaten April und August fehlen gänzlich. Es sind so Lohnausstände von rund CHF 18‘000.- entstanden.
Auf den Lohnabrechnungen sind keine Sozialversicherungszahlungen ausgewiesen. Auf Nachfrage von dem Klienten bei der SVA, wurden angeblich keine Zahlungen durch den Arbeitsgeber getätigt. Der Klient wurde immer wieder beschwichtigt, dass die Zahlungen noch erfolgen werden, was jedoch bis heute nicht geschehen ist.
Der von ihm versendete Mahnbrief mit den Lohnforderungen wurde retourniert und auf einen zweiten Mahnbrief wurde noch nicht reagiert.
Wie sieht das weitere Vorgehen für meinen Klienten aus? Wie verhält es sich mit den nicht bezahlten Sozialversicherungsbeiträgen?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort
Frage beantwortet am
Kurt Pärli
Expert*in Arbeitsrecht
Sehr geehrter Herr Moritz
Entschuldigen Sie vorerst die lange Bearbeitungsdauer.
Die Arbeitgeberin schuldet den Lohn wenn nichts anderes vertraglich abgemacht ist spätestens Ende Monat. Leistet die Arbeitgeberin nicht, so ist er zu mahnen. Wenn die Arbeitgeberin den Lohn noch immer nicht ausrichtet, so kann der Arbeitnehmer (auf erneute Mahnung hin) die Arbeit einstellen, ohne dass der Lohnanspruch aufhört (Art. 324 OR). Zudem ist lange ausbleibende Lohnzahlung ein Anlass, der den Arbeitnehmer auch zu einer fristlosen Kündigung berechtigt.
Die ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge sind zudem ein deutliches Zeichen dafür, dass der Arbeitgeber in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten steckt.
Ich kenne die Situation des Arbeitnehmers nicht. Falls er gute Chancen auf eine andere Stelle hat, ist ihm ein sofortiger Stellenwechsel anzuraten, denn es besteht die Gefahr, dass Ihr Klient weiterhin arbeitet, ohne dafür den Lohn oder den ganzen ihm zustehenden Lohn zu erhalten.
Zusammenfassend: Wenn die Arbeitgeberin nicht umgehend den lohn nacbezahlt oder mindestens Sicherheiten leistet, so würde ich dem Arbeitnehmer empfehlen, dem Arbeitgeber das Einstellung der Arbeit (mit Lohnanspruch, Verweis auf OR 324 und BGE 120 II 209, siehe unten). Wenn weiterhin kein Lohn kommt, so kann auch fristlos gekündigt warden. Dieses Vorgehen ist, wenn keine neue Stelle auf sicher ist, mit den Arbeitslosenversicherungsbehörden abzustimmen, damit nicht seitens der Arbeitslosenversicherung eine selbstverschuldete Arbeitslosigkeit vorgeworfen wird.
Genügen Ihhnen diese Auskünfte?
Mit Dank für die Kenntnisnahme und freundlichen Grüssen
Kurt Pärli
BGE 120 III 2093
, Art. 82 OR. Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitnehmers bei Lohnrückstand.
Solange der Arbeitgeber sich mit verfallenen Lohnzahlungen im Rückstand befindet, ist der Arbeitnehmer in analoger Anwendung von Art. 82 OR befugt, die Leistung von Arbeit zu verweigern (E. 6).
Bei berechtigter Arbeitsverweigerung bleibt dem Arbeitnehmer der laufende Lohnanspruch gewahrt, ohne dass er zur Nachleistung verpflichtet wäre (analog Art. 324 Abs. 1 OR; E. 9).
Sehr geehrter Herr Pärli
Sie haben mir mit Ihrer Antwort sehr weiter geholfen. Einige meiner Annahmen und Empfehlungen haben sich bestätigt. Für mich neu ist der Sachverhalt mit der berechtigten Arbeitsverweigerung. Diese Information werde ich gerne an meinen Klienten weitergeben.
Freundliche Grüsse
Robin Reinhard