Guten Tag
Meine Klientin hat Anspruch auf eine ganze IV-Rente und EL. In der EL-Berechnung wird ihr eine unverteilte Erbschaft als Vermögen sowie die Erträge aus der unverteilten Erbschaft als Einkommen angerechnet. Bei der Erbschaft handelt es sich um eine Liegenschaft. Die Erbengemeinschaft will diese seit einigen Jahren veräussern - bisher jedoch ohne Erfolg. Faktisch hat meine Klientin also keine Möglichkeit, dieses Vermögen oder die Erträge daraus zu beziehen. Sie muss seit einiger Zeit ihr "flüssiges " Vermögen für den Lebensunterhalt brauchen - dieses ist nächstens aufgebraucht. Ist es richtig, dass die EL diese dennoch bei der Bemessung des Anspruchs berücksichtigt? Welche Möglichkeiten hat sie für ihre finanzielle Existenzsicherung?
Besten Dank!
Frage beantwortet am
Peter Mösch Payot
Expert*in Sozialversicherungsrecht
Sehr geehrte Frau Kayser
Der Anteil an einer unverteilten Erbschaft ist bei der Berechnung der Ergänzungsleistung als Vermögen zu berücksichtigen, und zwar ab dem Zeitpunkt des Erwerbs der Erbschaft mit dem Tode des Erblassers.
Unter dem Anteil an einer unverteilten Erbschaft versteht man den Anspruch des jeweiligen Erben am Liquidationsergebnis bei Auflösung der Erbengemeinschaft.
Eine Anrechnung kann indessen erst erfolgen, wenn über den Anteil hinreichende Klarheit herrscht (Urteil des Bundesgerichts P 54/02 vom 17. September 2003 E. 3.3), oder wenn sich dieser Anteil zwar nicht genau beziffern lässt, unter Berücksichtigung aller Eventualitäten tatsächlicher und rechtlicher Natur ein Ergänzungsleistungsanspruch jedoch sicher ausgeschlossen werden kann (Urteil des Bundesgerichts 9C_999/2009 vom 7. Juni 2010 E. 1.1).
Die Nichtberücksichtigung einer unverteilten Erbschaft bei der Berechnung der Ergänzungsleistung hätte grundsätzlich die Pflicht zur Rückerstattung der unrechtmässig bezogenen Leistungen zur Folge (Urteil des Bundesgerichts P 50/97 vom 3. März 1999 E. 3b).
Dem entsprechen auch die entsprechenden Ausführungen in den WEL; vgl. Rz. 3443.04 WEL (Stand 1.1.2018 ).
Dem Erben bleibt nur, mit Blick auf die EL zivilrechtlich möglichst schnell die Auflösung der Erbengemeinschaft zu betreiben. Ansonsten bleibt in solchen Fällen nur die Sozialhilfe.
Ich hoffe, das dient Ihnen. Peter Mösch