Eine Person mit Status N ist im Jahr 2016 in unsere Gemeinde zugewiesen worden. Die Person tauchte unter. Am 12. Juli 2022 stellte das Amt für Migration den Ausweis für vorläufige Aufnahme Flüchtling Status F ab 8. Juli 2022 aus.
Die Person reichte das Unterstützungsgesuch am 21. September 2022 bei unserer Gemeinde ein, meldete sich beim Einwohneramt an und bezog in der Asylunterkunft ein Zimmer. Aufgrund der Flüchtlingskrise wurde er in einem Zweibettzimmer untergebracht.
Die Person ist gemäss Angaben seiner Partnerin seit vier Jahren in einer Beziehung. Die Partnerin befindet sich 1 Std. 40 Min mit ÖV entfernt. Die Person behauptet, dass sich der Wohnsitz in unserer Gemeinde befindet. Aufgrund der Aussage des Zimmergenossnen ist festzustellen, dass seit der Anmeldung am 21. September 2022 der Klient zwei Mal in der Gemeinde geschlaffen hat.
Im Merkblatt der SKOS "Unterstützung von Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs" wird unter 4.2 festgehalten, dass die Unterstützungszuständigkeit für vorläufig aufgenommene Flüchtlinge ist weitgehend gleich geregelt wie für Flüchtlinge mit Asylgewährung (vgl. Ziff. 4.1). Es bestehen jedoch zwei Unterschiede: Bei der vorläufigen Aufnahme kann ein Unterstützungswohnsitz nicht wechseln, bevor ein Kantonswechsel nicht bewilligt wurde. Die Bestimmungen des ZUG
zum Wohnsitzwechsel gelangen für diese Personen daher nicht zur Anwendung – und zwar unabhängig davon, ob sie sich mehr oder weniger als sieben Jahre in der Schweiz befinden.
Im selben Merkblatt wird unter 5 "aufgenommene Ausländer" festgehalten, ist eine Person mit vorläufiger Aufnahme ausserhalb des Zuweisungskantons dringend auf Hilfe angewiesen, hat der Aufenthaltskanton diese zu leisten. Wenn eine Rückführung an den Zuweisungskanton zumutbar ist, beschränkt sich die Hilfe in der Regel auf die Kosten für die Rückreise und Verpflegung.
Es muss festgestellt werden, dass der Unterstützungswohnsitz nach Art. 4 ZUG sich nicht in unserer Gemeinde befindet. Aufgrund welches Gesetzes tritt hier Art. 4 des ZUG nicht ein. Kann die wirtschaftliche Sozialhilfe eingestellt werden, bis die Person sich wieder hier aufhält? bzw. kann die Auszahlung der wirtschaftlichen Sozialhilfe bei Anwesenheit entsprechend wöchentlich in bar vorgenommen werden? oder schlagen Sie einen anderen Weg vor?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Frage. Darf ich in einem ersten Schritt eine bzw. zwei Rückfragen stellen?
1. Verstehe ich es richtig, dass die Person dem Kanton zugewiesen ist, in dem Ihre Gemeinde liegt bzw. das Migrationsamt einen Ausweis F für Ihren Kanton ausgestellt hat?
2. Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Gemeinde, in der die Freundin wohnt, nicht im selben Kanton liegt, in dem Ihre Gemeinde sich befindet?
Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach
Grüezi Frau Loosli
1. Ja, die Person hat den Ausweis F Flüchtling und wurde unserer Gemeinde zugewiesen.
2. Ja, das ist korrekt.
Freundliche Grüsse
Frage beantwortet am
Anja Loosli
Expert*in Sozialhilferecht
Guten Tag
Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung.
Wie Sie richtig schreiben, kann bei vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen der Unterstützungswohnsitz nicht wechseln, bevor nicht ein Kantonswechsel bewilligt wurde. Die Bestimmungen des ZUG gelangen für diese Personengruppe nicht zur Anwendung.
Die Person hat im vorliegenden Fall den Status eines vorläufig aufgenommenen Flüchtlings und ist vom Migrationsamt Ihrem Kanton bzw. Ihrer Gemeinde zugewiesen. Damit hat sie ihren Unterstützungswohnsitz in ihrer Gemeinde unbesehen davon, ob sie ihren Lebensmittelpunkt tatsächlich in ihrer Gemeinde hat oder nicht. Der Unterstützungswohnsitz kann erst wechseln, wenn die Person einen Antrag auf Kantonswechsel stellt (die Freundin wohnt in einem anderen Kanton) und dieser Antrag gutgeheissen wurde.
Ziff. 5 des SKOS-Merblatts "Unterstützung von Personen des Asyl- und Flüchtlingsbereichs" ist dahingehend zu verstehen, dass wenn der Klient am Wohnort der Freundin in eine Notlage geraten würde, der Kanton, in der die Wohnortgemeinde der Freundin liegt, die Notfallkosten - soweit erforderlich - übernimmt, nicht aber die regulären Unterstützungskosten.
Ich muss Ihre Frage, ob die Unterstützung eingestellt werden kann, deshalb mit nein beantworten. Solange der Kantonswechsel nicht beantragt und bewilligt ist, befindet sich der Unterstüzungswohnsitz in Ihrer Gemeinde und Sie müssen Unterstützungsleistungen bezahlen. In der wöchtentlichen Auszahlung der Unterstützungsleistungen sehe ich bei dieser Rechtslage keine Vorteile.
Ich schlage vor, dass Sie den Klienten mit dem Sachverhalt, dass er sich offenbar nicht in der Asylunterkunft aufhält, konfrontieren und ihn auffordern, beim SEM einen Kantonswechsel zu beantragen. Tut er dies nicht, stellt sich die Frage, ob dies eine Sanktion zur Folge haben kann. Ausschlaggebend dafür ist meines Erachtens, ob vorläufig aufgenommene Flüchtlinge sozialhilferechtlich die Pflicht haben, einen Kantonswechsel zu beantragen, wenn sie faktisch umgezogen sind. Diese Frage ist umstritten.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterhelfen zu können.
Freundliche Grüsse
Anja Loosli Brendebach